EIN SCHWUNG VERSGESCHMIED ZU TRÄUMEN, oft gepflückt von lebensbäumen… (1)
Gedicht zum Thema Traum/ Träume
von harzgebirgler
selbst walther* war sich einstmals sicher nicht
weil er expressis verbis ja von spricht
ob vielleicht bloß traum das ganze leben
und all jenes wonach menschen streben -
es stellt sich dann jedoch die frage ein:
was sollte denn wär's traum noch wahrheit sein?!
*Walther von der Vogelweide: „Owê war sint verswunden alliu mîniu jâr? Ist mîn leben mir getroumet oder ist ez wâr?...“
https://www.deutschelyrik.de/owe-war-sint-verswunden.298.html
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versucht wer seinen traum einmal zu leben
kann er zwar wohl doch muss kein beispiel geben...
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heinz hatte jüngst leicht ein' im kahn
und träumte bläulich von jens spahn
der sprach darin zu seinem mann:
“ich denke dass ich kanzler kann!”
“das denke” sprach sein mann “ich auch!”
und strich ihm lustvoll übern bauch
während des künft'gen kanzlers schaft
sich schon vor freude richtig strafft --
heinz stellte prompt das träumen ein
und wollt' nicht weiter mäuschen sein
denn obwohl bläulich schien das ihm
nun doch ein wenig zu intim...
(11/18)
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kasper träumt' im lummerland
daaa er keinen schlummer fand
weil ein stummer vor ihm stand
der sich voller kummer wand
pantomimisch ohne worte
angesichts der sahnetorte
wovon nicht ein krümel blieb
was den zur verzweiflung trieb
bis die wand im schlafgemach
über ihm zusammenbrach...
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im traum des jägers war einst voll am zetern
ne wildsau und das gar in hexametern
was ihn na klar total vom hocker haute -
ein fall der ihm den weiterschlaf versaute
denn hexameter hasst’ er wie die pest
und schlief dann nächtelang nicht richtig fest...
ps
er ward der sau selbst bald zwar herr
durch den gebrauch vom schießgewehr
doch trug am traum noch lange schwer
ist aber auch schon länger her...
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“Wo Werra sich und Fulda küssen
sie voneinander scheiden müssen“
denn dort ab Münden heißt der Fluß
der so entsteht aus diesem Kuß
ja Weser wie ihr vielleicht wißt -
drum seid gewarnt wenn ihr euch küßt
Wenn Träume in Erfüllung gehen
kanns wie den beiden euch geschehen
den seltsam zugeneigten Flüssen
daß mit des Mundes ersten Küssen
durch die der Traum zur Wahrheit wird
sein Ende schon die Rosse schirrt
Man unterschätzt die Kraft der Träume
sie wachsen höher als die Bäume
und bau´n Asyle für die Herzen
die sich oft winden still in Schmerzen
sie reichen an des Weltalls Rand
und manchmal wohl auch Gott die Hand
Wer immer will daß alles werde
mit aller Macht auf dieser Erde
der wird bald voller Staunen sehen
wie Träume in Erfüllung gehen...
Sie gehen fort und kehren nimmer
das was dann wird ist oftmals schlimmer
als fortzuträumen sich zu sehnen
des Herzens Raum so weit zu dehnen
wie´s irgend geht in dieser Welt
so weit wie nur des Himmels Zelt
an dem doch stets ein Sternlein glänzt
das einen Traum von fern ergänzt...
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'reichskanzler'-traum
ich stehe im keller und denke nanu
hier gehts aber irgendwie unheimlich zu!
die kohlen die klappern und wolln mich verkohln
dabei will ich einfach kartoffeln nur holn
doch kullern die rum und die lachen sich schief
und das muß ich sagen das trifft mich schon tief
ich hole kurz luft und dann blaff ich sie an
wie das nur empörung im ernst machen kann:
"ihr werdet geschält und gekocht und verspeist
das sag ich euch nur und ihr wißt was das heißt
macht keine sperenzchen und haltet schön still
und wehe ihr macht nicht was ich von euch will
dann stampf ich hier unten euch gleich zu püree
und das liebe reichskanzler * das tut echt weh!"...
* kartoffelsorte
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ein tännchen wird demnächst als weihnachtsbaum
festlich geschmückt - so wird sein schönster traum
den es ganz klein ja hegte schon im wald
doch wahr und wenn dann glockenklang erschallt
verkündend die geburt von einem kind
von gottes sohn deswegen froh wir sind
stimmt’s tännchen still ins weihnachtslied mit ein
und kinderaugen strahl’n bei kerzenschein...
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der froschkönig saß jüngst im teich
inmitten von so krötenlaich
und dachte bei sich „wär’ das schön
jetzt eine maid kommen zu seh’n
die mich auf meine lippen küsst
was sie ja auch ganz kurz nur müsst
damit sich endlich löst der bann
denn immerhin bin ich ein mann
blaublütig jung und voll potent
für den in lieb’ selbst lesb’ entbrennt’!“...
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Traum einer Jungfrau nahe Nazareth*
Die Schöne sie lagert auf seidigen Laken
mit baumlangen Stelzen, die eben noch staken
in roten Stilettos, sehr hoch und sehr schmal –
die Dinger zu tragen ist schick, doch ’ne Qual.
Sie schaut unter dunkel bewimperten Lidern
scharf prüfend herab an den traumhaften Gliedern,
sieht Arme und Beine, sieht Hand und sieht Fuß
und nichts, was sie sieht, gäbe Grund zu Verdruß.
Ihr Kummer, der nistet tief drinnen im Herzen
und frißt seine Kraft wie Wachs brennende Kerzen:
Sie hofft auf ein Kind von dem Mann, den sie liebt,
der aber mit andern sich umtreibt, umgibt…
…Um dich herum verblassen alle Dinge
und magisch reisst es mich in deinen Schein -
oh dass dies Leuchten deiner Lust entspringe
an mir, ich wünsch’s, ach, wärst du doch nur mein!
Wie lange brennt das Feuer im Gemüte?!
Wann fängt die Zeit vielleicht ihr Löschwerk an
und tilgt all das, was zehrend brannte, glühte,
aus meinem Sinn, der lechzst nach diesem Mann?!
Ein Tal der Wunder, das sind seine Lenden,
sein Leib, er ist der Garten meiner Lust,
nur er allein mag ihm die Blüten spenden,
oh voll des Dursts sänk´ ich an seine Brust.
Noch ist er meiner Augen schönste Weide,
nicht satt kann seh´n an ihm sich schon mein Blick,
noch ist´s mit Ängsten, daß ich von ihm scheide
und glühend kehrt mein Sinn zu ihm zurück...
...Ein Gott, der es leid war in endloser Ferne
so einsam zu sein, schritt still über die Sterne
auf englischer Suche nach fruchtbarem Leibe -
er hörte die Klage und schenkte dem Weibe
sanft lindernde Saat seiner himmlischen Güte,
die in ihrem Schoß bald heranwuchs, erblühte.
* Dieses Gedicht ist auch in der Anthologie „IM TRAUM BIST DU MIR BEGEGNET“ (net-Verlag, 2012) enthalten.