Schreck, lass nach...!

Tagebuch zum Thema Geister

von  tastifix

Lang, lang ist es her, fast schon zwanzig Jahre.

Eigentlich glaubten der Papa meiner Kinder und ich ja nicht an Geister, eigentlich nicht. Nachts war es immer ruhig in unserem Haus, selbst um Mitternacht. Das sprach eindeutig gegen untote bzw. nur halbtote Mitbewohner.

Gespenster legen nämlich Wert auf einen geregelten Nachtablauf. Von Zwölf bis Eins wird sich daneben benommen, ab dann hält man die Klappe, die klirrenden Ketten klirren nicht mehr und man verzieht sich flugs ins Geisterverlies und stellte fest:
"Puuh, war das wieder ein aufreibendes Pensum!"

Leider täuschten wir uns. Wir täuschten uns so gründlich, was gruselige Umtriebe anging, wie wir es niemals vorher vermutet hätten.

In der besagten Nacht wurde ich wach. Irgendetwas stimmte nicht. Ich war so unruhig, obwohl ich doch gar keinen Albtraum geträumt hatte. Irritiert stierte ich in die Dunkelheit, dann auf den Herrn Papa, der da friedlich in seinem Bette freudvoll vor sich hin schnarchte.

Sauer drehte ich mich auf die andere Seite. Es war wohl doch alles normal. Schon halb wieder eingedusselt, schreckte ich abermals hoch. Da...da war doch etwas! Also doch kein Hirngespinst.

Ich spitzte die Ohren. Ja, da schlurfte jemand ganz leise an unserem Schlafzimmer vorbei. Ruckartig sauste ich in die Höhe, saß kerzengerade im Bett, plötzlich hellwach. Panik ergriff mich:

"Duhuuh!", versuchte ich meinen Mann wachzukriegen.
Das erwies sich als gar nicht so einfach. Wenn der schlief, dann weckte den so schnell nichts. Deshalb rüttelte ich wie verrückt an seinem Arm.

"Rrrr...!"
Immerhin eine Reaktion.
Ich gab nicht auf.
"Rrrr...Was..ist..denn...?"
Knurrige Miene, dann langsames Erkennen seines Eheweibes.
"Da..ist jemand im Haus!", bibberte ich.
"Quatsch, du hast geträumt!"
Der hatte gut reden. Aber ich wusste es besser und blieb dabei.
"Doch, hör`´mal!", drängte ich.

Seufzend rappelte er sich hoch, hockte dann gleich mir kerzengerade im Bett und lauschte tatsächlich.
"Hm!", meinte er und nochmals:"Hmm!"
Klang schon aufmerksamer.

Draussen ging leise die Küchentür. Die Küche ist in unserem Haus direkt diagonal zum Schlafzimmer zu finden.
Diesmal vernahmen wir ein deutliches Stühlescharren. Jetzt wurde es sogar meinem Manne zu bunt.
"Da ist tatsächlich jemand!", bemerkte er ach so zutreffend.
Ich nickte. Gott sei Dank, er hatte er es endlich geschnallt.

"Was machen wir jetzt bloß?", zitterte ich vor mich hin.
In Gedanken zogen sämtliche Krimis aus dem Fernsehen an mir vorüber. Ich sah mich schon gefesselt und geknebelt oder noch schlimmer, gevierteilt aurf dem Boden liegen.
"Besser, wir verhalten uns ganz ruhig!", gab meine andere Hälfte zu bedenken.

Den Vorschlag fand ich da ausgesprochen klasse. Von innerer Ruhe konnte bei mir keine Rede mehr sein. Ein Angstschweissausbruch jagte den nächsten. Bestimmt hatte mein letztes Stündlein geschlagen. Eigentlich hätte ich mir ja einen anderen Tod gewünscht.

Jetzt klackte es deutlich in der Küche. Klick, klack, ping, peng. Zweimal klapperte es unverschämt laut. Dann war plötzlich Stille.
Eine grauenhafte Stille, fand ich.

Wieso sollte ein Einbrecher ausgerechnet die Küche unsicher machen?
"Vielleicht hat der Hunger...?", fragte ich mich.
Schon wieder Klick.

"Also, ich halte das nicht mehr aus. Ich guck`nach!"
Bevor mein Mann etwas dagegen einwenden konnte, war ich mit einem hastigen Satz aus dem Bett und schlich auf Zehenspitzen in die Diele. Jetzt war es sowieso zu spät, um sich wieder zu verkrümeln. Nun hätte ich Mut zu beweisen.

Die Küchentüre war nur halb angelehnt. Ich riskierte einen furchtsamen Blick in die Küche. Das Erste, was mir auffiel, war der vollgepackte Küchentisch, auf dem alles stand, was eigentlich in den Kühlschrank gehörte. Dessen Türe stand sperrangelweit offen. Drinnen gähnende Leere.

Und davor??
Davor stand auf einem Küchenstuhl ein kleines Gespenst mit mir sehr bekannten grünen Augen und braunen Löckchen in seinem Teddybärenschlafsack. Es war ungefähr drei Jahre alt, hiess Martina, war das ältere meiner Zwillinge und ganz offensichtlich genauso erschrocken wie seine Mama.

Doch da ich im nächsten Moment vor Erleichterung laut lachte, verzog sich das vermeintliche Geistergesicht zum lausbübischen Grinsen und das Mini-Wesen sprach mit einer sehr menschlichen Stimme:
"Mama, hab` den Tisch gedeckt. Frühstücken!"

Ich tat einen raschen Blick auf die Küchenuhr. Es war eine Funkuhr. Ich erstarrte zum zweiten Male. Da stand deutlich zu lesen:
"5.00 Uhr!"
"Ach, du heiliger Bimbam...!", seufzte ich.

Schnell griff ich mir meine so reizend hilfsbereite Tochter und verfrachtete sie in der Jugendetage wieder in ihr Bett.

Mit leicht wackelnden Beinen marschierte ich zurück ins Schlafzimmer. Dachte ich darüber nach, was der Kleinen alles hätte zustoßen können...?
"Mit dem Schlafsack auf der Treppe ausrutschen, sich Finger, Arme und Beine brechen..."
Genau dann stoppte ich lieber meine Überlegungen!

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