Ich hatte eine ganz besondere Beziehung zu meinem Opa. Sehr viel geredet habe ich nicht mit ihm, aber es war etwas anderes, was uns verband. Er hat mich auch nicht angegrabscht, so wie andere Verwandte. Er sagte nur manchmal: “Töv ma too, ick kum mit de Pantüffel”. Aber er tat es nie. Stattdessen kaufte er uns Kindern Geschenke und Schleckerkuchen, wenn er im Lotto gewonnen hatte. Er schenkte mir auch eine Armbanduhr von DUGENA, die ein trotteliger Freund von mir leider irgendwo verlor, nachdem ich sie ihm ausgeliehen hatte. Denn er war zu blöd, eine Uhr zu haben und er verlor auch meinen Belichtungsmesser für meine Camera. Vollpfosten. Mein Opa wiederum schenkte mir auch noch ein schwarzes Lamm von Steiff. Es war mein heißgeliebtes Lieblingstier. Opa hatte im ersten Weltkrieg in der Schlacht bei Ypern mitgekämpft, kaute Kautabak und züchtete Tauben. In seinem Zimmer standen antike Möbel aus Mahaghoni und ich musste ihn immer zum Essen nach oben holen. Fast jedesmal hatte ich Angst, dass er tot in seinem Zimmer liegen könnte. Nachdem er mit 86 Jahren gestorben war, schrie mein kleiner Bruder einen ganzen Tag lang wie am Spieß. Meine Mutter zog meinem Opa für den Aufenthalt im Sarg nur eine lange Unterhose an. Das fand ich irgendwie geschmack- und pietätlos. Und ich durfte - wegen der Trauerpietät - keine roten Strümpfe tragen.
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