Die Hunde im Garten

Text

von  atala

Ereignisse, die von meinen Verwandten als prophetische Zeichen gedeutet wurden, während meine Grossmutter im Sterben lag:
Ein Glas, das ohne unser Zutun zerbrach
Den Schweif eines Meteors, den ich als einzige gesehen hatte (Aliens)
Das Klingeln an der Haustür, hinter der sich niemand befand

Das erste, das ich bemerkte, als ich das Haus meiner Grosseltern betrat, war, dass es seinen Geruch verloren hat. Wenn ich sonst nach meiner Ankunft am Flughafen direkt zu ihnen ging, nahm ich an der Türschwelle einen tiefen Atemzug und hielt dann so lange die Luft an, bis mir fast schwindelig wurde. Aber es ist mir nie gelungen, den Geruch zu beschreiben oder herausfinden, woraus er besteht. Meine Grosseltern brachten den Geruch auch auf ihren wenigen Reisen in die Schweiz mit. Die Koffer rochen so, ihre Kleidung, das Haar meiner Grossmutter, ihr Nacken, ihre Hand. Er liess sofort dieses Gefühl aufkommen, angekommen zu sein, er war wie einen  Raum, den man betreten kann und in dem erwartet wird. Ich möchte meinen Cousin fragen, was mit dem Geruch passiert ist, aber was soll er schon antworten.
Im unteren Stock sitzen Verwandte um den Tisch mit weisser Tischdecke und essen, eine Tante steht in der Küche und kocht Nachschub. Die Hunde wurden in den Garten gesperrt. Unreinheiten seien jetzt besonders schlecht für meine Grossmutter, sagt die Tante und wischt sich eine Träne vom Zwiebelschneiden weg. Nur die Katze könne niemand daran hindern, ins Haus zu kommen. Wie ein Schatten folge sie meiner Grossmutter, jetzt liege sie eingerollt zu ihren Füssen im Bett.
Oben sitzen die Cousins auf der Terrasse, sie haben sich mit Snacks, Bier, Zitrone und Salz eingedeckt. Meine Cousine erzählt aufgeregt, dass sie vorhin alle Türklinge gehört hätten. Sie habe sich über die Brüstung gebeugt, aber niemand an der Tür gesehen und auch als sie herunterging und sie öffnete, stand niemand da. «Du hättest sie nicht öffnen sollen», schrie eine andere Cousine. «Es war vielleicht ein Wesen, dass sie holen kommt. Ihr Ehemann nimmt einen Schluck Bier und verdreht die Augen.
Vor dem Schlafzimmer meiner Grossmutter sitzen Besucher auf Stühlen und warten betroffen blickend, niemand spricht. Die Zimmertür ist offen, drinnen stehen Tanten und beten laut, ihre Augen sind geschlossen.


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