Anna und Paul

Dialog zum Thema Menschen

von  rebell91

"Anna, ich bin müde. Ich möchte schlafen."

"Warte, ich lehne mich an die Wand, dann kannst du deinen Kopf in meinen Schoß legen."

"... Anna, ich habe Angst. Ich will zu Mama."

"Mama ist nicht da."

"Wo ist Mama?"

"Paul, - Mama ist im Himmel."

"Wann kommt sie wieder runter?"

"Mama ist für immer im Himmel, Paul."

"Ich will zu Mama."

"Noch nicht. Noch nicht, Paul. Wir kommen alle einmal in den Himmel. Früh genug, glaub mir."

"Nein. Der Peter nicht. Der Peter schießt auf Menschen. Der Peter darf nicht in den Himmel."

"Ich bin mir sicher, dass auch Peter in den Himmel kommt."

"Aber wenn er doch böse ist!"

"Jeder hat das Recht, in den Himmel zu kommen."

"Aber, Anna!"

"Psst, Paul, sei leise. Oder willst du, dass sie uns finden?"

"...Anna... was ist mit den Menschen die schießen? Die sind doch böse. Man darf nur in den Himmel, wenn man gut ist."

"Weißt du, Paul, wenn Menschen etwas Böses tun, dann bereuen sie es zu gegebener Zeit. Wenn sie es nicht bereuen, dann sind sie der Überzeugung, dass es richtig ist und dann haben sie ein reines Gewissen. Und dann, Paul, dann können sie in den Himmel."

"Anna, das verstehe ich."

"Schlaf ein bisschen. Wir werden morgen versuchen aus der Stadt zu kommen. Wir müssen viel laufen."

"Ich hab dich lieb, Anna."

"Ich dich auch, Paul."

"Anna... ich sehe nichts."

"Ich auch nicht. Aber ich kann dein Gesicht erkennen und ich fühle die Wand, den Türrahmen und deinen Kopf."

"Du gehst nicht weg, oder?"

"Ich bleibe immer bei dir. Uns wird nichts passieren."

"Woher weißt du das?"

"Mama passt auf uns auf."

"Woher weißt du das, Anna?"

"Sie hat es mir gesagt."

"Liebt Mama uns?"

"Mama liebt uns."

"Warum hat sie uns dann alleine gelassen?"

"Ich bin mir sicher, sie wäre gerne noch geblieben."

"Ich habe Angst, dass du auch gehst."

"Ich gehe nicht. Ich verspreche es dir."

"Schläfst du auch?"

"Nein, ich passe auf dich auf."

"Morgen darfst du schlafen, dann passe ich auf dich auf."

"Schlaf jetzt."

"Gute Nacht."

"Gute Nacht."

-

-





"Warum machst du ihm Mut?"

"Wer ist da?"

"Warum machst du dem kleinen Jungen Mut, Anna?"

"Wer spricht da? Wo bist du?"

"Hinten in der Ecke. Ich sitze schon seit gestern da. Ich habe euch gehört. Warum machst du ihm Mut? Du scheinst ganz schlau zu sein. Du müsstest wissen, dass die Lage aussichtslos ist. Die bringen uns alle um. Oder meinst du die nehmen Rücksicht auf euch?"

"Wir schaffen das."

"Ihr kommt nicht lebend da raus."

-

"Was ist?"

"Ich schlafe."

"Vielleicht ist das unsere letzte Nacht. Vielleicht schon unsere letzte Stunde."

"Und vielleicht ist es nur ein Lebensabschnitt der - der scheiße ist."

"Das ist ziemlich nett formuliert."

"Ich weiß. Ich werde jetzt schlafen."

"Wolltest du nicht auf den Kleinen aufpassen, Anna?"

"Das tust du doch. Du passt doch auf uns auf, oder?"

"Wir müssen zusammenhalten, oder?"

"Versuchst du morgen mit uns aus der Stadt zu kommen?"

"Ob ich heute oder morgen sterbe, ist egal."

"Das deute ich als ja."

"Schlaf."

"Danke."

"Danke... Das ist was wert, zu diesen Stunden. Niemand hat Zeit dafür. Nichts ist sonst mehr wert, als diese kleinen Dinge."

-

"Anna?"

-

"Anna?"

-

"Schlaf. Schlaft. Schlaft in eurer letzte Nacht."

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Kommentare zu diesem Text


 MrDurden (06.03.07)
Der Dialog ist der Hammer, man fühlt sich als wäre man mit ihnen in dem Zimmer. Sehr gefühlvoll und berührend, vor allem die Unterhaltung von Anna und Paul. Und auch den Schluss hast du wieder super hingekriegt

 rebell91 meinte dazu am 06.03.07:
du krigst den preis für die person die mich in letzter zeit am meißten rotanlaufen lässt.
DANKE DANKE DANKE für deine lieben kommentare.
Grüße!
susi
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