Auf weiter Flur allein!

Erörterung zum Thema Anpassung

von  tastifix

Stellen Sie sich vor, Sie und Ihr Partner wachen morgens auf und sind die einzigen Lebewesen auf dieser weiten Welt. Keine Mitmenschen, keine Tiere mehr, ausschließlich die Natur ist dieselbe geblieben.

Das Grauen ob der Erkenntnis des Alleinseins, der Schock wegen des Verlustes sämtlicher Angehörigen und Freunde sowie der dann anfänglichen Hilflosigkeit gegenüber der gänzlich veränderten Lebenssituation, die in keinster Weise vorhersehbar und damit einkalkulierbar gewesen ist, drückt Sie nieder und führt in Depressionen ähnelnde Zustände, lässt Sie sich fast aufgeben.

Doch ein Minimum an Überlebenswille ist geblieben, wächst und wächst und verhindert letztendlich, dass Sie in eine dann auf Dauer gesehen für Sie tödliche Apathie verfallen und unter dieser extrem veränderten Bedingungen nur noch dahinsiechen. Sie und Ihr Partner richten sich gegenseitig wieder auf. Ihr Kampfgeist ist geweckt:
"Wir werden leben, wenn auch anders!"

Allerdings verliert ein beträchtlicher Teil des bisherigen, wissenschaftlichen Erkenntnisse und Errungenschaften des modernen Fortschrittes ab dann seine Bedeutung, da es in der Praxis einen großen, fachlich bestens vorgebildeten Mitarbeiterstab erfordert, sie weiterzuentwickeln und zu nutzen. Für nur zwei Menschen allein, sogar dann noch, zählen Sie  zu den Genies, ist diese Aufgabe nicht zu bewältigen, so dass all dies letztendlich nur noch als Literaturwissen besteht. Deshalb bleiben Ihnen viele Errungenschaften des früheren, hochzivilisierten Lebens endgültig allein als Erinnerung. Irgendwann sind die Strom- und Benzinvorräte aufgebraucht. Damit verschwinden der Computer, das Fernsehen, das Telefon, auf Dauer gesehen die gesamte moderne Haushaltsführung sowie der Flug-, Bahn- und Autoverkehr.
Geld hat keinerlei Wert mehr.


Dennoch ist nicht alles verloren und umsonst erkannt.
Um eine Unterkunft brauchen Sie sich nicht zu sorgen. Diesbezüglich haben Sie höchstens die Qual der Wahl. Für einige, wenige Jahre ist aufgrund der enormen Lebensmittelvorräte in den verwaisten Geschäften auch die fleischliche Ernährung gesichert. Bekleidung jeglicher Art finden Sie massenweise.

Während dieser noch relativ sorglosen Zeitspanne stellen Sie sich notgedrungen auf eine einfachere, mühsamere Lebensführung und die langsame Nahrungsumstellung auf vegetarische Kost ein. Die medizinischen Erkenntnisse um die Heilkräfte aus der Natur und das Wissen um den Ackerbau unter Einsatz einfacher Gerätschaften erweisen sich als überlebensnotwendig. Als Fortbewegungsmittel bleibt Ihnen das Fahrrad und ermöglicht es Ihnen, nach Gutdünken „Ihre Erde“ zu durchstreifen.

Dieses neue, härtere Leben verlangt Ihnen viel Ungewohntes an Einsatz ab, jedoch erschließen sich Ihnen auch positive Aspekte. Es existiert keine Milliarden Menschen zählende Gesellschaft und damit kommt es auch nicht mehr zu landübergreifenden, zerstörerischen Konflikten, den Kriegen. Die Natur und Sie und Ihr Partner stellen das Gesetz über Ihr Leben!

Das bedeutet einen hohen Anspruch an Sie: Die zwischenmenschlichen Spannungen im Zusammenleben können sich intensivieren, da sich die Kommunikationsmöglichkeiten auf Sie Beide beschränken, ansonsten kein geistiger Austausch stattfindet. Sie sind extrem aufeinander angewiesen. Ein Alleingang kann nicht nur gesundheitlichen Schaden und damit Minderung de3r noch bestehenden Lebensqualität bedeuten, sondern führt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in den Wahnsinn.

Daher werden Meinungsverschiedenheiten zwar sehr heftig, aber kurzzeitig ausgetragen, denn nur zu zweit hat man eine Zukunft. Mit eiserner Disziplin und erstaunlicher Energie bewahren Sie sich geistiges Gut aus Ihrem ehemaligen Leben. Die Literatur sämtlichen Genres unterstützt Ihre geistige Flexibilität und verhindert, dass Sie abstumpfen, gibt Ihrem Leben einen zusätzlichen, wichtigen Inhalt und trägt zur Zufriedenheit bei.

Irgendwann werden Sie eine Familie gründen.
Irgendwann gibt es wieder Fortschritt.

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Kommentare zu diesem Text


 BrigitteG (25.04.07)
Hallo Gaby. Diese Situation liest sich bei Dir ja doch eher noch optimistisch - ich fände sie grauenhaft. Alleine die Vorstellung, dass es irgendwo anderen Menschen genauso geht, und sie unerwartet um die Ecke biegen - na, das gäbe einen Herzkasper bei mir... Es muss ein sehr stressiges Leben sein, ein sehr einsames und oft sehr hilfloses. Wir sind so auf die Technik geeicht, die Hilfsmittel, darauf, dass es immer andere Menschen gibt, die über wichtige Dinge Bescheid wissen - puh, nee. Und Jahrzehnte lang nur mit einem Menschen reden können, das wäre auch nichts für mich *g*.
Hochinteressant fände ich das allerdings einen Tag lang, das würde ich gerne ausprobieren... Liebe Grüße, Brigitte.

 tastifix meinte dazu am 26.04.07:
Liebe Brigitte!

Der Optimismus allein gibt unter solchen Bedingungen die Kraft dazu, weiterzuleben.
Zwar haben wir den Wissensstand der Moderne gespeichert, aber sind gezwungen, so zu leben wie die Menschen vor Jahrhunderten.

Ich könnte auch nicht ausschließlich nur mit einem bestimmten Mitmenschen über Jahre hinweg reden. Aber in dieser fiktiven Situation bliebe ja keine andere Möglichkeit.

Es für einen einzigen Tag lang auszuprobieren, brächte Dir nichts. Du wüßtest, nach diesem Tag kehrtest Du wieder in Dein gewohntes Leben zurück. Es wäre also nur ein kurzes Abenteuer.

Lieben Gruß und noch einen schönen Sommer(*g*)tag!
Gaby
RobertBlack (30)
(26.04.07)
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 tastifix antwortete darauf am 26.04.07:
Hallo Robert!

Die Idee zu diesem Text kam mir auf einem einsamen Spaziergang.
Ich freu mich sehr über Dein Lob - dankeschön!!

Lieben Gruß
Gaby
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