Sonette

Das letzte Haus liegt hinter uns. Dem Knick der Straße folgend sind wir bald im Grünen. Auf krummen Pfaden geht es durch die Dünen, dann weitet sich auf einmal unser Blick. Da liegt der Strand, gestreckt und menschenleer, die See ist grau, der...

Das schwarze Blech auf drei stabilen Füßen umschließt die Glut, die Glut erwärmt den Rost; auf dessen Gitterstäben ruht die Kost: drei Stücke Fleisch, die den Betrachter grüßen. Ein Windstoß lässt die geile Ranke büßen, und weckt...

Die kleine Anne schaut voll Neid zu Frauen auf - hofft irgendwann erwählt auch sie ein netter Mann und schenkt ihr dann ein Hochzeitskleid. Sie wächst heran und sie gefällt ‘nem Kerl, der sie erst schmerzhaft schlägt und anschließend auf...

Er lebte glücklich dort inmitten der Dolomiten. Heimlich schlich er auf das Fest; da hat er sich verliebt und unsichtbar gelitten. Simildes Herz war nicht zu rauben. Enttäuscht hat er nach Schuld gesucht und seine Blumenpracht verflucht....

Nein, meine Liebe wird niemals vergehen, du zierliche Prinzessin aus Papier. Beständig drängt es mich, dich anzusehen. Du tanzt durch meinen Traum. Du ähnelst mir! Der böse Kobold wirft mich aus dem Haus und droht: Mein Boot soll lautlos...

Der Herbststurm liest die Zeitungsblätter vom Asphalt auf, bläst sie geschwind nach nebenan. Das graue Wetter wühlt tief in mir das Nachbarskind vom Boden. Alte Bilder liegen verstreut auf meinem Teppich aus, und Augen, die Jahrzehnte...

Tagelang hängt sie herum dort unter jener alten Brücke, nah am Fluss. In der Dämmerung wird sie dann munter, hofft flugs satt zu werden. Doch sie muss ihren Schlafplatz teilen mit Gestalten, ungewaschen und mit faulem Mund. Obdachlos....

An einem Sonntagnachmittag im Mai es nieselt gräulich – vom Lamettahimmel ist schon das Licht geflohn , und nebenbei schwirrt mir der Kopf von Alkorestgebimmel. Vielleicht wars doch zuviel Holunderwein? Ich bin allein wie sonntags leider...

Von gestern ist sie nicht, kein Märchentraum, mit beiden Beinen ganz auf dieser Erde, viel Arbeit, wenig Zeit und gar kein Raum bleibt ihr für Schw��rmerei und Steckenpferde. Doch manchmal heizt sie sich ein Pfeifchen an, entzündet Lust im...

Die Liebe war jung und wir lenzten auf schwingenden Ästen und aasten mit frischgrünen Tagen und kränzten uns Blüten ins Jahr. Wir vergaßen das Puzzeln, denn scheinbar ergänzten wir uns viel zu gut. Also passten wir nicht auf uns auf,...

Die Liebe ziert den kleinen Garten. Weiß-zart und duftend wächst Jasmin, blüht unter deinem Baldachin, umrankt von tausend Rosenarten in wunderbunter Farbenpracht: Von Mandarin, Rosé, Rubin bis hin zu Pink und Karmesin. Daneben steht und...

Es saß und passte viele Jahre gut und war für mich wie eine zweite Haut. Wahrscheinlich hätte ich mich nie getraut es abzulegen, denn das kostet Mut. Doch plötzlich sehe ich das schöne Seiden- Dress - will es spüren und probieren, bleibe...

Im Chatroom haben sie sich oft getroffen. Sie flirten schon seit Wochen: ‚Ladybird‘ scheint ziemlich lebensfroh zu sein und offen. Er wirkt hingegen schüchtern (typisch Nerd mit runder Brille, Rolli-Shirt). Doch hoffent- lich werden sie sich...

Er kam aus armem Haus und wollte einfach mehr. Das einstmals schmale Hemd, es wurde immer breiter, verhalf ihm doch sein Biss zu üppigem Salär. Bald war er nicht mehr Ross, dafür ein Boss und Reiter. Oft boxte er sich durch, dann schoss ihm...

Das Schweigen hatte ich schon lange satt. Es lag mir schwer im Bauch wie Wackerstein. Ich fraß brav, stopfte weiter alles in mich rein und hatte oftmals das Gefühl zu plat- zen. Niemals wollte ich mich öffnen, sprach kein Wort, hielt mich...

Sie wollte es (ja echt, kein Scheiß!) und ihn - ihn wollte sie noch mehr. Sie liebte ihn (weiß Gott! wie sehr) so heiß und innig: Träumte leis‘ von der Prinzessin, ganz in Weiß, von Vater, Muttersein und Kind, dass alle drei stets...

Hier unterrichtet man im freien Denken, intim und familiär erscheint der Ort. Ein Schweigen lastet bleischwer auf den Bänken, denn keiner meldet sich beherzt zu Wort; sie halten alle brav die Beine still. Schmutz wird sorgsam untern...

Sie stellt mir nach, sich zwischen mich und alle Welt, am Abend fällt sie ein in Prachtboulevards und hält in Hintergässchen Einzug, sich beharrlich in der Menschenmenge am Rest versetzter Wünsche fest, reißt meine Brust...

Minuten zähl ich, schätze die Sekunden in deiner Nähe, schon seit vielen Tagen. Du weißt, ich fühl mich eng mit dir verbunden. Längst wär es an der Zeit, den Schritt zu wagen. Beständig tret ich in die nächste Runde (Zur Unzeit will ich...

Wir nehmen uns die Freiheit, meint die Bande, als erstes nehmen wir sie andren weg. Wir rücken an aus unserem Versteck, sind skrupellos zu jeder Tat imstande, verbreiten Terror, Willkür, Angst und Schreck- nis mit der scharfen Waffe im Gepäck....

Anhören Lass dich von den Wolken tragen, schwebe schwerelos dahin, federgleich sollst du es wagen, leichte Anmut bloß im Sinn. Horizonte zu ermessen, lege dich nur auf den Wind. Du sollst die Gefahr vergessen, voll Vertrauen wie ein...

Es kommen hier und da noch Augenblicke, die nicht nach hier und nicht nach da gehören und meinen Denkrhythmus erheblich stören. Je mehr ich mich im Nachhinein verstricke, je weniger versteh ich, wie ich ticke. Das, was ich hatte, war nicht zu...

Anhören Du setzt neue Masken auf, andre Rollen zu erproben, fühlst dem Zwange dich enthoben, änderst starren Lebenslauf. Heute bist du Don Juan, morgen ein verlassnes Kind, schnell im Wechsel wie der Wind, handelst du im...

Penetrant ist der Gestank, widerlich nach Schnaps und Kotze. Lautes Schnarchen und Gerotze dringt hindurch zur letzten Bank. Auf dem Boden liegt ein Mann in uringetränkten Lumpen; aggressiv springt dieser Klumpen unschuldige Nasen an. Um den...

Der West bläst rau durch dein Geäst, er rüttelt, schüttelt dich und raubt die bunten Bilder, hinterlässt ein leeres Nest im kahlen Haupt. Ich halte deine Hand in Händen und streich die krummen Finger glatt,...

Der Backwahn hat die Frau gepackt und das zur besten Weihnachtszeit, vorm größten Fest der Christenheit. Schmeckt Fertigkram zu abgeschmackt? / � Wo Muttern Keks & Kuchen backt, wird Küchendienst Akkordarbeit, wenn Selbstgemachtes gut...

Gebeugt, auf den Kirchturm als Krückstock gestützt, so zeigt sich der Himmel bei spärlichem Licht als alternder Griesgram mit Narbengesicht. Die Ohren nur dürftig vor Kälte geschützt, mit Wolken, wie gräuliche...

Ich schreite blind durch blinde Städte, vorbei an blinden Fensterscheiben, verfolge „könnte“, „wollte“, „hätte“, ernähre mich von Wegrandeiben, vergifte mich und will doch bleiben, nur das nicht, was ich heute bin....

Und wären wir nicht mehr, so wäre da doch weiterhin die Erde, die sich dreht. Der Himmel ist mal trüb, dann wieder klar, und irgendwo auf diesem Erdball weht der Wind ein Blatt vom Baum. Es fällt und fällt, wie sanft...

als nasser klumpen fällt es zwischen uns: ein tonwort mehr, das letzte einer reihe. warum ich es dir diesmal nicht verzeihe? ich schweige, habe keinen blassen dunst - so sagst du oft genug - von deiner kunst, sei unbedarft und unbegabt, ein...

schatten werden mit mir alt und träge, rollen sich zusammen, katzengleich, dösen, mir zu füßen, schmiegsam weich, während ich mein missbehagen wäge, daraus eine furth zu bauen, stege in ein morgen, in mein...

Gefühls-Gambit Es war nur Spiel - war nur Scharade. Ein Zeitvertreib hast du gedacht. Hast kokettiert, zu laut gelacht. Doch ist missglückt dir die Parade. Dein letzter Zug war die Rochade. Hast einen Rückzug schnell gemacht. Doch...

Die Tage scheinen dünn wie Faltpapier aus Seide, abgezählt. Im freien Fall reißt du sie an dich, presst in Büchern all die mü;den, roten Blätter - schleifst sie dir an eine lange Schnur. Welch Feuerschweif!...

Herbstfülle Sieh’, wie das Jahr sich zur Vollendung drängt und stolz die reiche Ernte präsentiert, die prall und reif die bunte Welt jetzt ziert. Sich noch mit letzter Sonnenwärme tränkt. Natur hat sich im Überfluss behängt. Es ist, als...

Der Tag hält hinterm Berg mit seinem Licht, die Sonne fest in einer Wolkenschicht. Der Himmel ist bedeckt und nicht ganz dicht, von irgendwo fällt Glockenregen ein, und ich lieg hier im Bett allein, zieh mir die Decke über beide...

Als du den Ring verließt, ward ich geboren und rang um alles, was sie für dich hatten. Ich trat nach dir, trat nie aus deinem Schatten und habe mich ein Stück weit selbst verloren. Wir konnten niemals miteinander raufen. Schlug...

Die grauen Wolkenmonster rasen, reißen rasch auf. Ein rotes Feuerrad rollt raus. Der Abendhimmel blutet langsam aus, ergießt sich über einer schläfrig weißen Umgehungsstraße. Vor der letzten Kehre beschleunigt...

Ich malte unsren Sommer an die Wand in Wellenblau, das Meere nie erreichen, mit hellen Bernsteinaugen ohnegleichen und weißem Gleißen über trägem Sand. Ich tupfte Farben außer Rand und Band in tropengrünes...

Ich lag in meinem zweiten Heimathafen, der Koje meiner Braut, und irgendwie war ich allmählich halbwegs ausgeschlafen. Sie schnarchte eine kleine Melodie von süßer Leidenschaft und Harmonie. Mein Blick ging nebenher zum...

Von ihrem Heim ist ihr nicht viel geblieben: ein Stuhl, ein Tisch, dazu noch die marode barocke Mahagoniholz-Kommode; darüber hängen Fotos ihrer Lieben. Das Klärchen hat ihr Gott so früh genommen, daneben Franz aus...

Wir waren noch Kinder. Ein Zauber verband uns eng miteinander. Ein Märchen, wie wahr! Wir gingen zusammen durch jede Gefahr und hielten das Glück scheinbar fest in der Hand. Die Spur leuchtet hinter uns mondhell im Wald, doch finden wir...

Wie er, der Herbstwind, dich auf Flügelhänden bis zu den Wolken trägt, zum Himmel hebt und weiter, bis dein Atem schwindelnd schwebt im Wunsch, der Reigen möge niemals enden. Wie schnell kann sich das Blatt doch wenden. Wie...

Der Herbst - fürwahr ein launischer Geselle, er hält die Luft an, dass kein Hauch sich regt, dann bläst er backenvoll und schafft Gefälle, dass alles purzelt und verquer sich legt. Er liebt das Chaos, lässt die Hüte fliegen und hebt gar...

Mit schrägen Vögeln im Gefolge zieht die alte Herbstin wiederum durchs Land. Dem Wagen bunte Hunde vorgespannt und farbenfroh beladen, wie man sieht, bemalt sie auch gleich kunstvoll Ried um Ried und Baum nach Baum. Sie führt mit...

Im Ohrensessel sitzt sie, zupft das Futter raus, die Federn liegen schon frei. Sie puhlt und reißt und rupft, dann lässt sie das Gewölle fliegen. Der Schonbezug wird nicht geschont. Die krummen Finger kratzen, bohren sich...

In finstren Häuserschluchten glühen die Katzenaugen an den Straßenrändern. Das Wetter scheint sich wieder nicht zu ändern, in Pfützen sieht man dunkle Wolken ziehen. Hab keine Angst mein Kind, vorm Schwarzen Mann,...

Lass dich von den Wolken tragen, schwebe schwerelos dahin, federgleich sollst du es wagen, leichte Anmut nur im Sinn. Horizonte zu ermessen, lege dich nur auf den Wind. Du sollst die Gefahr vergessen, voll Vertrauen wie ein Kind. Denkst du aber...

. Du warst ihm Lehrling, Muse und Geliebte. Sein Name stand allein für das Genie – nicht deiner, die ihm all ihr Können lieh, denn du warst nicht ein Lehrling, der noch übte! Man blieb dir diese Anerkennung schuldig – sie hätte dir und...