Katzen gegen Eichhörnchen

Text

von  Isensee

Der ganze Planet ist ein Zoo aus Alu-Dosen und falsch gestopften Pelzen.

Deutschland ist ein Museum aus Betonsäulen und verklebten Gummistiefeln

Leipzig ist ein ausgebrannter Vergnügungspark aus hipstergewaschenem Beton

Reudnitz – ein Betonmaul, das mit künstlerischer Arroganz und Billigbier vollgestopft ist

Zwei Katzen in einer Wohnung – das sind zwei Raubtiere, die im Schatten der Verzweiflung lauern, den Rest der Welt ignorierend, während sie sich in einemn Bunker von Ikea-Möbeln einnisten. Die eine Katze schnurrt wie eine kleine Diktatorin, deren Krallen mehr Kontrolle haben als die vier Wände – dieser unschuldige Blick, als ob sie nie mehr tun würde, als deinen Bleistift von der Tischkante zu schubsen, ist der wahre Terror.

Abends, wenn die eine Katze sich wie ein lebendiges Kissen auf meinem Bauch zusammenrollt, die Wärme in mir verteilt, während die andere am Kopfende leise schnarcht, als ob sie den Schlaf zur letzten Bastion gegen den Wahnsinn erklärt.

Morgens: Die beiden 6-Kilo-Monster jagen das Eichhörnchen über den Balkon, zerreißen es mit einer Unschuld, die fast schon gruselig ist, und ich sitze daneben, fassungslos und fasziniert von ihrem brutalen Charme. Sie spielen mit dem verdammten Leichnam, als wären sie kleine Kinder, die mit ihren neuen Spielzeugen prahlen, während ich mich frage, wie das alles so süß sein kann, obwohl ich das Gefühl habe, in einer Zombiekapelle zu wohnen. Doch irgendwie, wenn sie sich dann an mich kuscheln, das Fell weich und warm, werde ich in ihre brutalen, unschuldigen Welten hineingezogen, als wäre ich auch nur ein weiteres, hilfloses, miauendes Spielzeug.

Chaos in der Küche anrichten – ein einziger Albtraum aus Streu und Krümeln. Ich setze mich hin, schaue Franzelius ernst in die Augen und sage: „Wenn du noch einmal den Spiegel umschmeißt, kommst du ins Katzenheim, da musst du dann mit diesen frustrierten Muttis klarkommen, die den ganzen Tag nichts anderes tun, als sich selbst in den Wahnsinn zu kraulen.“

Die Ermahnung verpufft, wie immer, in der Luft, weil ich genau weiß, dass Franzelius sowieso wieder alles umwirft – aber es ist so verdammt befriedigend, ihm diese niedlichen, unschuldigen Vorwürfe zu machen. Es ist wie Verzweiflungskraulen, als würde ich ihm mit jedem Wort einen Kitzel in die Seele setzen, von dem ich weiß, dass er ihn niemals ernst nimmt, aber ich trotzdem daran festhalte.

Elsa Katze hat den Laptop für sich entdeckt und nutzt ihn als perfekten Ort für ihren Mittagsschlaf, während der Bildschirm sanft vor sich hin glimmt. Ihr leises Schnurren mischt sich mit dem leisen Summen des Geräts.

Katzen mit ihren sechs Kilo Monster-Pfoten die Dunkelheit durchkraulen



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Kommentare zu diesem Text


 hehnerdreck (11.03.25, 13:27)
Zwar scheint die Absicht imponierende Effekte einzubauen ein klein wenig zu offensichtlich durch, aber die Richtung gefällt mir sehr gut. Es gibt da ein erstaunlich wirkungsvolles Verbesserungsmittel beim Schreiben, was ich Dir mal per PN verzapfen wollte, Du aber leider aus unerfindlichen Gründen den PN-Kontakt mit mir abgebrochen hast - also bleibt uns nur mehr vor aller Augen das Forum, mir egal, wenns nicht anders geht, persönlicher wär mir lieber gewesen.

Also hier die Methode: Schreib den Text mehrmals hintereinander immer irgendwie besser formulierend auf bis Du ihn fast auswendig kannst. Geb Dir dazwischen genügend Pausen. In ein paar Tagen, vielleicht spätestens in zwei Wochen, nach fünfzehn bis vielleicht maximal fünfundzwanzig mal, hast Du ein Meisterwerk in den Händen, das in sich sehr stimmig.

Wenn Dir danach ist, bring noch einiges absurdes (wenns stimmig ist) rein. Ab dem vielleicht siebten Mal sollte der Inhalt der gleiche sein und formulier nach Herzenslust, Laune und Temperament wiest halt grad drauf bist.

Das ist eine Supermethode aus seinen Texten echt gute Literatur hervorzubringen. Es so oft zu schreiben, bis dieser Moment kommt, dass der innere Schreiber in guter Form ist und brillant formuliert. Mehr als zwei Wochen und 25 Mal im Prinzip das Gleiche schreiben, brauchts nicht, bis sich so ein guter Formtag einstellt, schätze ich.

Kann sein, dass Dir das nicht liegt, mir hats viel gebracht, hat aber auch ein gewisses Maß an Überwindung mir abgenötigt.

Warum so oft? Hm, vielleicht dass Du den Inhalt viel mehr in Dir fühlst, als vorher, Dich mit dem Inhalt Deines Textes immer mehr verbindest, worauf der Innere Schreiber wahrhaftiger und lebendiger oder was auch immer besser es wiedergeben kann - genau kann ich es nicht erklären, geht aber, denke ich, so in diese Richtung.


Viel Glück und frohes Schaffen, Großer!

 Saudade (11.03.25, 13:44)
Jedes Wort unterschreibe ich. Wir vergessen ständig, dass unsere Zimmertiger das Wort Tiger in sich tragen. Hast du schon einmal einen Schwanzhieb von einem Tiger bekommen? Aua. Ich schon. Das ist arg. Unsere Katzis sind Räuber, nützt nix. Emil hat 10kg. Mathilde 2 kg, aber sie raubt alles, er ist zu faul.

 Tula (12.03.25, 21:36)
Hallo
Eine durchaus lebens-wichtige Erkenntnis - wen und was wir lieben muss nicht selbst 'lieb und gut' sein. Nicht selten genau das Gegenteil. In der Liebe langweilt gerade das ewig gute Herz. 

LG Tula
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