verreimte gedanken zu TOD & LEBEN / denn das kann's ohne ihn ja niemals geben... (4)
Gedicht zum Thema Leben/Tod
von harzgebirgler
Lebens-Moritat (nach brechtschem Muster)
Und das Leben kostet
Leben
und der Tod hält still die Bank
und die Menschen haben
Träume
oft ihr ganzes Leben
lang.
Ach, es sind des Lebens
Flügel
lahm, wenn sie kein Traum
beschwingt.
Der Gevatter schwingt ’ne
Sense
die den Traum zu Fall gern bringt.
An ’nem rabenschwarzen
Freitag
hängt am Kreuz ein guter
Mann
und es sticht den Leib die
Lanze
eines Häschers selbst noch
dann.
Und er hauchet aus
sein Leben
und sein Leiden ist vorbei
und im Tempel reißt der
Vorhang
mittendurch in Hälften
zwei.
Manche/r weint und barmt von Herzen
hält auch wohl beim Toten Wacht
und Pilatus wäscht die
Hände
scheu in Unschuld mit Bedacht.
Und am Richtplatz herzloses Gaffen
Pöbel Judas und Verrat -
dunkel hüllt sich ein der Mittag,
den
Zorn Gottes beschwört
die Tat.
Und der bald grabgelegte Künder
war ein König ohne Staat
er stand auf und fuhr
zum Himmel -
lebt und mehret seine
Saat!
Er stand auf und fuhr
zum Himmel -
lebt und segnet seine
Saat!
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es kostet viel ein heidengeld
in unserer versorgungswelt
und selbst an wem als bleicher leich
wird dann noch der bestatter reich
das grab ist auch kaum kostenlos -
doch tote kümmerts nicht mehr groß
wobei man aber leicht vergißt
wie hoch der preis fürs leben ist
ps
ja, es fordert seinen preis
unser wirtschaftsparadeis
profitabel effizient
mensch der keine ruhe kennt
sonst was säuft und pillen frißt
bis er sich einmal vergißt
denn er hält es nicht mehr aus --
leichenschau- trifft irren-haus...
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einst waren sie da die oft lange schon toten
sie lebten und litten und liebten wie wir
erkannten wohl fährnisse die ihnen drohten
erfreuten sich auch der natur grüner zier
sie schreiten nun still durch astralene räume
ob sie uns gewahren wer weiß das denn schon
sie wandeln bisweilen durch unsere träume
als eltern geschwister als tochter und sohn...
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PIETA Maria mit dem Leichnam Christi
”Mein eigen Fleisch, mein eigen Blut,
das hier in meinem Schosse ruht
und ich unendlich Müde, Alte,
nun leblos in den Armen halte.
So gütig war's, so hold, so schön,
musst' vor der Zeit hinübergeh'n,
lässt mich, die Mutter, hier zurück
mit wundem Herzen, wehem Blick.
Ach wäre ich an seiner Stelle -
was mir noch bleibt ist Trauer nur”...
...doch schon umfängt des Himmels Helle
den Gottessohn mit Menschnatur...
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wo mögen uns’re toten weilen? -
ob sie mit wunden, nunmehr heilen,
die ihnen einst das leben schlug
und woran’s herze schwer oft trug
bei engeln sind und gottes thron?!
wer letztes endes weiss das schon
doch möcht’ es sein und wär’ es schön,
auch wenn wir sie einst wiederseh’n...
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„du bist“ sprach er „die welt für mich
ich kann auch nicht mehr ohne dich!“
„ich konnte“ sprach sie „immer schon
auch ohne dich für liebeslohn!“
das hat ihn so erfüllt mit wut
nahm randvoll wut echt seinen hut
nachdem er ihr das leben nahm
was ihm dann auch nicht gut bekam...
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ZIELSTREBIGKEIT IST NICHT VERKEHRT
MACHT LEBEN WOHL SCHON LEICHTER
DOCH AUCH WER ZIELLOS GEHT UND FÄHRT
DEN TOD AM END ERREICHT ER...
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Man spricht sehr gern vom Lebensgang
und dieser Gang macht wirklich schlank:
Das Leben nimmt bei ihm voll ab
und darauf reimt sich sinnig Grab –
Manch einer läuft mehr als er geht
weil er aufs Gehen nicht so steht
weniger noch aufs Vergehen
doch die Zeit bleibt nimmer stehen...
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„die kälte kann selbst tote konvervieren
schon mancher mensch macht davon längst gebrauch
und läßt sich nach dem ableben einfrieren
vielleicht verfüge ich das einmal auch!“
sprach ed zu ben - dem war das nicht geheuer
denn staub soll ja zu staub wie’s immer heißt
„die kryostase ist zwar nicht so teuer
doch bin ich trotzdem skeptisch, wie du weißt:
es kann dir nämlich niemand garantieren
daß man zu neuem leben dich erweckt
und die organe alle funktionieren
wenn lang dein toter leib in stickstoff steckt
als ob es bloß um hähnchen auftau’n ginge!“
verlautbarte ben seine sicht der dinge...
https://de.wikipedia.org/wiki/Kryonik
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er lernte apotheker und er kam
so leichter noch an drogen die er nahm
im vorfeld schon sowie auch weiterhin
daraus erwuchs ihm mancherlei gewinn
fürs dichterische schaffen offenbar
zumal sein leben nur ein kurzes war
von mißerfolgen keineswegs verschont
drum arbeit suchend immer die sich lohnt...
kurz war er pharmazeut beim militär
veröffentlichte manches hinterher
fand einen gönner der ihn unterstützte
was seiner kreativität sehr nützte
dann kam der krieg und er als sanitäter
ins lazarett – ein grauen nicht erst später
für ihn nein sozusagen aus dem stand
der sich inmitten sterbender befand
und schwerverwundeten kaum hilfe leisten
konnte – daran fehlte es am meisten...
trakls nervenkostüm kollabierte
was wohl unausweichlich dazu führte
daß er an sich selbst anlegt die hände
und seinem kurzen leben setzt ein ende
durch eine überdosis kokain -
so entsetzlich war das grau'n für ihn
dieser schlacht von „grodek“ wo er sah
was dort an sterben, heillosem, geschah
im herbst und es in dichters worte bannte
eh' er sich vom leben selbst abwandte...
https://de.wikipedia.org/wiki/Grodek_(Gedicht)
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mensch lebt so kurz und ist so lange tot
und nirgendwann lockt noch ein morgenrot
von abendrot insgleichen ganz zu schweigen
weil tage sich dann nie mehr für ihn neigen...
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gevatter tod gevatter tod
tut es denn jetzt schon wirklich not
dass du mich mitnimmst in dein reich
werd’ früh genug noch totenbleich
doch wenn die umständ’ halt so sind
sei’s bitt’ schön wenigstens geschwind...
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das paradies wär’ pure langeweile
die sozusagen tödlich mit der zeit
und auch zu zweit nicht ewig eine heile
freudenwelt bar jeder zwistigkeit -
„nichts ist schwerer zu ertragen
als eine reihe von guten tagen“
wie der volksmund treffend sagt
dem schon immer klar wo’s hakt...
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in belgischen kliniken auf intensiv
wird mittlerweile schon definitiv
entschieden von ärzten wer wird therapiert
und wer eben nicht und das heißt wer krepiert
das nennt sich „triage“ und die kommt zum zug
wenn weder betten noch ärzte genug
vorhanden sind angesichts der riesenzahl
von covidpatienten – so ist das nun mal!...
(10/20)
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