Der Vogelmensch.
In meiner Heimat in der Steiermark, wohnte im Wald ein Mann, der konnte jeden Vogel und auch andere Geräusche von Tieren Imitieren.
Er hauste in einer einfachen, primitiven Hütte und half dem Förster bei seiner Arbeit, im Wald für Ordnung zu sorgen.
Im Gegenteil zu Vogelmensch Hans, ist Förster Josef das gehör, infolge vom Knallen bei der Jagt schon schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Man konnte nur mit lautem Schreien nahe seinem Ohr, sich halbwegs verständlich machen.
Leider hat man Den Gehörschutz früher nicht so Ernst genommen.
Es gab Momente, wo Hans kurz vor Sonnenuntergang die Holzhacke zur Seite legte und dem Vogelgesang lauschte. Auch in ihm sang und vibrierte es in allen Tönen.
Er musste nur die Lippen spitzen und das Vogelkonzert quoll aus ihm heraus.
Sein Drillern, Pfeifen und Singen ergaben ein buntes Konzert.
Manchmal jedoch führte er nur mit einem einzelnen Vogel ein intensives Zwiegespräch.
Bei längerer Dauer des Dialoges, wagte sich die Amsel schrittweise sogar ganz nahe auf sein Hüttendach. In solchen Momenten fühlte Hans eine unbeschreiblich gegenseitige Anziehungskraft, die ihn durch die folgenden Stunden der Nacht wie auf Wolken schweben ließ.
Eines Morgens weckte Förster Josef seinen Mitarbeiter, er sollte ihm bei der Pirsch begleiten.
Als Hans seinen Mund öffnete, um guten Morgen zu wünschen, kamen aus seinem Munde nur Vogelgezwitscher. Eine Amsel am Dach trällerte ungeniert eine Antwort durchs offene Fenster.
Da Hans keine Anstalten machte, die angeregte Unterhaltung mit dem Vogel zu beenden,
sah Josef ihn ungläubig an und dachte, das sei ein Witz.
Als Hanz keine Anstalten machte, sein eigenartiges Gehabe zu beenden,
packte Josef den Burschen an der Schulter und schüttelte ihn kräftig durch:
„Mit mir kannst du solche Späße nicht treiben, ich bringe dich in die Stadt zum Hausarzt, der wird dir diese Mätzchen schon austreiben! Eine zünftige Spritze wird dir dein Hirn schon wieder auf Vordermann bringen.“
Mit solchen klobigen Sprüchen schob er Hans vor sich aus der Türe und verfrachtete ihn in seinen Land Rover. Obwohl Förster Josef sonst schwerhörig war, konnte er das unnatürliche Geträller seines Mitarbeiters doch gut hören.
Hans gestikulierte mit den Händen, als wolle er sein Gesagtes unterstreichen, jedoch aus seinem Mund drang bloß Vogelgesang hervor.
Der Hausarzt sah ihm mit staunender Miene ratlos an.
Sowas war ihm in seiner, doch schon langen Berufslaufbahn als Arzt
noch nicht untergekommen.
Doktor stützte bedächtig seinen Kopf in die linke Hand und klopfte mit der Rechten
den Stift an der Tischkannte, als könne er damit seine Entscheidung über das weitere Vorgehen beschleunigen.
Josef nestelte nervös am seiner Lederhose, „Der soll mal Weitermachen!“
Nach einer endlos scheinenden Pause schlug der Dr. ein Überweisungsformular auf und schrieb:
„Patient macht einen so weit ich das beurteilen kann, gesunden Eindruck,
doch statt Worte verwendet er Vogelgesang als Konversation. Ich konnte nicht in sein Bewusstsein vordringen, deshalb ersuche ich Sie, diesen Fall anzusehen.
Mit den ihnen zur verfügungsstehenden Mittel, könnten Sie eher zu einem befriedigenden Ergebnis kommen.“
Hochachtungsvoll Hausarzt Dr. Pabler
Niedergeschlagen und enttäuscht verließ Förster Josef mit seinen Vogelmensch die Ordination des Hausarztes. In seiner linken Hand hielt er die Überweisung nach Wien, ins Universitätsspital. Nicht recht klar, soll er das Papier ins seine Rocktasche schieben, oder es Hans aushändigen. Bei dem war nicht sicher, ob er das Schreiben genügend ernst nehmen und es achtlos zerknüllen und wegwerfen würde.
Indes war es Mittag geworden, sein leerer Magen machte sich mit Knurren bemerkbar.
Es war Zeit, sich um ein Wirtshaus umzusehen. Den Vogelmensch musste er wohl oder übel mitnehmen.
„Das wird was werden; Das Sau dumme Piepsen, geht mir schon schwer am Hammer!“
„Wirtshaus zur goldenen Taube.“ Stand über dem Eingang.
Die Wirtsstube war gut gefüllt. Aus der Küche strömte Duft nach den köstlichsten Speisen.
An der Stirnseite des Raumes hing ein Bild von zwei goldigen Tauben, deren Schnäbel zur Liebesbezeugung gekreuzt waren.
Als Hans das schmucke Bild erblickte, stürzte er sich darauf und fing ganz aufgeregt wie eine Taube zu gurren an. Die Blicke der Gäste waren verwundert auf Hans gerichtet, den Josef nur mit äußerster Anstrengung davon trennen konnte. Mit sanfter Gewalt schob Josef ihn zu einem leeren Tisch in einer stillen Ecke. Dort platzierte er Hans auf einem Stuhl und legte ihm die Speisekarte vor.
Ein Gast hinter seinem Rücken murmelte: „Der hat ja einen ganz schönen Vogel!“
Nach längerem Suchen zeigte Hans mit dem Zeigefinger auf Risibisi, (Erbsenreis)
„Gott sei Dank“ dachte Josef, „Das Lesen hat er anscheinend nicht verlernt.“
Wieder zuhause in seiner ärmlichen Hütte angekommen, schnattert er munter mit den Haussperlingen, die fröhlich herumhüpften, als wollten sie Hans einen Willkommensgrus tanzen.
Kopfschüttelnd stieg Josef in seinen Pick Up: „ Wo wird das mit Hans noch hinführen, wenn ihm schließlich noch Federn am Kopf wachsen würden?“