Sommer

Text

von  Saudade

Die Grillen sind wieder da. Jahrelang hörte ich das Geräusch in meinem Garten nicht. Ich werde in die Kindheit zurückgeworfen, das Fenster weit offen, wie in Omas Haus, ein Konzert auf der großen Wiese. Der 23:00 Nachtgüterzug, er donnerte durch das Höllental, schien endlos zu sein. Opa sagte, der bringt Rohstoffe, auch Autos, eigentlich war er zuständig für das Grobe. Für mich war er der Bass zum Grillenkonzert, gehörte dazu. 


Es kühlte ab, der Wind geht, zieht nur zaghaft in die Wohnung. Vorhin hat es geregnet, ich hob die Badeschuhe für den Garten auf, darunter war es trocken. Schuhabdrücke erinnern nun an das Drückende, fast schon Erdrückende. Fledermäuse fipsen schwarmartig um das Haus, ich sehe sie schattenhaft am Himmel kreisen. Die Seele atmet durch die Abkühlung auf. "Kind, sitz nicht auf dem Fensterbrett, du kannst dich verkühlen, dein Körper ist noch ganz erhitzt von der Hitze!", so die Großmutter. Sie schloss die Türe hinter sich, wusste, sie redete ins Leere und kam nicht mehr ins Zimmer. 


Die Hand hinausstrecken, den kühleren Wind spüren, lächeln. Das Fenster schließen, es kommt gleich ein Unwetter. Wobei der Name wohl klingt nach der Hitze. Nicht für die, denen vor ein paar Tagen der Hang ins Haus kam. Murenabgänge, sagten sie, es regnete tagelang. Hier gibt es keine Muren, auch keinen Hang. Nur Gras, Gärten, Bäume, Häuser und Beton. 


Das Fenster ist geschlossen. Keine Grillen mehr, nur noch das Surren einer Mücke. 


Hinweis: Der Verfasser wünscht generell keine Kommentare von Isensee.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 Citronella (03.07.25, 22:30)
Grillen in der Großstadt – in Wien scheint wirklich alles anders zu sein.
Wir haben hier –am Feldrand! – schon seit Jahren nicht eine einzige Grille mehr. Vor ca. 10 Jahren noch konnte man es mit empfindlichen Ohren abends kaum auf der Terrasse aushalten, so schrill waren ihre Laute.
Auch Mücken und Fliegen gibt es kaum noch, die wenigen verbliebenen Singvögel füttern wir aus diesem Grund auch im Sommer. Fledermäuse habe ich in diesem Jahr auch überhaupt noch nicht gesehen. Was sollen sie auch jagen?
Die Natur hat sich in den letzten Jahren sehr verändert und wird jeden Tag stiller ...

 Saudade meinte dazu am 04.07.25 um 03:32:
Ich wohne am Stadtrand, Citronella. :)
Wien zählt zu den grünsten Städten der Welt. Dafür bin ich dankbar.

https://www.wien.gv.at/politik/international/vergleich/greenest-cities.html#:~:text=Wien%20wurde%20im%20neuen%20%22The,und%20gr%C3%BCnere%20Zukunft%22%20dienen%20k%C3%B6nnen.

Antwort geändert am 04.07.2025 um 03:40 Uhr

 Citronella antwortete darauf am 04.07.25 um 11:12:
Schön! Windräder und Industriegrasflächen gibt es dort aber wohl eher nicht? 

 Saudade schrieb daraufhin am 04.07.25 um 11:13:
Doch .
Zur Zeit online: