Heut würd ich meine Enkelin kennenlernen - wenige Stunden erst war sie auf der Welt.
Meinen anderen Töchtern plus Anhang, seit ebenfalls erst wenigen Stunden zu Tanten und Onkeln ernannt - voran marschierte ich im Stechschritt gen Mama-Babyzimmer. Ich freute mich, war neugierig und trotzdem stand ich irgendwie neben mir. Es war wie im Traum.
Vor der Tür verhielt ich kurz:
"Dies wird ein ganz wichtiger Moment in deinem Leben!"
Dann trat ich ein. sah meine älteste Tochter im Bett liegen, im Arm ein kleines rosa Bündel. Das heißt, so winzig und zierlich, wie man es von Neugeborenen denkt, war dieses Paketchen gar nicht: Es brachte 53cm und 3765 g auf die Waage. Die Kleine hatte tatsächlich
deutliche Kringel an Ärmchen und Beinchen. Aber -was mir noch viel mehr auffiel: Sie war blond, ja blond und das, obwohl beide Eltern dunkelhaarig sind. Aber, damit daraus jetzt keine falschen Schlüsse gezogen werden: Tante Nummer Zwei und Tante Nummer Vier sind ebenfalls sehr blond auf die Welt gekommen und erst später erbräunt.
Wieso ich die Tanten nummeriere? Es sind vier an der Zahl und so ists einfacher.
Meine Tochter fühlte sich nach der schwierigen Geburt noch ziemlich schlapp und ich wollte sie aufheitern.
"Wie nur?", überlegte ich.
Und mir kam die passende Idee. Dazu muss man wissen, dass meine Tochter genauso leidenschaftlich gerne tanzt wie ihre Mama. Mich bekommt man nur schwer vom Parkett wieder runter.
" Sie ist ja so süüß!". strahlte ich meine Tochter an, beugte mich zu Winzigbündel und fand nach kurzem Suchen zwischen Strampeler- und Deckenfalten dann auch das niedliche Babyohr.
Gut vernehmbar flüsterte ich hinein:
"Duhuuh, hm, also, ich bin deine Omi!"
Na ja, all zu viel an Reaktion durfte ich ja nu nicht erwarten, aber immerhin bewegte sie den rechten kleinen Finger, was ich erleichtert als Zeichen des Einverständnisses wertete.
"Ich kanns also wagen ..."
Und fuhr fort:
"Kleines, sobald du trippeln kannst, bringt Omi dirs Tanzen bei!"
Meine Tochter lachte.
"Hach, geschafft, hab ich gut gemacht!"
Aber was meinte wohl Enkelinchen dazu? Es entfleuchte ihr irgend so ein Ton zwischen e und quietsch, was mich schon hoffen ließ. Aber es sollte anders kommen, ganz anders. Ihr Mündchen öffnete sich, formte ein O. Gespannt beobachtete ich es. Würde sie oder würde sie nicht? Doch das O wurde länger und schmaler und dann ...
Enttäuscht musste ich es hinnehmen, dass mein so sehr herbeigesehntes erstes Enkelkind mich, seine Omi, einfach herzhaft ausgähnte!!!
Es war niederschmetternd.
"Darf doch nicht wahr sein!!"
Im Stillen sank ich auf die Knie, flehend die Hände zum Kindelein erhoben:
"Wie kannst du nur? Ist dir denn nicht klar, was du deiner Omi damit antust??"
Aber ich wäre ja nicht ich, wenn ich klein bei gegeben hätte.
"So nicht! - Und du wirst doch tanzen lernen!!"
Aber böse sein konnt ich ihr trotzdem nicht. Dafür ist sie viel zu niedlich!!
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