Jeweils ein Maler, Tischler, Böttcher, Töpfer, Schmied, Pferdeschlachter, Fischer und Höker* wohnten in meiner alten Straße in der kleinen Hafenstadt an der Ostsee. Meine Mutter sagte immer zu uns Kindern, ihr müsst euch einen Beruf suchen, bei dem ihr euch nicht die Hände schmutzig macht. Ihr Vater hatte eine Malerwerkstatt, war Malermeister und sie musste es ja wissen. Unsere Straße sah aus wie in einem historischen Film, mit Kopfsteinpflaster und Gängen zwischen den alten Häusern. In die schmalen Gänge flossen die Abwässer hinein, geradezu mittelalterlich anmutend. Wenn ein Kinderwagen über das Klöppelsteinpflaster geschoben wurde, gab es ein wohlklingendes, fettes Geräusch, das ich immer so gern hörte. Wenn ein Pferdewagen die Straße entlang fuhr, gab es Pferdeäpfel, die man billigend in Kauf nahm und tolerierte. Eine altertümliche Straße, in der jetzt vorwiegend Kurgäste einquartiert werden. Jetzt ist Tourismus das neue Handwerk. Von Fischerdorf zu Tourismusanlage. Das nennt man Strukturwandel.
*Höker: Krämerladen
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