Brief vom 22.Januar (Antwort)

Brief zum Thema Alles und Nichts...

von  GillSans

Mein Lieber,
würde ich eine Feder benützen um Dir diesen Brief zu schreiben, würde sie heute nicht leicht über das Blatt tanzen. Sie würde oftmals innehalten, um wieder und wieder Worte zu finden zwischen Tintenfass und hoffnungsvoll fordernden jungfräulichem Papier. Die Wirklichkeit ist eine Andere. Ich sitze vor der Tastatur meines Notebooks. Die Buchstaben sind nicht mehr erkennbar. Hätte ich das Zehn-Fingersystem nicht gelernt, so müsste ich jeden einzelnen Buchstaben für Dich suchen.
Schriebe ich zum Beispiel darauf das kleine Wort „Nichts“ dann hätte es jene Bedeutung nicht, als wenn ich es aus meiner Feder schriebe. Es erscheint viel zu schnell auf dem Bildschirm, als das ich darüber nachdenken würde.

„Es ist mir so nach Nichts“ dieses Zitat aus deinem Brief hat mich sehr nachdenklich gemacht. Da ich mich seit einigen Wochen mit der Kalligraphie beschäftige und hin und wieder den Federschwung übe,
versuchte ich mich vor ein paar Stunden an diesem kleinen Wort: „Nichts“ aufzuhalten,

N i c h t s
Ich habe es in verschiedenen Schriften geübt.
Das erste „Nichts“ war noch etwas schräg.
Das zweite „Nichts“ zu dünn.
Das dritte „Nichts“  hatte schon viel mehr Schwung.
Beim vierten „Nichts“ ist mir etwas aufgefallen.

Ich schrieb vor lauter Verwunderung ein ganz großes „Alles“ auf mein Papier.
Es war perfekt. Das „A“ war mir außerordentlich gut gelungen und die zwei „l’s“ waren fast identisch.
Ich dachte nach und bin zu folgendem Schluss gekommen.
Nichts kann man üben. Alles wäre zu perfekt.
Meine Zeilen schreien Dir also ein unausgegorenes „Nichts“ entgegen.
Ein „Alles“ wäre eine Lüge. Dies Wort ist reine Realität einer kalten Gegenwart.(deine Worte!)
Das „Nichts“ hingegen ist der süße rote Wein, der erst in der Flasche atmen muss, um sich in zwei Gläsern zu ergießen.

Denn „Nichts“ ist Etwas, das doch alles kann, wenn man es alles sein lässt.

Deine Gill

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Kommentare zu diesem Text


 Maya_Gähler (22.01.08)
Boah Gill... diese Gedankengänge muss man erst mal hinkriegen... den Brief muss ich noch mehrmals lesen, um ihn wirklich so zu verstehen, wie er gemeint ist... obwohl ich jetzt schon das Gefühl habe, ihn zu verstehen, aber ihn noch nicht erklären kann... das muss wirken... das muss sich setzen... ich finde ihn aber jetzt schon ausgezeichnet... er hat was... nämlich Tiefe... das ist nicht einfach so dahin geschrieben, da ist Überlegung dahinter... und vor allem... da steckt jede Menge Diplomatie drin... wenn man den Brief vom 21.Januar gelesen hat, dann weiss man, was ich damit meine...
Ich gerate in immer grössere Begeisterung, was ihr hier auf die Beine stellt..
Liebe Grüsse,
Maya

 GillSans meinte dazu am 22.01.08:
Liebe Maya,
es freut mich sehr, dass du unseren Briefwechsel verfolgst. Ganz klein entstanden die Zeilen und das was bei mir entsteht sind nur Antworten oder in gewisser Weise eine Art in mich kehren in Worte die ich konpensieren möchte. Ich finde es selbst sehr spannend was dabei heraus kommt und frage mich, wie Prinky drauf reagieren wird.
Liebe Grüße, Gill
chichi† (80)
(22.01.08)
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 GillSans antwortete darauf am 22.01.08:
Ich freue mich sehr über Deinen Komment, liebe Gerda.
Für mich ist ein Nichts etwas aufbauendes. Ein Alles ist mir zu perfekt. Man kann doch nichts mehr daran ändern, an so einem Alles.
Liebe Grüße zu Dir, Deine Gill

 Prinky (05.02.08)
Liebe Gill, dein NICHTS hat dich Zeit gekostet, denn ich spürte beim Lesen deine wohldossierte Überlegung, wie du mir antworten könntest, und immer wenn ich meine, jetzt würde es schwierig für dich, dann erschreckst du mich, denn dann stehe ich vor deinen klasse Gedanken, die mich fordern/fordern/fordern.
Doch du kennst mich, denn ich werde schon noch eine Antwort finden.
Liebe Grüße "dein" Micha

 GillSans schrieb daraufhin am 05.02.08:
Lieber Micha,
ich weiß, dass du eine Antwort finden wirst, denn worum sollte ich dir sonst solche briefe schreiben )))
Ich freue mich auf eine Antwort---sehr!
Deine Gill

P.S. vielleicht sind es Briefe die jeder einmal lesen würde.......
ehrliche, die unter die haut gehen. Verstehst du?
Schöne, eben und ich denke diese unsere sind ehrlich gemeint und auch schön.
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