Der nette polnische Nachbar
Essay zum Thema Nachbarschaft
von DerHerrSchädel
Kommentare zu diesem Text
Aron Manfeld (55)
(26.04.25, 16:39)
(26.04.25, 16:39)
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Sehr interessanter Beitrag, zu dem ich mich zu gegebener Zeit mit einem Textversuch eigener Prägung ausführlich äußern werde. Ich finde es angebracht, auf die Nachbarschaft eines Volkes/Staates aufmerksam zu machen, die es nicht verdient hat, ständig übergangen zu werden.
Bis bald. Gil.
Bis bald. Gil.
Die spannende Geschichte unseres großen östlichen Nachbarn ist vielen Deutschen nicht bewusst. Vielen Dank!
Hallo Philipp,
(gestatte, dass ich dich so anspreche), dein KV-Name flößt mir zuviel Respekt ein, und deine Titel sind mir zu aufwendig.
Deinen Beitrag zu Polen habe ich mit größtem Interesse gelesen. Obwohl ich ja kaum hundert Kilometer von der Grenze entfernt wohne, von der Uckermark, wo ich meinen Wochenendwohnsitz habe, ist es noch weniger, weiß ich recht wenig von der polnischen Geschichte, außer, dass das Land oft geteilt, vielfach Spielball großer Mächte war (und ist), und sicher daraus ein hohes Nationalbewusstsein gewonnen hat.
Aber ich will ganz anders beginnen. Vor ein paar Wochen habe ich per Zufall in der Stadt, wo ich jetzt wohne, ein Schild entdeckt, das auf einen Dodo von Knyphausen hinwies, der im Dreißigjährigen Krieg die Stadt gegen Tilly verteidigt hatte. Bei solchen Zufällen lese ich mir meist im Nachgang die Biografien durch, und ich bin darauf gestoßen, dass 1617, also ein Jahr vor Beginn des Krieges, durch den Fürsten Ludwig I. von Anhalt-Köthen die „Fruchtbringende Gesellschaft“, die erste und größte deutsche Sprachakademie gegründet worden ist, die bis zu ihrem Ende 1680 genau 890 Mitglieder hatte. Darunter auch so bekannte Leute wie Opitz, Gryphius oder von Zeesen. Das interessierte mich besonders auch deshalb, weil ich in der Nähe von Köthen aufgewachsen bin und mich auch sonst viele Biografien der Mitglieder interessierten.
Bemerkenswerterweise waren es überwiegend Adlige und Kriegsherren, wobei viele von ihnen auch Verbindungen zu den baltischen Ländern besaßen, teils große Ländereien, weniger zu Polen. Zum Dreißigjährigen Krieg fiel mir übrigens auf, dass, obwohl es scheinbar ein religiös geführter dramatischer Krieg war, Polen überhaupt keine Rolle zu spielen schien, im Gegensatz zu Dänemark oder natürlich Schweden. Immer jetzt aus der Sicht der Biografien betrachtet.
Ich bin kein Historiker, muss ich noch bemerken.
Aber ich will noch eine andere Komponente ins Spiel bringen. Dadurch, dass ich sehr viel russische Literatur (Dostojewski, Tolstoi, Gogol, Tschechow, Puschkin, Turgenjew, Leskow usw.) gelesen habe, habe ich immer eine gewisse Skepsis seitens der Russen mitbekommen, wobei es meist Adlige waren, die im Sichtfeld standen, die sich wie auch viele Deutsche, wenig integriert hatten.
Außerdem, das muss ich auch gestehen, bin ich so gut wie nie in Polen gewesen, vielleicht ein halbes Dutzend Male, und das war unbedeutend.
Dass hier im Osten polnische Helfer in der Landwirtschaft (Schnitter, Spargelstecher) schon seit langen Zeiten im Einsatz waren bzw. sind, ist ja für beide Seiten nützlich. Und wenn man auf Usedom Urlaub macht, begegnet man den Fachkräften überall.
Insofern war dein Text außerordentlich aufschlussreich. Ich finde, dass unsere (große) Politik es mit Polen genauso macht wie mit dem Osten, wo nichts (mehr) zu holen ist, erlischt das Interesse sehr schnell. Es könnte noch ein böses Erwachen geben.
Viele Grüße von Gil.
(gestatte, dass ich dich so anspreche), dein KV-Name flößt mir zuviel Respekt ein, und deine Titel sind mir zu aufwendig.
Deinen Beitrag zu Polen habe ich mit größtem Interesse gelesen. Obwohl ich ja kaum hundert Kilometer von der Grenze entfernt wohne, von der Uckermark, wo ich meinen Wochenendwohnsitz habe, ist es noch weniger, weiß ich recht wenig von der polnischen Geschichte, außer, dass das Land oft geteilt, vielfach Spielball großer Mächte war (und ist), und sicher daraus ein hohes Nationalbewusstsein gewonnen hat.
Aber ich will ganz anders beginnen. Vor ein paar Wochen habe ich per Zufall in der Stadt, wo ich jetzt wohne, ein Schild entdeckt, das auf einen Dodo von Knyphausen hinwies, der im Dreißigjährigen Krieg die Stadt gegen Tilly verteidigt hatte. Bei solchen Zufällen lese ich mir meist im Nachgang die Biografien durch, und ich bin darauf gestoßen, dass 1617, also ein Jahr vor Beginn des Krieges, durch den Fürsten Ludwig I. von Anhalt-Köthen die „Fruchtbringende Gesellschaft“, die erste und größte deutsche Sprachakademie gegründet worden ist, die bis zu ihrem Ende 1680 genau 890 Mitglieder hatte. Darunter auch so bekannte Leute wie Opitz, Gryphius oder von Zeesen. Das interessierte mich besonders auch deshalb, weil ich in der Nähe von Köthen aufgewachsen bin und mich auch sonst viele Biografien der Mitglieder interessierten.
Bemerkenswerterweise waren es überwiegend Adlige und Kriegsherren, wobei viele von ihnen auch Verbindungen zu den baltischen Ländern besaßen, teils große Ländereien, weniger zu Polen. Zum Dreißigjährigen Krieg fiel mir übrigens auf, dass, obwohl es scheinbar ein religiös geführter dramatischer Krieg war, Polen überhaupt keine Rolle zu spielen schien, im Gegensatz zu Dänemark oder natürlich Schweden. Immer jetzt aus der Sicht der Biografien betrachtet.
Ich bin kein Historiker, muss ich noch bemerken.
Aber ich will noch eine andere Komponente ins Spiel bringen. Dadurch, dass ich sehr viel russische Literatur (Dostojewski, Tolstoi, Gogol, Tschechow, Puschkin, Turgenjew, Leskow usw.) gelesen habe, habe ich immer eine gewisse Skepsis seitens der Russen mitbekommen, wobei es meist Adlige waren, die im Sichtfeld standen, die sich wie auch viele Deutsche, wenig integriert hatten.
Außerdem, das muss ich auch gestehen, bin ich so gut wie nie in Polen gewesen, vielleicht ein halbes Dutzend Male, und das war unbedeutend.
Dass hier im Osten polnische Helfer in der Landwirtschaft (Schnitter, Spargelstecher) schon seit langen Zeiten im Einsatz waren bzw. sind, ist ja für beide Seiten nützlich. Und wenn man auf Usedom Urlaub macht, begegnet man den Fachkräften überall.
Insofern war dein Text außerordentlich aufschlussreich. Ich finde, dass unsere (große) Politik es mit Polen genauso macht wie mit dem Osten, wo nichts (mehr) zu holen ist, erlischt das Interesse sehr schnell. Es könnte noch ein böses Erwachen geben.
Viele Grüße von Gil.
Hallo Gil,
vielen Dank für diesen ausführlichen und sehr informativen Kommentar. Es ist richtig, dass die polnische Adelsrepublik nicht am 30-jährigen Krieg teilnahm. Warum genau, kann ich nicht auf Anhieb sagen, vermute aber folgendes: Polen war im 17. Jahrhundert konfessionell noch gespalten, es viele protestantische Adelige und die deutschsprachige Bevölkerung in Posen, Preußen und im Baltikum war ebenfalls protestantisch geprägt.
Außerdem war der Osten des damaligen Polen orthodox geprägt. Auch wenn der Katholizismus in dieser Ära bereits an Stärke wann, hatte er noch längst nicht seine spätere Stellung. Ein Sieg des katholischen Lagers hätte außerdem vor allem den Habsburgern genutzt und ich glaube nicht, dass man in Polen daran ein allzu großes Interesse gehabt hätte.
Das 17. Jahrhundert markiert den Niedergang der polnischen Großmachtstellung. Der polnische Adel hatte sich gegenüber dem König zunehmend Privilegien gesichert, vor allem das Liberum Veto, dadurch konnte ein einziger Adeliger auf dem polnischen Reichstag mit seinem Veto einen Beschluss verhindern. Diese Recht kam im 17. Jahrhundert immer häufiger zum Einsatz und machte die Adelsrepublik in zunehmenden Maße handlungsunfähig.
Anzumerken ist, dass Polen zwar nicht in den 30-jährigen Krieg hineingezogen wurde, aber von 1648 bis 68 in eine lange Kriegsphase geriet, in der Land von Kosaken, Schweden, Russen und Tataren schwer verwüstet worden war. Die schwedische Invasion in Zentralpolen ging als "Potop" (Sintflut) in die Geschichte des Landes ein. Diese Kämpfe, die mit protestantischen, orthodoxen und islamischen Staaten geführt worden waren, bestärkten die Position des Katholizismus ungemein.
Ich vermute auch, dass der antipolnische Chauvinismus sehr schnell wieder erwachen wird, sollte es eines Tages zu Konflikten mit unserem Nachbar kommen.
vielen Dank für diesen ausführlichen und sehr informativen Kommentar. Es ist richtig, dass die polnische Adelsrepublik nicht am 30-jährigen Krieg teilnahm. Warum genau, kann ich nicht auf Anhieb sagen, vermute aber folgendes: Polen war im 17. Jahrhundert konfessionell noch gespalten, es viele protestantische Adelige und die deutschsprachige Bevölkerung in Posen, Preußen und im Baltikum war ebenfalls protestantisch geprägt.
Außerdem war der Osten des damaligen Polen orthodox geprägt. Auch wenn der Katholizismus in dieser Ära bereits an Stärke wann, hatte er noch längst nicht seine spätere Stellung. Ein Sieg des katholischen Lagers hätte außerdem vor allem den Habsburgern genutzt und ich glaube nicht, dass man in Polen daran ein allzu großes Interesse gehabt hätte.
Das 17. Jahrhundert markiert den Niedergang der polnischen Großmachtstellung. Der polnische Adel hatte sich gegenüber dem König zunehmend Privilegien gesichert, vor allem das Liberum Veto, dadurch konnte ein einziger Adeliger auf dem polnischen Reichstag mit seinem Veto einen Beschluss verhindern. Diese Recht kam im 17. Jahrhundert immer häufiger zum Einsatz und machte die Adelsrepublik in zunehmenden Maße handlungsunfähig.
Anzumerken ist, dass Polen zwar nicht in den 30-jährigen Krieg hineingezogen wurde, aber von 1648 bis 68 in eine lange Kriegsphase geriet, in der Land von Kosaken, Schweden, Russen und Tataren schwer verwüstet worden war. Die schwedische Invasion in Zentralpolen ging als "Potop" (Sintflut) in die Geschichte des Landes ein. Diese Kämpfe, die mit protestantischen, orthodoxen und islamischen Staaten geführt worden waren, bestärkten die Position des Katholizismus ungemein.
Ich vermute auch, dass der antipolnische Chauvinismus sehr schnell wieder erwachen wird, sollte es eines Tages zu Konflikten mit unserem Nachbar kommen.