Negativität (1652-1696)

Historisches Drama zum Thema Hunger

von  Jack

Dieser Text ist Teil der Serie  Dorcor

Keria ist seit 1352 wie ein Schneeball, hegemoniert um 1395 lokal, um 1460 regional, um 1580 kontinental, zieht sich aber isolationistisch schon ab 1602 zurück. Die Venger pulsieren in immer größeren Reichshochs, beherrschen den Westen nach dem Krieg von 1599-1602, und kämpfen ab 1630 defensiv an allen Fronten. Die Enthaptung Melchiots am 4.10.1664 ist der künstlerisch besonders oft festgehaltene Moment ihres Reichsuntergangs. Das 17. Jahrhundert markiert den Aufstieg neuzeitlicher profaner Reiche im Westen.


Die Finisterre ist seit 1646 oder schon früher geteilt in Land und Hochland. Das Land ist Quasikolonie, das Hochland militärisch unbesiegbar, aber politisch bedeutungslos. 1652 wird die Teilung zur Grundlage der Verfassung. 1661-1664 erlebt das Land eine nihilistische Kulturrevolution, wonach lokal-pragmatische Verwaltung folgt. Psychopolitische Erschöpfung löst sich auch 1672 nicht auf, als von Lxiour aus ein Konsolidierungsversuch gestartet wird: kurzer Boom Herbst 1677, 1678 bereits ausklingend, und von Anfang 1679 bis Ende 1690 eine gewaltige Wirtschaftskrise. Ressourcenknappheit, Verfall, Zerfall. Am 10.5.1687 beginnt die Notstandsverwaltung. 


Der Boom von 1691-1693 kommt für Optimisten unerwartet und für Pessimisten ungelegen. 1694 ist ein politisch bis zum Zerreißen turbulentes Jahr. Ende des Jahres fängt ein weiterer leiser Aufschwung an, Mitte-Ende Dezember 1695 erreicht der hochspekulierte HFX zu jener Zeit legendäre 6913 Punkte, dann folgt ein Crash. Doch schon am 11.1.1696 passiert Paradigmatisches: Regierungschef John Deader versichert politisch ubd ökonomisch Stabilität auf Jahrzehnte, was die Rückaneignubg politischer Macht und ökonomischer Ressourcen impliziert.


Die 1650-er sind intellektuell von der Integralphilosophie van den Kiffens geprägt, psychopolitisch von Nachuntergangsstimmung. 1652-1658, insbesondere Mitte-Ende 1656, prägen die katastrophalstmöglichen Verhältnisse eine ganze Generation mit Pessimismus und Negativität.


Die 1660-er sind eine interessante Zeit des Kampfes fremder Mächte um das Land, Pragmatiker und Avonturisten schmieden wechselnde Bündnisse; Söldnertruppen entstehen. Geistig ist nichts los. Das wird 1672-1676 mehr als nachgeholt, aber nicht zum Vorteil psychopolitischen Wohlbefindens.


Die 1670-er sind die eigentliche Zeit der Ohnmachtsverwaltung, und ab 1679 hört die Politik im eigentlichen Sinne auf und es gibt nur noch die Wirtschaft, und zwar in der Form permanenter Krise.


1685-1690 findet die abschließende demographische Katastrophe statt. 



Anmerkung von Jack:

„Totale Verwüstung des Landes, außenpolitisch die ungünstigsten Machtverhältnisse, klimatisches Pessimum. Andererseits immer antifragiler werdende geistig offene und fremdenfreundliche Bevölkerung; Arbeitsmoral bei steigender Not immer höher, Sparquote über 60%, Wirtschaft im jahrzehntelangen Notmodus wie ein perfektes Uhrwerk. Das ist nicht das Rezept für eine Endzeit. Was Deader am 11.1.1696 zum Ausdruck brachte, war kein „Wir können!“, denn das war seit Jahren klar. Es war ein: „Wir dürfen!“ - unseren Platz in der westlichen Machtpolitik behaupten. Wir sind die konstruktivste Macht unserer Zeit, keine Eroberer, Unterdrücker und Zerstörer. Wir haben das Recht (!), um unser politisches Überleben zu kämpfen. - So eine breite psychopolitische Moralbasis bereits 51 Jahre vor der Moralischen Revolution. Es war also eine Zeit der Katharsis, von den 1620-ern bis 1696, als wir wieder zum Subjekt der Geschichte wurden“.

Eric Bernard, 26.12.1914.

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