Was passierte wirklich? Die Angst der Stadtstaaten vor Imperien mit „20 Millionen Soldaten“ (was um 1290 über die einfallenden Venger behauptet wurde) ist durchaus wahr und quelliistisch gesichert. Städte wie Xhigget mit einer Milliarde Einwohnern haben, natürlich, nie existiert, die Weltbevölkerung war um 1102, als wohl der wahre Walten Hush die Welt heimsuchte, kleiner als die angebliche vengrische Horde.
Im Frühjahr 1102 schlug (als Strafe der Götter für die ersten Staatsgründungen?) ein Asteroid in der nordwestlichen Halbhemisphäre ein, die Jahresdurchschnittstemperaturen in der heutigen Finisterre fielen um mehr als 10 Grad (und damit unter Null) für mehrere Jahre. Aber es gab keine archäologisch gesicherten größeren Gemeinwesen vor 1102, erst recht keine Staaten, egal welcher Größenordnung, ob in der Finisterre, im Westen oder auf der ganzen Welt. Nur der Tempel des Lichts, um welches herum später die Stadt Dorcor gewachsen ist, hat um 1102 existiert.
Der Stadtstaat Inii entstand wenige Wochen nach dem Einschlag: an einem gut geschützten Ort an der Küste der Finisterre versammelten sich nicht als Jäger, Sammler oder Bauern bezeichnet werden könnende Menschen, weil sie alles und nichts davon zugleich waren, und sie gründeten eine Stadt, deren mündlich abgesprochene Gesetzgebung gleichsam einen Staat bedeutete. Die Urkatastrophe, die „Zerstörung von allem“, war also Ursprung und nicht Folge der ersten Staatsgründung.
Warum entstanden dann nicht zur selben Zeit auch andere Stadtstaaten? Es gab Wanderzüge nach Süden, es gab schnelle Anpassungen an das neue Klima, und, das Entscheidende: die vorstaatlichen Kulturen lebten nicht in einem Zustand der Stabilität, sie waren flexibel und anpassungsfähig. Wäre die Noturbanisierung eine spontane Lösung gewesen, hätte die Stadt nicht mehr bestanden, als sich das Klima „normalisiert“ hatte. Nur in der Finisterre entstand ein Staat: Inii. Der Stadtstaat bestand weiter, aber expandierte nicht. Später entstandene Staaten hatten keinen Grund, sich vor Inii zu schützen. Keine Armee hätte sie bedroht, keine Expansion ihre Lebensgrundlagen weggenommen. Die Geschichte ist eben zu komplex, um sie den Historikern zu überlassen.
„Die beste Erklärung kann falsch sein, wenn sie evidenter Wahrheit widerspricht. Was aus Freiheit passiert, ist nicht auf äußere Ursachen zurückzuführen, egal wie komplex man sie fasst. Darum erklären Mythen nicht, sie erzählen. Die Interpretation ist frei.
Mythen werden durch Erklärung entzaubert, aber nicht, weil sie widerlegt werden, sondern weil sie in ein Narrativ übersetzt werden, das sie verfälscht“.
Shaye Crayden