Schuster Konrad erwartet den lieben Gott (russische Legende)

Text

von  Nanna

Schuster Konrad erwartet den lieben Gott
(russische Legende)

Noch vor der Sonne steht er auf,
macht Feuer, räumt die Werkstatt auf,
kocht Tee und deckt den Tisch für zwei;
ein hoher Gast kommt heut vorbei.
Gott selbst hat sich, noch eh‘s getagt,
bei Schuster Konrad angesagt
in einem Traum so echt und wahr,
wie nie zuvor ein Traum je war.

Derweil ihm fast sein Herz zerspringt,
lauscht Konrad, ob die Schelle klingt.
Tatsächlich pocht es an die Tür.
Der Postmann ist’s, der fast erfriert.
Bei einem Tee ruht er sich aus,
dann stapft er in den Frost hinaus
mit frischer Kraft und sagt beim Gehn:
Ja, das tat gut. Ich dank dir schön.

Konrad schaut aus nach seinem Gast;
es geht schon gegen Mittag fast,
jedoch von Gott ist nichts zu sehn.
Da sieht er einen Jungen stehn,
der im Gedränge dieser Stadt
seine Mama verloren hat.
Schnell schreibt er auf ein Zettelstück:
Gott, warte hier. Bin gleich zurück.

Wie er den Jungen heimgebracht,
ist es schon beinah gegen acht.
Und ja, es schellt! Schellt noch und noch!
Gott hält sein Wort und kommt nun doch.
Falsch! Es ist nur die Nachbarin.
Vor Not weiß sie nicht her noch hin.
Ihr Sohn ist krank, das Fieber steigt.
Die arme Frau tut Konrad leid.

Er geht mit ihr und hüllt das Kind,
damit das Fieber endlich sinkt,
in kühle, nasse Tücher ein;
dann wacht er bis zum Morgenschein.
Verstrichen ist die letzte Frist,
als er zurück im Zimmer ist.
Vorbei! Gott hat sich nicht gezeigt.
Der Schuster Konrad liegt und schweigt.

Da hört er, halb im Traume schon,
in überirdisch sanftem Ton:
Hab Dank! Du hast mir aufgemacht,
als mich der Frost fast umgebracht.
Du führtest mich zur Mutter heim.
Du hülltest mich in Tücher ein.
Ich war den ganzen Tag dein Gast.
Dank, dass du mich empfangen hast.




Anmerkung von Nanna:

Der Text ist vertont. Allerdings existiert er nur als Demo, so dass ich das Lied lieber nicht verschicken möchte.

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