Wir sind nahe dem Wohnviertel untergekommen, in welchem wir mehr als ein Jahrzehnt lebten. Für mich stand sofort fest: Ich werde einen Spaziergang in den alten Kiez unternehmen. Ich laufe entlang einer Kopfsteinpflaster-Straße. Das Kopfsteinpflaster besteht aus bearbeiteten Geschieben. „Wird wohl aus der Gründerzeit stammen, schließlich war der Steinklopfer ein anerkannter Handwerker“, geht mir durch den Kopf. Auf der Straße stehen keine Autos. Das verwundert mich aber nicht. Ich laufe bis zur nächsten Straßenkreuzung und sehe einen Gewürzladen vor mir. Eine gute Gelegenheit Kreuzkümmel nachzukaufen, denke ich. Ich betrete das Geschäft. Der Inhaber streitet sich gerade mit drei Kunden und begleitet sie unwirsch an die Tür. Er sagt mir, dass diese drei Holländer sehr arrogant waren, seine Vorschläge ablehnten, alles anfassten und nichts kaufen wollten. Ich frage ihn, ob er Kreuzkümmel führt. Er holt einen festen Klumpen aus dem Regal. Das Stück ist kristallin und geschichtet. Ich möchte fünfzig Gramm kaufen. Er schlägt vom Brocken etwas ab und wiegt es. Die beiden abgeschlagenen Stücke wiegen achtzig Gramm. Er sagt, „Zwanzig Gramm gehen aufs Haus.“ Ich möchte den Kreuzkümmel eigentlich nicht mehr kaufen. Er ist vollkommen geruchlos. Ich traue mich aber letztendlich nicht zu sagen, dass das Gewürz überlagert ist. Ich stecke die Stücke in meine Jackentasche und verlasse das Geschäft.
Auf dem Rückweg zur Unterkunft sehe ich ein Ruine. Im verfallenen Gemäuer führen breite Holztreppen aufwärts. Einen kleinen Abstecher möchte ich unbedingt machen und steige nach oben. Über mehrere Etagen führen immer wieder massive Holztreppen durch die verfallenen Stockwerke. Auf der höchsten Ebene sehe ich an einer Balustrade zwei Frauen sitzen, die den Ausblick über die Stadt genießen. Sie fühlen sich durch mich nicht gestört und teilen mit mir ihre Eindrücke über den wunderbaren Ausblick. Es kommen immer mehr Menschen herauf und sind begeistert. Ich empfinde es ein wenig schade, nicht allein zu sein. Plötzlich hebe ich den Blick zu einer Wand. Dort sehe ich einen stark verwitterten Torso am Kreuz und mir wird klar, das vor dem Abriss der Kirche der Altar nicht entfernt wurde. Ich zeige auf den Torso und mache alle auf ihn aufmerksam. Neugierig erstaunt blicken die Menschen auf den Torso.
Anmerkung von Jedermann:
Mitte Dezember 2025 Für mich stand sofort fest:
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