Als sie das neu hergerichtete Haus, das von da an Shakespeares Haus sein sollte, betraten, war es weit nach Mitternacht. Daher schlug Mary vor, dass sie vorerst zu Bett gehen sollten und sich am Vormittag im Salon treffen würden. Shakespeare fand dies als eine vorzügliche Idee, die Müdigkeit spürte er bereits in allen Gliedern. Sie zeigte ihm sein Schlafgemach und empfahl sich. Er betätigte den Lichtschalter, dies Wunderding entzückte Shakespeare bereits als Erstes in seinem neuen Dasein, betrat das Bad, das an sein Schlafgemach anschloss, zog sich aus, schlüpfte in eine, bereits zurecht gelegte Schlafkleidung, putzte sich wieder amüsiert seine Zähne, sah sich in den Spiegel, fragte sich kurz wie alt er wohl sein würde, schüttelte den Kopf und stieg in ein Bett, das sicher auch schon sehr alt sein musste, was ihm ein zufriedenes Gefühl vermittelte, schaltete das Licht mit einem Gerät, das sich "Fernbedienung" nannte, aus (Mary instruierte ihn schnell über dies moderne Zeug, das er im Moment der Bedienung für äußerst praktikabel hielt) und fiel sofort in einen tiefen Schlaf.
Wenige Stunden später stand Shakespeare bereits angezogen vor dem Haus. Es war ein wunderschöner Frühlingsmorgen, die Luft duftete nach reiner Natur und Kaffee sowie Brötchen, die seinen Magen knurren ließen.
Er stand und sah sich sein neues Zuhause genauer an.
"Sir?" Der Fahrer trat an ihn heran.
"Guten Morgen," sagte Shakespeare.
"Brauchen Sie irgendetwas?" fragte der Fahrer.
"Ja, Ihren Namen, werter Herr. Wie es scheint, kreisen Sie um mich wie die Biene um die Blume, also wäre es nur höflich zu wissen, mit wem ich es LANGE oder KURZ zu tun haben MUSS." Shakespeare sagte es nicht ohne zynischen Unterton.
"Mein Name ist Henry", sagte der Fahrer.
"Also, Henry, wo wohnen Sie hier?"
"Dort drüben, Sir." Henry zeigte auf ein kleines Häuschen weiter hinten neben der Auffahrt. Shakespeare sah nun im Hellen, dass es ein weitläufiges Grundstück mit einer Mauer rundherum war und einem hohen Gartentor.
"So, so. Henry, bin ich hier gefangen?" fragte Shakespeare streng.
"Nein, Sir, nur beschützt." Henry sah zu Boden. Erst jetzt sah Shakespeare, dass Henry eine Figur wie ein Spartaner hatte.
"Mit Verlaub, darf ich Ihnen helfen?" fragte Henry.
"Was wollen Sie mir helfen, ich habe um nichts gebeten?" antworte Shakespeare erstaunt.
"Ihr Pullover, Sir, Sie haben ihn verkehrt an."
Shakespeare zog den Pullover aus, Henry zeigte ihm, wie er ihn richtig anziehen musste.
"Danke. Diese Hosen! Ich muss sagen, sehr bequem." Shakespeare lächelte.
Er hatte eine braune Cordhose an und ein kariertes Hemd sowie einen grünen Kaschmirpullover. Seine Füße steckten mit Socken in Pantoffeln. Er entfernte sich von Henry, der begann den Bentley zu waschen und polieren.
Shakespeare ging um das Haus. Er hatte früher ein Haus aus Ziegeln, kein Fachwerkhaus. Sein Vermögen war stolz und er war in Stratford angesehen. Aber, ihm gefiel, was er sah. Das Haus war riesengroß und der Garten äußerst gepflegt. Er sah einen Mann an den Rosen arbeiten und Wasser kam aus etwas Länglichem heraus. "Sehr praktisch!" sagte Shakespeare laut denkend. Ging zurück ins Haus hinein.
Der Duft des Kaffees und der Brötchen lockte ihn in die Küche, die er sogleich fand. Darin befand sich eine ältere Dame mit einer Schürze umgebunden. Sie sah ihn, trat heran und gab ihm die Hand, sagte forsch: "Gut'n Morg'n, Sir. Ich bin die Nelly, Ihre Haushälterin. Ich bin für Ihr leibliches Wohl zuständig, Sir." Sie machte einen Schritt zurück, zeigte auf den Küchentisch. "Heute gibt's Frühstück bei mir in der Küche, ab morgen im Esszimmer. Sie sind mir ein wenig z'früh aufg'stand'n."
Shakespeare bemerkte trotz langer Abwesenheit seiner Zeit, dass Nellys Englisch eher der Unterschicht gehören musste. Er lächelte, bedankte sich und setzte sich. Auf dem Tisch stand feines englisches Porzellan und ein Körbchen voller frischer Brötchen, daneben eine Kanne Milch, Zucker, Honig, Marmelade, Butter, eine Kanne Tee und eine Kanne Kaffee sowie ein Teller und Besteck. Er aß erst wenige Jahre mit vollem Besteck (Anmerkung: Die Gabel kam erst um 1600 auf). "Wollen's a Wurscht hab'n?" fragte Nelly. Shakespeare wusste nicht, was sie meinte, schüttelte den Kopf. Er schenkte sich Tee ein und begann zu essen. Es schmeckte alles herrlich.
"Nelly?" fragte Shakespeare.
Sie drehte sich von der Spüle aus um und sagte: "Ja?"
Shakespeare, der Meister der Sprache, der Schauspieler, sagte amüsiert in ihrem Jargon: "Geben's mir doch a Wurscht, ich will das probieren, die roch verführerisch, ja, wahrlich göttlich."
Nelly gab ihm grinsend einen Teller voll köstlichen Sorten Wurst.
Er kostete von der Schinkenwurst und schrie auf: "Meine Freude ist so groß, dass sie vom Kummer Tränen borgt, sich zu entladen!"¹
Nelly lachte.