Einst lebte ein Mann mit Frau und Kind,
das letztere genannt nur Rosalind.
Im adretten Häuschen einer kleinen Stadt,
die das königliche Schloss zum Nachbarn hat.
Doch wie es im Leben meist so geht,
das Schicksal selten gut Ding’ versteht.
Da der Kaufmann ein Geizhals übelster Art,
wurd’ oft am Feuerholze im Haus gespart.
Und so war der Frau alsbald bewusst,
dass sie am Dauerschnupfen sterben muss.
Als man sie schließlich zu Grab getragen,
und die Schmach des Geizes tief vergraben.
Dacht sich der Mann, in seiner Einsamkeit,
dass es wohl wieder wäre an der Zeit.
Sich erneut eine Gemahlin zu erwählen,
und tat sich aus seinem Trauerpanzer schälen.
Machte hinter dem Rücken seiner Rosalind,
einer Dame den Hof, und ganz geschwind.
Steckte er den Ring seiner verstorbenen Frau,
ans Fingerlein der alten Kammerfrau.
Doch hatte sie ihm verschwiegen ihre Schande,
überraschte ihn des Nächtens mit Familienbande.
Zwei Mägdlein so anmutig vom Angesichte,
Herzen aus Stein, und im Kopf nicht ganz lichte.
Doch von königlichem Blute, war die Brut,
der Vater war seine gnädigste Hoheit, König Knut.
Der Kaufmann dachte: „Ei wie stell ich es nur an,
damit ich die Weiber wieder loswerden kann?“
So brachte er sie schließlich zu seiner Rosalind,
oh welch Tragödie für das unschuldig Kind.
Er wollte frei von seinen ehelichen Pflichten sein,
spannte sogleich die Pferde in die Kutsche ein.
Meinte, er müsse nun wieder auf Reisen gehen,
sein Töchterlein wird das sicher schon verstehen.
Um die Gemüter der Familie gütlich zu stimmen,
begann er sich dann doch noch zu besinnen.
Und fragte sie: „Welch kostbaren Tand,
soll ich Euch mitbringen aus dem fernen Land?“
Perlen und Edelsteine wollten die verzogenen Gören,
nur Rosalind wollt sich mit einem Haselreis betören.
Ihm wurd’ nun bewusst, warum sein Töchterlein,
die Liebste stets ihm war im Familienverein.
Ihr Lebenswandel, war doch stets bescheiden,
deshalb konnte er sie auch immer noch leiden.
Und so zog er von dannen, ein letzter Kuss,
der Rosalinds Schicksal bitter trüben muss.
Denn kaum war er fort, der geizige Mann,
ein neues Kapitel dieser Geschichte begann.
Niedergedrängt vom Weibsvolk im Haus,
begann für das Kind nun der schlimmste Graus.
Neidisch auf alles was Rosalind nannte ihr Eigen,
wollten die Gören und die Mutter ihr zeigen.
Welch Genuss es doch ist den Staub zu schlucken,
wenn sie es wage, nur einmal aufzumucken.
Sie nahmen ihre Kleider, ihr Zimmer, ihr Heim,
und sperrten sie unten in der Küche ein.
Von nun an musste sie den Haushalt besorgen,
war die Erste die aufstand am hellen Morgen.
Die Damen wollten sich nicht schmutzig machen,
stattdessen begannen sie das Mädchen auszulachen.
Weil ihre Lagerstatt am Feuer in der Küche,
bestäubten sie Asche und die Essensgerüche.
So wurde aus Rosalind, der wunderschönen Maid,
das schmutzige Aschenputtel, nach dem jeder schreit.
Dauernd taten ihr die bösen Weiber Herzensleid an,
dass oft eine Träne auf das Grab ihrer Mutter rann.
Doch ihre Mutter hatte ihr einst stets klargemacht,
das blinder Zorn noch niemals etwas gebracht.
Geduldig und fromm sollte sie ihr Leben begehen,
dann werde sie bald schon einen Lichtblick sehen.
Schließlich kam der Vater von seiner Reise zurück,
Aschenputtel hoffte nun auf das große Glück.
Endlich der Herrschsüchtigkeit zu entgehen,
und vom Vater ein bisschen Beistand zu erflehen.
Doch der Vater, stolz auf sein Töchterlein,
dem fiel überhaupt nichts auf, nur eines ein:
Mit ihrem Verzicht auf Prunk und Bequemlichkeit,
und dem Tragen von einem gewöhnlichen Kleid.
Würde sie weiterhin auch nur sein Gelde sparen,
und den Reichtum der Familie bewahren.
Während die Gören sich in ihren Kleidern drehten,
die fremde Hände im fernen Lande für sie nähten.
Überreicht ihr der Vater stolz mit glitzerndem Aug’,
den Haselnussreis, von einem Baume geraubt.
Die Mädchen verlachten ihr ungeliebtes Schwesterlein,
„so dumm kann wirklich nur das Aschenputtel sein.“
Sie jedoch pflanzte das Reis auf das Grab der Toten,
und begoss es mit Tränen aus Augen, den Roten.
„Ach geliebte Mutter“, schluchzte das traurige Kind,
das des Einsten da noch genannt wurd’ Rosalind.
Ihre heißen Tränen ließen Wunder gescheh’n,
aus dem Reis wurde ein Baum, so wunderschön.
Es war der Geist ihrer Mutter, der ihr so nah,
die sie stets in ihren Träumen noch immer sah.
Und hatte es einen Wunsch, aus tiefstem Herzen,
der Baum gab ihr gnädig, und stillte die Schmerzen.
Diese Freude blieb vor allen anderen verborgen,
so hatte das Kind ein paar weniger Sorgen.
Doch bald schon sollte das Blatt sich wenden,
ein neues Kapitel liegt nun in meinen Händen.
Dem König war der Übermut seines Sohnes leid,
in seinem Alter hatte er selbst schon längst gefreit.
Nach dem Herz der holden Kundigunde, seiner Frau,
die so sittsam, schön und mächtig schlau.
Um den Sohne endlich zu den Pflichten zu bekehren,
ersann sie eine List, dagegen konnte er sich nicht wehren.
Und so wurde es alsbald im Lande verkündet,
der Prinz wird heiraten, wenn die Liebe zündet.
Auf der nächtlichen Lust, im Königshause,
sucht er sich eine Braut, bei der großen Sause.
Verzückt von der Aussicht auf vollkommene Macht,
haben die Gören samt Stiefmutter sich gedacht.
Wie könnt’ man den reichen Stenz umgarnen,
das am End’ sich zeigt, die Lieb’ in Erbarmen?
Denn Vaters Geiz war kaum noch zu ertragen,
drum sucht man sich Heil in anderen Lagen.
So machten sie sich allesamt auf zum Schneider,
der ihnen nähte, pompös verzierte Ballkleider.
Damit, so dachte sich die verschlagene Brut,
wird am Ende doch noch alles gut.
Aschenputtel wäre gerne zum Balle mitgekommen,
doch hat die Stiefmutter ihr den Traum zerronnen.
„Dummes Ding, hast keine Kleider und keine Schuh,
wie willst Du da tanzen, lass mich doch in Ruh’!“
Doch das Mädchen bettelte und weinte so sehr,
so musste ganz schnell eine Ablenkung her.
„Lies die Linsen in zwei Stund’ heraus,
dann brauchst Du nicht bleiben, hier zu Haus.“
Reichte ihr den Topf mit Asche und Linsen,
und konnte nicht unterdrücken, ein fieses Grinsen.
Doch Aschenputtel lief schnell in den Hof hinaus,
und bat die Täubchen zum galanten Schmaus.
„Die guten ins Köpfchen, die schlechten ins Kröpfchen“,
rief sie laut ihnen zu und schwang ihr Zöpfchen.
Die Täubchen gar nicht müßig, pickten im Nu,
so hatte das Mädchen vor der Arbeit ihre Ruh.
Rasch lief sie um einzufordern der Mutter Versprechen,
doch die hatte nichts Andres im Sinn, als es zu brechen.
Denn erneut schickte sie das Kind zum Linsenlesen,
und tat so als wäre nichts gewesen.
Und wieder halfen ihr die fleißigen Vögelein,
tüteten alle guten Linsen sorgfältig für sie ein.
„Für Dich müssten wir uns schämen dort am Hofe,
so schmutzig wie Du bist“, sprach’s die Kammerzofe.
Schließlich machten sich die pompösen Damen hinfort,
das Kind ging rasch zum Baume, am Grabesort.
„Bäumchen rüttle Dich und schüttle Dich,
wirf Gold und Silber über mich!“
Und aus den knorrigen Ästen schüttelte der Baum,
ein Kleid mit Gold und Silber, welch ein Traum!
Auf dem Balle war nun Brautschau angesagt,
hat sich der Jüngling auch noch so sehr beklagt.
Gelangweilt beobachtete er das bunte Treiben,
denn mochte er keine der Heiratsfurien leiden.
Auch bei den Töchtern der alten Kammerfrau,
wurde ihm im Magen so ziemlich flau.
Als Puttel den Saal mit ihrer Anwesenheit erhellte,
der Prinz sich verzaubert gleich zu ihr gesellte.
Galant macht er ihr den Hof und bat sie zum Tanz,
kein Anwesender erkannte sie in ihrem schönen Glanz.
So schweben die Stunden der Freude dahin,
der Prinz sah in ihr schon seine Königin.
Doch sie entfloh ihm schneller als er schauen kann,
strengte er auch sofort eine Verfolgungsjagd an.
Ins Taubenhaus beim Kaufmann sei sie wohl geflohen,
die Spur hätte sich dort sehr schnell verloren.
Mit einer Axt bewaffnet, das Taubenhaus niederzuhauen,
das tat ihm eh sehr viel Geld fürs Vogelfutter klauen.
Doch in dem Häuschen war die Prinzessin nicht,
Prinz und Gefolgschaft machten ein dummes Gesicht.
Auch am nächsten Tag ging das Mädchen zum Baum,
das ihr wieder schenkte, ein Kleid wie ein Traum.
Erneut war sie die Schönste von Allen auf dem Ball,
und brachte wieder die Pläne der Alten zu Fall.
Der Prinz schwebte verzückt nur mit ihr über’s Parkett,
und machte so den Ärger mit der Stiefmutter wett.
Doch wie schon den Tag zuvor glitt sie ihm hinfort,
wieder verfolgte er das Mädchen zum selben Ort.
Aber diesmal war der Birnbaum sein Versteck,
als sie mit der Axt kamen, war sie längst wieder weg.
„Könnte sie vielleicht die fremde Prinzessin sein?“
dachte der Vater bei sich, schaute bei Puttel rein.
Doch sie lag friedlich am Ofen wie jede Nacht,
so verwarf er ganz schnell wieder seinen Verdacht.
Der Prinz überlegte stundenlang, ersann eine List,
damit sich das Mädchen nicht noch mal verpisst.
Als sie erschien am Hofe, rief er gleich den Seppe,
„Streich mir mit Pech ein, die ganze Treppe.“
Befahl er dem Diener und führte sie zum Tanz,
völlig entzückt von ihrem stolzen Glanz.
Die Stiefmutter und ihre Töchter platzten vor Neid,
doch langsam wurde es für Aschenputtel wieder Zeit.
Gerade als der Prinz sich anschickte sie zu fragen,
ob sie seine Braut sein wolle, begann sie zu klagen.
Wie hungrig sie doch sei, und der edle Fast-Gemahl,
ging zum Büffet, während sie sich aus dem Saale stahl.
Nun stürzte das ganze Weibsvolk auf den Prinzen ein,
in der Hoffnung am Ende doch noch die Braut zu sein.
Doch der junge Mann eilte der Schönen hinterher,
denn außer ihr, wollt keine Andere er mehr.
Aschenputtel rannte, als ginge es um ihr Leben,
in der Hast blieb ein güldner Schuh am Peche kleben.
Der Prinz der schnell herbeigeeilt, erkannte das Glück,
die Braut war fort, nur der zierliche Tand blieb zurück.
Und es entschloss sich der Prinz sie suchen zu gehen,
dort wo er sie zwei Mal schon hatte entschwinden sehen.
So kam er erneut an des geizigen Kaufmanns Haus,
und bat alle jungen Damen gar schleunigst hinaus.
Um zu probieren den zierlichen Schuh aus Gold,
mit ihren schönen Füsslein, so seidig und hold.
Die älteste der Töchter wollte es zuerst versuchen,
doch begann sie bei der Anprobe schnell zu fluchen.
Denn die große Zehe, oh welch Graus, war viel zu groß,
drum bedrängte die Mutter die Tochter, welch arges Los.
Der große Zeh fiel zum Opfer, der Scheinheiligkeit,
die aus Gier und Machtverlangen zu allem bereit.
Der edle Herr ließ sich täuschen, war’s ihm vielleicht,
welche Braut er sich da nahm, gar völlig gleich?
Oder hatte er gänzlich Tomaten auf seinen Augen,
die Vögel unterm Himmel, konnten ’s nicht glauben.
Deshalb die Täubchen auf dem Grabe begannen,
ihr Lied zu singen, als der Prinz wollte von dannen.
„Rucke di guck, rucke di guck, Blut ist im Schuck,
der Schuck ist zu klein, die rechte Braut sitzt noch daheim.“
Die falsche Braut, sie kreischte laut auf vor Schmerz,
als der Prinz betrogen sah sein ehrliches Herz.
Reichlich verärgert ritt er rasch zurück zum Haus,
und forderte die zweite Tochter barsch heraus.
Jene zog sich ebenfalls zurück in ihr Kämmerlein,
um ungestört von allen Augen zu sein.
Doch oh weh, bei ihr war’s die Ferse die nicht passte,
die Mutter zischte: „Schlag sie ab, die Verhasste.
Brauchst nie mehr zu Fuß gehen, bist Du Königin,
tu’s jetzt oder nie, Du dummes Ding.“
Und so trat sie schließlich heraus mit dem Schuh,
zwar ohne Ferse, doch innerlich mit tiefer Ruh.
Der Prinz er strahlte, glaubte er sich doch im Glück,
doch auch diese falsche Braut bracht er schnell zurück.
Als auf dem Grabe der Mutter die Täubchen sangen,
hätt’ der Prinz das Weib am liebsten aufgehangen.
„Auch dies ist nicht die rechte Braut“ polterte er,
„bringt mir sofort eine andere Tochter her“.
Die Stiefmutter meinte sie hätte keine Tochter mehr,
doch da ging kam ganz flugs der Kaufmann daher.
„Von meiner verstorbenen Frau ist da noch ein Töchterlein,
doch das kann unmöglich die gesuchte Prinzessin sein!“
Der Prinz sehr interessiert, verlangte sie zu sehen,
das wollte die Stiefmutter erst gar nicht verstehen.
„Die ist viel zu schmutzig, um vor Euch zu erscheinen“,
begann die Alte aus Neid zu greinen.
Der junge Mann jedoch ließ sich nicht beirren,
auch nicht vom Augengeklimper der Mutter verwirren.
So wurde das Aschenputtel schließlich doch gerufen,
es wusch sich schnell und stieg herab die Stufen.
Der Prinz mit dem güldenen Schuh sie empfang,
und in ihren Ohren schon Hochzeitsmusik klang.
Wie angegossen saß er an ihrem zarten Füßelein,
rief der Prinz: „dies muss die rechte Braut sein!“
Und er erkannte ihr strahlendes Angesicht wieder,
die Täubchen am Grabe sangen ihre Lieder.
„Rucke di guck, rucke di guck,
kein Blut ist im Schuck.
Der Schuck ist nicht zu klein,
die rechte Braut, die führt er heim.“
Und als die Hochzeitsglocken dann erklangen,
kamen sie schmeichelnd, die bösen Schlangen.
Doch die Strafe folgte auf dem Fuße gleich,
und malte ihnen die Gesichter Kreidebleich.
Denn die Täubchen schenkten ihnen Dunkelheit,
zerpickten ihnen die Augen, welch großes Leid.
Gestraft mit Blindheit, mussten sie gehen,
und waren seit je her nie mehr gesehen.
Der Kaufmann hatte nun wieder allein sein Haus,
denn er schmiss die Alte auch gleich noch raus.
Glücklich sein Töchterlein an den Mann gebracht,
hatte die Reiselust ihn erneut gepackt.
Sein Geld musste er nur noch für sich einteilen,
so konnte er dort wo er mochte ewig verweilen.
Von seinen Reisen kehrte der Geizhals nie zurück,
vielleicht fand er woanders noch sein Glück.
Und Aschenputtel das einst so arme Kind,
wurd’ im Schlosse wieder zu Rosalind.
Auf ewig hielt die Liebe ihr Herz gefangen,
auch der Prinz hat gestillt sein großes Verlangen.
Aus zwei wurde drei und schließlich auch vier,
dies ist nun das Ende, und ich schließe die Tür...
(c)by Arcana Moon