Alle 245 Textkommentarantworten von Ingmar

16.05.09 - Diskussionsbeitrag zum Text  Tempora von  Isaban: ""Bleiben wir dabei: Für dich ist der Text nicht ganz rund und das liegt an mangelndem Fluchtverhalten, an Mäusen und Vögeln und Katzenfutter und daran, dass die alte Katze Zeit nur zur Katzenhälfte die Mörderin ist." wer katze sagt, sagt auch, weil das zur katze gehört: beute. tote mäuse, tote vögel. katzenfutter. fluchtverhalten. katzendreck. so funktioniert sprache, was kann ich denn dafür."

16.05.09 - Diskussionsbeitrag zum Text  Tempora von  Isaban: ""tempora Die alte Katze Zeit holt dich stets ein: Milliardenmal zur Mörderin geworden ist sie geübt, sie schleicht auf Samtakkorden, leckt über Haut und Haar, frisst Jugend und verdaut Vergänglichsein." interpretation dieses textchens, für sabine. die zeit beschreibt die abfolge von ereignissen, hat also im gegensatz zu anderen physikalischen größen eine eindeutige richtung. diese richtung wird im text genannt, sie läuft richtung: du. die zeit ist in der menschlichen wahrnehmung wie in der physik als fortschreiten der gegenwart von der vergangenheit kommend zur zukunft hin beschreibbar. das 'du' wartet folglich in der zukunft darauf, von der zeit eingeholt zu werden. in der philosophie fragt man seit jeher nach dem wesen der zeit, was auch themen der weltanschauung berührt. indem die zeit als katze beschrieben wird, wie es das textchen der isaban tut, und die katze wiederum als wesen, das tötet, wird über die zeit ausgesagt, dass sie auch und gerade tod bedeutet. in den sprachwissenschaften bedeutet „Zeit“ die grammatische form der zeitwörter, das tempus. das tempus, das die autorin wählt, ist das präsens: die zeit findet für das aussagende subjekt stets im augenblick statt. wie eine katze ist die zeit, sagt das textchen und beschreibt den erhabenen prozess, in dem die katze ihr opfer (um)fängt, frisst und verdaut und jemand das betrachtet, was sich als steigerung einer mystischen gedankenfigur bis zur dreieinigung der widersprüche rezipieren lässt: die tat, das opfer und die beobachtende erkenntnis vereinigen sich auf einen punkt, der ewigkeit und momenthaftigkeit einschliesst. die ewigkeit ist tod. die zeit ist eine jägerin: sie "frisst Jugend und verdaut Vergänglichsein". nach der relativitätstheorie bildet die zeit mit dem raum eine vierdimensionale raumzeit, in der die zeit die rolle einer dimension einnimmt. dabei ist der begriff der gegenwart nur in einem einzigen punkt definierbar, während andere punkte der raumzeit, die weder in der vergangenheit noch der zukunft liegen als „raumartig getrennt“ von diesem punkt bezeichnet werden. es ist bezeichnend, wie das gedicht von isaban - unmerklich wie das tun der katze auf samtakkorden - diesen punkt anvisiert, aber weitet, dehnt, das töten der katze als langsamen prozess schildert, als fressen und verdauen, fressen der jugend, verdauen des vergänglichseins. kurz und knapp: die zeit kriegt jeden, wie eine katze eine maus, und hinterlässt am ende nichts als scheisse. i."

16.05.09 - Diskussionsbeitrag zum Text  Tempora von  Isaban: "nein, sondern begründet vor allem in deinem text, auf den sich meine 'interpretation' bezieht. (am rande, nochmals: ich habe versucht zu zeigen, wo dein text stolpert, meines erachtens. die angebliche interpretation, die ich vorgenommen haben soll, habe ich nur implizit vorgenommen. weil ich eine interpretation habe, konnte ich textkritik ausüben. mein kommentar ist weniger interpretation als textkritik. interpretation geht anders. ich zeigs dir kurz..."

16.05.09 - Diskussionsbeitrag zum Text  Tempora von  Isaban: "danke für deine antwort, sabine. natürlich lege ich deinem text nicht diese interpretation zugrunde, sondern glaube, ich erkenne die intention durchaus. unstimmig ist von dir bitte auch und gerade in dem sinn zu lesen, dass es keine harmonie erreicht, dein gedicht, so wie ich es erlebe, es eckt und kantet, statt rund zu sein. das wollte ich mit meinem kommentar zeigen. "Die alte Katze Zeit holt dich stets ein": ja, das kannst du schreiben, und hättest du geschrieben: die zeit holt dich stets ein, dann hätt ich das eine glückliche, eine gelungene, eine gute formulierung gefunden. du schreibst aber nicht, die zeit holt einen ein, sondern: die alte katze zeit holt einen ein. das ist etwas ganz anderes. und unschön gesagt, weil es nicht präzise ist, weil das bild schräg ist. ich stell mir eine katze vor, die etwas einholt. was könnte das sein, was die katze einholen möchte? du schreibst: "Wer sagt, dass die Beute prinzipiell auf der Flucht ist?" niemand. du schreibst: "Dazu muss sie doch erst mal merken, dass sie gejagt wird, nicht wahr?" richtig. aber dein vers, deine formulierung evoziert eben ein anderes bild. eine katze holt eine beute ein, wenn die beute auf der flucht ist, oder, wenn die beute nicht merkt, dass sie gejagt wird, ist die formulierung, dass sie von einer katze eingeholt werde, unglücklich. eine weitere winzigkeit, die ich nicht genannt habe, die den eindruck eines nicht eben ausgereiften texts verstärkt, wäre übrigens: "Die alte Katze Zeit holt dich stets ein: Milliardenmal zur Mörderin geworden..." auch hier: die zeit ist zur mörderin geworden, willst du sagen. ok. das kann ich akzeptieren, diese aussage. es ist nur so: du machst eine andere aussage. bei dir ist nicht die zeit, sondern die katze zeit zur mörderin geworden. eine katze kann allerdings nicht zur mörderin werden. katzen sind tiere. sie sind räuber, keine mörder. diese menschliche, moralische kategorie auf ein tier anzuwenden, ist - nicht falsch, nein. aber auch nicht eine denkerische glanzleistung. ingmar"

16.05.09 - Diskussionsbeitrag zum Text  Tempora von  Isaban: "Liebe Sabine, das hat jetzt nichts mit manmans kommentar zu tun, sondern bezieht sich allein auf deine aussage: "es gibt keine richtigen oder falschen Interpretationen" - schreibst du. nun ja, sabine. das ist schnell und leicht gesagt, und klingt einleuchtend. ist aber deswegen noch lange nicht wahr. es sei denn, interpretieren bedeute, irgendeinen quatsch verzapfen zu können, und das habe, quatsch hin, quatsch her, seine gültigkeit und müsse ernst genommen werden. hätte uns george w. bush erklärt, er habe (nachdem sein vater, bush sen., ebenfalls einen krieg gegen saddam hussein geführt hat) auch einen krieg begonnen, und zwar aufgrund einer inspiration beim lesen des evangeliums, wo es an einer stelle heisse, man solle auch stets auch noch die andere wange hinhalten - so würden wir wohl denken, bush habe das Neue Testament auf eine weise interpretiert, die zumindest, zumindest sehr sehr seltsam ist. ich stimme zu insoweit: es ist ein balanceakt, das verhältnis zwischen text und interpreten. einerseits werden freiräume eröffnet, aber - und das scheint mir schon wichtig - andererseits erlegt jeder text dem interpreten immer auch zwänge auf. zu diesem thema empfehle ich dir vielleicht, falls es dich interessieren sollte, den umberto eco zu lesen, die 'grenzen der interpretation'. ähnlich dir mißtraut eco den forderungen nach definierter klarheit. aber, wie es der titel seiner werks schon sagt, misstraut er ebensosehr den forderungen nach unbegrenzter interpretatorischer freiheit und zeigt in abgrenzung von den verschiedenen formen von interpretationsskeptizismus, -anarchismus und -nihilismus anhand plausibler beispielanalysen, daß nicht jede beliebige interpretationshypothese berechtigt ist. es erscheint mir wichtig und richtig, zum einen zwischen der interpretation eines textes und seinem gebrauch zu unterscheiden, zum anderen klarzustellen, dass es interpretationen gibt, die entschieden zu weit gehen, und die deshalb durchaus 'falsch' genannt werden können, und wohl auch sollten. grüsse, ingmar"

16.05.09 - Diskussionsbeitrag zum Text  Tempora von  Isaban: ""Ein gutes Gedicht. Das Bild von der Zeit als Katze gefällt mir: unbemerkt schleicht sie sich heran, schleimt sich ein und lässt einen ihre mörderische Natur vergessen, wenn sie nicht gerade dabei ist, eine Maus zu erlegen." hm. ich versteh deine bemerkung nicht ganz. die katze schleicht sich an, schreibst du, schleime sich ein und lasse einen ihre mörderische natur vergessen. warum sollte sie sich anschleichen? sie überfällt ja niemanden, sie will bloss kuscheln... hingegen: "sie lässt einen ihre mörderische Natur vergessen, wenn sie nicht gerade dabei ist, eine Maus zu erlegen" finde ich eine schöne, kluge sichtweise. ich finde nicht, dass isabans gedicht so zu verstehen, zu interpretieren ist. aber ich finde, das wäre eine richtige richtung jedenfalls, ein gedanke, der tatsächlich viel mit der 'zeit' zu tun hat, wenngleich eher in diesem sinn: man lebt in dieser zeit dahin, gutbürgerlich, behütet, und vergisst ihre mörderische natur: anderswo ist krieg, anderswo verhungern menschen, anderswo explodiert gerade jetzt eine bombe... grüsse, ingmar (Antwort korrigiert am 16.05.2009)"

25.03.09 - Diskussionsbeitrag zum Text  Ring frei von  Isaban: "ps. ich denke gerade, dass es vielleicht meine männlcihe sichtweise ist, die deinen schluss nicht sehen möchte. ich denke, vielleicht sind die letzten verse die worte, die der weibliche blick findet?!"

25.03.09 - Diskussionsbeitrag zum Text  Ring frei von  Isaban: "schöne diskussion, die ihr da führt... mir gefällt dein gedicht, sabine. es erinnert mich ein wenig an den wrestler-film, der gerade im kino läuft. die erste strophe holt mich sofort rein in diesen ring und in diesen augenblick, in die stille darin, die du im zentrum deines textes fokussierst. die zweite strophe verlässt das 'show' und wechselt zum 'tell': es wird erklärt, nicht mehr beschrieben. eigentlich mag ich das nicht gern lesen, ich lese ja eh selten sachbücher, aber hier störts mich nicht, katapultiert mich beim lesen lediglich aus dem ring und in die zuschauerreihen, in die perspektive, wo allerseits boxexperten und -expertinnen ihre meinungen kundtun. die dritte stophe aber fällt ab, ins grundlose: alles wurde schon gesagt, und besser gesagt zuvor; insbesondere 'Kurzurlaub von einer Welt, / in der die Hände Tacheles reden' ist ziemlich unglücklich formuliert und reicht bei weitem nicht mehr ran an alles, was 'waffenstillstand, feuerpause' evozierten. ich denke, die beiden letzten verse können (und müssen!) ersatzlos weg. wieviel stärker, wirkungsvoller es so trifft, dein gedicht, lies mal: Und wenn die Boxer dann einander samt Blessuren umarmen, in die Arme sinken, hat das mit Halt und Nähe nichts zu tun, es ist nur Waffenstillstand, Feuerpause, Augen zu und Atem schöpfen. - herzliche grüsse, ingmar"

13.03.09 - Diskussionsbeitrag zum Text  Und wenn die Nacht zu lange währt von  Isaban: "und ich bin sicher, das schaffst du auch, irgendwie! liebe grüsse, ingmar"

12.03.09 - Diskussionsbeitrag zum Text  Und wenn die Nacht zu lange währt von  Isaban: ""Da sind Fragen. Es geht um Fragen, auf die es keine definitive Antwort gibt - was die Nacht besonders lang macht." ich hätt beim lesen gerne die empfindung gehabt, die du intendiert hast. die fast unvergänglich scheinende nacht beim grübeln, das tiefer und tiefer geht. kann dazu nur redundant sagen: ist so nicht bei mir angekommen, oder nur auf arg intellektuellem weg, hat mich dabei aber nicht berührt. ingmar"

Diese Liste umfasst nur von Ingmar abgegebene Antworten bzw. Reaktionen auf Kommentare zu Texten. Eigenständige Textkommentare von Ingmar findest Du  hier.

 
/Seite /S.
Seite 1/25

Ingmar hat übrigens nicht nur Kommentare zu Texten geschrieben, sondern auch  eine Autorenkommentarantwort und  5 Antworten auf Gästebucheinträge verfasst.

Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram