Compuuter!

Bericht zum Thema Internet

von  tastifix

Früher wollte ich nichts von ihm wissen, erklärte die Leute, die sich mit ihm einließen, für durchgedreht. Das tat ich genau so lange, bis es denn eines Tages mich selber erwischte.

"Mama, das gehört einfach zum modernen Leben dazu!", rüttelten mich meine Töchter wach.
"Mit Hilfe der Computer kannst Du Dir innerhalb weniger Minuten jede nur erdenkliche Information beschaffen, vergiss das nicht!", drängten Freunde und Bekannte.

Eine Zeitlang hörte ich ihnen nur zu, verdrehte die Augen zur Decke und baute einen inneren Schutzwall auf, der da hieß:
"Ich will aber nicht!!"

Zu meiner Schande muss ich gestehen, mit jedem weiteren Du-Solltest-aber-Gespräch schwand meine Immunität mehr und mehr. Ich ärgerte mich schwarz, aber ich hatte mir einzugestehen, dass deren Steter-Tropfen-Höhlt-den-Stein-Gerede um und über diesen Kasten genau das mit mir anstellte. Mein Trotzschild bekam Löcher und war sehr bald für mich nicht mehr durch neuen Widerstandsmut zu stopfen, ähnelte schließlich in erschreckendem Maße meinem Küchensieb, das gleich dann mir nur allzu vielem Durchlass gewährte.

Ich gab klein bei, resignierte, war sauer auf mich, dass ich doch tatsächlich mich dazu überreden ließ, mir diese technischen Kameraden sogar einmal auf Sicherheitsdistanz im Geschäft anzusehen. Das hätte ich mal besser bleiben lassen sollen. Nur ungern gab ich es zu, dass da verflixt attraktive Computer-Exemplare angeboten wurden.

Scheu musterte ich sie. Eigentlich machten die doch gar nicht so einen gefährlichen Eindruck. Sie wirkten im Gegenteil eher ruhig und gelassen, als ob sie es so gar nicht faustdick hinter ihren Bedienungsknöpfen hätten. Auch die Tatsache, dass sich deren Anzahl in sehr eng bemessenen Grenzen hielt, machte sie mir bereits ein wenig sympathischer. Ich zählte nach: Da guckten mir doch tatsächlich nur zwei Knöpfe entgegen.

Zwanghaft überlegte ich:
"Sei vorsichtig! Du kennst doch dein überragendes Verständnis für alles Technische!!"
Zu Ihrer Information: Es bewegt sich auf der Technic-Freak-Skala zwischen Null und Minus Hundert. Seuufz.

"Guck` Dir doch mal dieses elegante CD-Fach an - es hat auch nur einen Knopf! Und der tolle Ein-Aus-Knopf in seiner makellosen Kreisform ist ja wohl ´ne Wucht!"
Hätte ich da mal die Rückwand einer dieser Wunderkisten betrachtet, wäre ich eventuell noch zu retten gewesen. Aber nein, ich starrte wie hypnotisiert auf diese beiden vorderen Knöpfe, als ob ich noch nie im Leben etwas auch nur annähernd so Tolles gesehen hätte.

Schlagartig wurde mir klar, dass ich unbedingt auch einen Computer brauchte, schon allein deswegen, damit ich nach Lust und Laune eben jene Knöpfe betätigen und mir dann triumphierend würde sagen können:
"Das Ding gehorcht mir tatsächlich. Ich bin auf dem besten Weg, eine Computerspezialistin zu werden!!"

Meine Miene wurde weicher und weicher. Zärtlich streichelte mein Blick das Outfit eines der Geräte. Dies wiederum blieb weder dem Papa meiner Kinder, dem geliebten Nachwuchs und auch den ebenfalls geliebten Freunden verborgen.

Deren Mienen wurden stetig zufriedener. Doch noch übten sie sich in Zurückhaltung.
"Bloß jetzt kein falsches Wort. Sie hängt ja schon an der PC-Angel!"
Da hatten sie alle leider Gottes mehr als Recht und ich keine Kraft mehr, dem zu widersprechen. Um mich wars geschehen.

Ich würde mich in den weltweiten Freundeskreis dieser kantigen Gesellen einschleichen, mich regelrecht einschleimen in der Hoffnung, all jene Computerfans stünden mir denn bald zur Seite, wenn ich rettungslos verloren vor dessen Bedienungsanleitung säße und nur noch Bahnhof verstünde. Falls überhaupt!

Kurz darauf eröffnete ich denn all diesen netten Mitmenschen:
"Na ja, ´nen Computer wäre ja doch nicht schlecht!"
Sie brachen in Begeisterungsstürme aus.
"Siehste, Mama wird endlich vernünftig!"
Die ihres gewagten Entschlusses wegen unsicher vor ihnen stehende Mama wäre da am liebsten im Boden versunken - so doof kam sie sich vor.

"Nein, Du brauchst dich nicht zu schämen. Du hast es geschafft, dich zu überwinden und dich doch tatsächlich auf das Abenteuer Computer einzulassen!"
Dieser Satz half und ich fühlte mich direkt schon viel wohler in meiner Haut.

Kurz und gut: Meine Älteste hatte sich einen neuen Computer mit allen Raffinessen zugelegt und wollte den alten ablegen. Sie schenkte ihn mir samt Monitor und Tastatur. Ich war selig. Stolz stellte ich ihn auf den Arbeitstisch in meinem Zimmer, mich dann davor und versank erst einmal stundenlang in Bewunderung.

Aus diesem Zustand der Euphorie plumpste ich dann aber infolge ausgesprochen unsanft auf den Boden vor die Bedienungsanleitung, die erstens nicht gerade dünn ausgefallen war und mich zweitens mit dem darin aufgeführten Fachchinesisch fast zur Verzweiflung brachte.

Dank der Hilfe meiner Töchter gewann ich denn rasch zumindest teilweise (ein bisschen teilweise) den Durcnblick. Danach gab es für mich kein Halten mehr. Ich forschte nach einer Literaturseite, wurde fündig und nichts mehr war imstande, Mamas neuen Elan zu bremsen.

Ich schrieb mir die Finger wund, nahm Pflaster und tippte weiter. Was zählten denn puterrote Fingerkuppen gegen diese Wonne, die ich beim Schreiben empfand? Um ehrlich zu sein, waren sie mir piepegal.

Ich tippte morgens, ich tippte mittags, ich tippte abends und auch des Nachts.

Morgens vergass ich das Frühstück, mittags das Kochen, die Wäsche, das Spülen, das Bügeln und geputzt wurde ausschließlich noch zwischen drei und vier Uhr nachmittags. Diese eine Stunde erklärte ich gleichzeitig zur Sprechstunde für die Familie. Sie zeigten sich darob extrem dankbar.

Vor lauter Dankbarkeit überhäuften sie mich an Festtagen wie Ostern, Weihnachten und Geburtstag mit Bergen von Schreibpapier, um das sie rote Geschenkbänder schlangen, an denen Mini-Computer aus Holz baumelten. Dies sicherlich, damit mir in meiner grenzenlosen Verzückung auf den ersten Blick hin klar wäre, worum es sich bei dem besagten Geschenk handelte.

Mein Computer ist mein bester Freund geworden. Er hat immer Zeit für mich, erträgt meine möglichen und -unmöglichen Geschichten-Ergüsse und lässt sich sogar mit dann deftiger Wortwahl anmeckern, wenn wider Erwarten die Harmonie zwischen uns minutenlang ein wenig gestört ist, weil nichts, aber auch gar nichts mehr funktioniert.

Wahrscheinlich sagt auch er sich dann:
"Übe Nachsicht mit ihr. Sie kann ja nichts dafür!"

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Kommentare zu diesem Text

Überreflexion (24)
(07.07.07)
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 tastifix meinte dazu am 11.07.07:
Ich überlege, ob ich den letzten Satz verändere. Danke für Deinen Hinweis. Fand ich toll!

Lieben Gruß
tastifix
(Antwort korrigiert am 11.07.2007)
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