Will abaa nich!!

Groteske zum Thema Liebeszauber

von  tastifix

Will abaa nich!
von tastifix | Düsseldorf |  1 mal gelesen
Denkste...
Marion und Uli hocken im Sandkasten. Mit ihren fünf und sechs Jahren sind sie bereits ausgezeichnete Architekten. Das Schloss mit dem Turm und die Tunnelanlage zeugen davon.

Die Umgebung ringsum haben die Zwei vergessen, fühlen sich dagegen als Burgfräulein und Ritter. Aber etwas fehlt noch dazu ...
Uli:
"Wenn Du mein Burgfräulein bist, musst Du mich abaa jetzt küssen!"
Marion:
"Wieso?"
"Weil ... in den Filmen machen die das auch imma so!"

Marion schüttelt heftig den Kopf:
"Muss ich gar nich, ph!"
"Wohl!"
"Nein!"
"Musste doch!"

Der kleine Möchtegern-Ritter wird wütend, wirft die Schaufel zur Seite, streift sich notdürftig an der Hose den Sand von den Händen ab und greift nach seinem Möchtenicht-Burgfräulein. Dieses aber wird biestig und schubst ihren aufdringlichen Verehrer in den Sand, genau auf einen der kunstvollen Tunnel.

Uli brüllt wie am Spieß, denn ohne die Fahrt durch den Tunnel kommt man nicht zum Schloss. Marions Korb scheint vergessen zu sein. Das begehrte Mini-Weib hockt derweil ziemlich ungerührt daneben.
"Heulsuse!"
Ein vernichtendes Urteil. Uli trifft es wie ein Keulenschlag ins Gesicht.

Der Schock sitzt tief. Uli hört prompt auf zu brüllen, schnieft ein paarmal, fährt sich mit der dreckigen Hand durchs Gesicht und erinnert sich urplötzlich wieder der erlittenen Schmach.
"Doofe Kuh!"
"Dämlicher Ochse!"

Dies bringt das Fass zum Überlaufen. Mit puterrotem Gesicht stürzt sich Uli auf Marion und hält sie fest.
"Auaa!"
Jetzt heult Marion. Sie heult so, wie es nur Frauen können, laut und erschreckend ausdauernd. Uli geht es sichtlich und zunehmend auf die Nerven.

"Höör auf!!"
"Ich heul solange, wie ich will. Huuuuh!!"

Grübelnd steht Uli vor seiner Marion, die gar nicht seine sein will. Alleine weiter zu spielen, hat er denn doch keine Lust. Sich mit einem weiblichen Springbrunnen den Sandkasten zu teilen, aber auch nicht. Also läßt er sich etwas einfallen.

"Kannst aufhören. Ich küss dich bestimmt nicht. Nie mehr. Versprochen!"
Genauso prompt wie vor wenigen Minuten Uli stellt nun Marion ihr Heulen ein.

Wie es Uli dann leider einsehen muss, ist damit der Konflikt keinesfalls gelöst. Offensichtlich ist Marions Gefühlswelt nun völlig durcheinander geraten, denn überraschenderweise geht ihr nun dieses uncharmante Versprechen arg gegen den jungfräulichen Solz.

Fassungslos starrt sie Uli an. Ihr Mund verzieht sich zu einem gefährlichen Flunsch und dann heult sie steinerweichend los.
"W...wenn du mir jetzt nicht sofort nen Kuss gibst, sag` ich`s meiner Mama!"

Uli versteht nichts mehr und schon gar nicht seine Freundin. Da er jedoch auf die Schimpfe von Marions Mama lieber verzichten möchte, zumal Marion ja nun endlich sein Burgfräulein werden will, ergreift er die Gelegenheit beim Schopfe und gibt seiner Freundin einen schüchternen Kuss auf den Mund.

"Uund?", will er hinterher wissen.
Angeekelt hustet Marion.
"Schmeckt nach Sand und nass war der auch!"
Sie wischt sich ostentativ mit dem Handrücken über den Mund. Dann meint sie:
"Pfui, mach` das nie wieder!!"

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