in meinen gedichten

Gedicht

von  Redux

in meinen gedichten schreibe ich von den brötchenkrümeln

auf der fußmatte in meinem neun jahre alten wagen,

von den wollmäusen und der staubschicht auf den armaturen,

 

die im sonnenlicht wie eine pelzige haut glänzt und schön ist,

und in meinen gedichten schreibe ich von vergessenen und unbekannten zeiten

und dem duft der lupinen im garten meines elternhauses,

 

als ich acht oder neun jahre alt war und und eine frau mich beherrschte,

die meine großmutter war, in meinen versen schreibe ich

vom alkohol, sonnenuntergängen, zwängen, onanie und küssen,

 

küssen mit und ohne mundgeruch, äpfeln im oktobersonnenlicht,

in meinen gedichten führen die wege und die bilder in sich zurück,

drehen ihre schimmernden kreise und sind gefangen in meiner welt ohne zu knospen,

 

in meinen gedichten schreibe ich von toten freunden und von toten stunden,

von dem kleinen hund, der den jungen dichter begleitete,

von meiner halbglatze und den dingen nachts zwischen drei und vier,

 

in meinen gedichten wechseln nacht und morgen und abendlang die worte

bahnen wie ein dunkler fluss sich den weg zwischen erahntem und erwünschtem

und münden nicht und versiegen in sich selbst,

 

und in meinen gedichten ist jim morrison und seine spanische karawane,

in meinen gedichten finde ich in der ecke meines kosmos

eine geheime treppe, die ich hinabsteige, um immer wieder zu mir zu gelangen oder nirgendshin

 

als zu meinen gedichten, in denen sich schneewolken ballen

und all die jahre voll vom wahnsinn, von langeweile, von zauber,

von der verliebtheit und dem alten vergessenen socken unter meinem bett,

 

zu meinen gedichten, von den rolltreppen, die ins nichts führen

und zurück in diese welt, wenn morgens um fünf der wecker rasselt

und der graupelschauer aufs dachfenster trommelt,

 

und in meinen gedichten erzähle ich von der milchstraße,

von den dingen, die ich niemals erreichen werde,

von der glänzenden gasse hinter meinem viertel,

 

in der du drei millionen jahre lang wartest und wartetest,

gewartet hast und in meinen gedichten nenne ich dich

beim namen und weiß doch nicht mehr von dir als nichts,

 

und ich wüte in worten und ziehe meine blassen träume

wie ungeborene föten auf eine imaginäre wäscheleine und

sende sie im letzten novemberlicht dem herbstabend entgegen,

 

und in meinen gedichten stehe ich alleine mit meinem auto

auf einem menschenleeren riesigen parkplatz an einem samstagmorgen,

bevor ein wintergewitter donnert und höre tubular bells von mike oldfield

 

und in meinen gedichten habe ich angst, ich liebe und ich lebe

den traum von dem einen gedicht

 



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Kommentare zu diesem Text


 Teo (05.07.24, 13:06)
Ja Herbert...dat is ja richtig lyrisch!
Weiter so.
Ein Fan des 1. Halbfinalisten
Teo

 Redux meinte dazu am 07.07.24 um 10:48:
Vielen Dank, du alter Spanier!!
Smile und heul...

 Saira (05.07.24, 16:49)
Moin Herbert,

du schreibst von dir, deinen Gefühlen, du bist authentisch und es ist spürbar, wie wichtig dir das Schreiben ist.

In diesem Gedicht hast du Absätze gemacht, das lobe ich fürs Lesen!

Sehr gerne gelesen!

Liebe Grüße
Sigrun

 Redux antwortete darauf am 07.07.24 um 10:49:
Danke Sigrun.
Es freut mich, wenn es erkennbar ist, dass das Schreiben mir viel bedeutet...

 AchterZwerg (05.07.24, 16:52)
Brutal, wie wir Zwerge nun mal sind:
Träum weiter!

Ich habe davon geträumt so weich so frisch ein Traum (Vernell) Komm und lass dich verzaubern (Disneyland) Willkommen im Leben (Telecom) ...

Aus: Fréderic Beigbeder 39,90
Tja

 Redux schrieb daraufhin am 07.07.24 um 10:50:
Ich träume weiter, liebe Grüße ins Zwergenland...

 Oops (06.07.24, 09:43)

 Redux äußerte darauf am 07.07.24 um 10:50:
Danke, Oops, für die musikalische Antwort...
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