Miriam

Ballade zum Thema Achtung/Missachtung

von  tulpenrot

- schreib -
sagtest du
- Worte aus Baumblütenweiß und Löwenzahngelb
meiner Seele zur Nahrung
und langweile mich nicht
mit deinem Zögern -

wie man damals sagte
sing Miriam sing
deine Lieder
damit ein Gelächter uns aus den Kehlen rinnt
wie Feuer
das uns glühend macht


und du sagtest
- schrei
so laut du es vermagst
wenn ich komme
gehört es dazu
und errege mich
jedoch nicht mit deiner Stummheit -

so wie man sagte
tanz Miriam tanz
dass unsere Augen leuchten
mit Wonnen bestaunen
deinen Leib
dann werden wir dich atmen sehen
mitten unter uns
bis du genug bist


und du sagtest
- küss mich
wenn ich deinen Mund
tulpenrot färbe
und dir Rosinenwein reiche
betörende Süße dir biete
verweigere mir nicht deinen Brunnen -

wie man sagte
spiel Miriam spiel
deine Harfe hängt im Laub
hinter den Dächern
versteckt unter den Ästen
wir lassen dich dort suchen
bis wir dich gefunden haben


dann aber sagtest du
- leg dich vor mich hin
auf den Altar deines Gottes
und vergiss nicht zu beten dabei
dass ich lache über dich und ihn
der die Liebe ist -

wie man sagte
erhebe dich Miriam
zeige uns die Kraft deiner Schenkel
aber flieh nicht
wenn wir dein schwarzes Haar greifen
und dir die Knochen brennen
bis du nicht mehr weisst
dass Mose dein Bruder war


- du kannst nun gehen -
sagtest du
- und vergiss nicht
dass der Schlüssel nicht mehr passt
zu meinem Haus -

so wie man sagte
zu Asche mit dir Miriam
warst nie etwas Besseres


und du spottetest mit denen
die keine Hände hatten
um sich schmutzig zu machen:
- Wo ist nun dein Gott? -


Anmerkung von tulpenrot:

aktuell 14.11.2008
Eben las ich:
Neuer Terror: Sexuelle Belästigung gegen jüdische Frauen

Eine Rechtsanwältin aus Ägypten schlug öffentlich vor, dass Palästinenser und israelische Araber damit anfangen sollten, jüdische Frauen sexuell zu belästigen, um damit Terror auszuüben, der schlußendlich dazu führen soll, dass die Juden die Region verlassen, und um damit dem jüdischen Staat den Garaus zu machen. Nagla Al-Imam sagte gegenüber dem pan-arabischen Fernsehnetz Al-Arabiyah, dass die israelischen Frauen für alle Araber leichte Beute seien, und dass dieses Verhalten nichts Schlechtes sei. Es sei eine neue Form des Widerstandes. Jedoch sei Vergewaltigung ausgeschlossen, denn dies sei unter der moralischen Würde der Terroristen, nur Belästigung sei ein wirksames Mittel.

Wer dem Geringen Gewalt tut, lästert dessen Schöpfer.
(Sprüche 14,31)

Miriam ist ein jüdischer Name.
Miriam war die Schwester von Mose und Aaron. Von ihr wird im Alten Testament berichtet, dass sie sehr musikalisch war, sang und tanzte.

Miriam ist aber auch irgendeine der vielen Frauen, die im Holocaust Gewalt und Perversion erlebte. In diesem Text wird dies als Provokation des Glaubens an Gott gedeutet. Zu lesen ist dies in den kursiv gestellten Zeilen.

Solch menschenverachtendes, provokatives Tun beschränkt sich allerdings nicht auf die damalige Zeit. Davon handeln die übrigen Zeilen.

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Kommentare zu diesem Text

Jonathan (59)
(15.05.08)
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 tulpenrot meinte dazu am 15.05.08:
Tja, ..... da staune ich nun doch sehr ...
Danke für den Klick.
Angelika
Beaver (41)
(15.05.08)
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 tulpenrot antwortete darauf am 15.05.08:
Miriam ist ein Pseudonym für das, was damals an vielen geschah - ob sie nun so heißen oder Rahel oder Deborah oder sonstwie. Es ist ein für das Geschehen typischer Name.
Ich dank dir für dein Lesen - und verstörend wirken soll der Text, verstörend war auch das Benehmen der Menschen, die keinen Namen haben hier in diesem Text.
LG Angelika

 AZU20 (16.05.08)
Ein Text über Menschen, denen du vermutlich nahe standest, deren Schicksal du in ergreifende und zugleich verstörende Zeilen geschmiedet hast. LG

 tulpenrot schrieb daraufhin am 16.05.08:
Lieber Armin,
danke für dein Kommentieren und deinen Klick ...
Ich habe zwei Schicksale mit einander verschränkt, das stimmt. Sie haben etwas gemeinsam, eine Parallele, die am Schluss angedeutet wird.
Für die Miriam und ihre fordernde tödliche Umgebung bin ich etwas zu spät geboren. Die anderen beiden "Du's" sind Zeitgenossen, in einer Verbindung, die, wie du richtig vermutest, verstörend wirkt.
Deutlicher möchte ich allerdings nicht werden - es war ein Versuch - wie immer.
LG
Angelika
chichi† (80)
(16.05.08)
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 tulpenrot äußerte darauf am 16.05.08:
Ja!! Das ist sehr gut empfunden, liebe Gerda... Ich bin froh, wenn sich jemand die Mühe macht, zu lesen und zu vertsehen. danke - auch für die Empfehlung!!!
Angelika

 knud_knudsen (16.05.08)
tulpenrot, eine besondere Art der Holocaustaufarbeitung. Miriam, Rachel,Sarah. Die schönen Jüdinnen (nach Lessing) mussten die Exsesse tausenfach leiden bevor der Tod sie erlöste.
Mit Gänsehaut gelesen, nebulös und leider doch so wahr.
Mit nachdenklichem Gruss
Knud

 tulpenrot ergänzte dazu am 16.05.08:
Es sollte ein Gänsehauttext werden. Manchmal kommen mir drastische Bilder sehr entgegen, um eine schmerzhafte Sache aufzuzeigen. Man macht es sich nicht immer klar, was man tut, was man anderen antut. Erst in der Rückschau und im Vergleich könnte eine Selbsterkenntnis liegen.
LG
Angelika
Data-LAB (37)
(17.05.08)
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 tulpenrot meinte dazu am 17.05.08:
man sollte ihn darüber lassen - ich merke, du hast es verstanden.
Danke für dein ungewöhnliches Lob
LG
tulpenrot
MarieM (55)
(16.06.08)
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 tulpenrot meinte dazu am 16.06.08:
Liebe Frau Marie ,
das freut mich sehr, dass dir mein Text , der ja so schwierig ist, gefällt. Danke für dei Empfehlung
Angelika

 Erebus (02.09.08)
Liebe Angelika,

dieses Gedicht - du nennst es Ballade - hat mich schon vor Wochen beunruhigt und fasziniert.
Ich berausche mich an seiner Stimme, die biblisch ist, groß und tief, die nahe an dem ist, was mir Menschen nahe sein lässt. Aber auch weit in den Bildern, die es schafft.

Auch wenn ich den Fortschritt der Entwicklung nur undeutlich sehe und den gesamten Text nicht festmachen kann, lese ich sehr gerne und ergriffen.
Zunächst befand ich mich auch nahe am Holocaust, bei Celan, aber ich habe mich davon wieder entfernt, dein Text ist weiter, und doch sehr dicht.
Ein wunderbares Gedicht.
Es gefällt mir sehr!

Liebe Grüße, Uli

 tulpenrot meinte dazu am 14.10.08:
Lieber Uli,
es beschämt mich, dass ich deinen so ausführlichen und nach Sinn tastenden Kommentar noch nicht beantwortet habe - gelesen schon mehrfach, aber das letzte Wort blieb aus. Es heißt erst einmal: Danke. Und dann: Ich habe zwei Ebenen mit einander verschränkt und ihnen einen gemeinsamen Nenner gegeben. Den Hintergrund für diesen Text kann man und soll man nur erahnen. Nur die Beteiligten können ihn wahrscheinlich nur restlos entschlüsseln. Dennoch freut es mich, dass du dich daran gewagt hast. Und deine lobenden Worte freuen mich.
Angelika mit lieben Grüßen

 Jorge (09.12.08)
"Mit denen, die keine Hände hatten , sich schmutzig zu machen"
ein wunderbares Bild zum unendlich untauglichen Versuch der Aufarbeitung. Gut gefällt mir die balladenhafte leise, fast spielerische Anklage, die so vieles nicht benennt und doch andeutet. Die zweite Ebene , wo tulpenrote Lippen berührt werden ist noch mehr verschlüsselt und macht den ganzen Text etwas geheimnisvoll und erregend.
Eine anspruchsvolle Arbeit für Mehrfachleser. LG Jorge

 tulpenrot meinte dazu am 10.12.08:
Danke, dass du dich dieser Aufgabe - mehrfach lesen - offenbar unterzogen hast.
Alles andere schrieb ich schon in der PN - deshalb hier nur kurz.

LG
Angelika
bbx (68)
(17.10.17)
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 tulpenrot meinte dazu am 19.10.17:
Nun, das ist ja nur ein Zitat und gilt nur für diesen einen Fall. Ob das generell so ist, wag ich zu bezweifeln.
Es ist wirklich ein vielschichtiger Text mit vielen Elementen und verlangt viel vom Leser. Dennoch glaube ich, dass ein Außenstehender seine eigene Interpretation wagen kann und dass das, was jeder Leser persönlich darin erkennen kann, auch zutreffend ist.
Danke für die Beschäftigung mit diesem Text!

Viele Grüße
Angelika
bbx (68) meinte dazu am 25.10.17:
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 tulpenrot meinte dazu am 26.10.17:
Baumblütenweiß = es gibt doch weiß blühende Obstbäume
und die Blüten des Löwenzahns sind doch gelb --- was daran ist schwierig?
Und der letzte Absatz ist doch die Steigerung all der Absurditäten, die vorher als Verhalten gegenüber der "Miriam" und ihrem Gott geschildert werden: Spott und das Festhalten daran, doch nichts Unrechtes getan zu haben, bzw. seine Hände in Unschuld zu waschen.
bbx (68) meinte dazu am 26.10.17:
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 tulpenrot meinte dazu am 26.10.17:
damit kann man doch mehreres (frei) assoziieren: weiß = z.B. Frische, Unschuld, Reinheit, Unverbauchtheit. gelb = z.B. Fröhlichkeit, Wärme, Unbeschwertheit, Natürlichkeit (Löwenzahn). Beides zusammen: Zeichen für Frühling, Aufbruch
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