Schreiben, vielleicht

Kurzgedicht

von  Erebus

.

bunt, bunt war dein Mund
Welke und Werden ein Brunnen
und
Bleiben - ach, wo liegt dieser Ort?
Treiben und treiben
und nie mehr das Wort -

Schreiben, vielleicht

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Kommentare zu diesem Text


 Isaban (23.10.08)
Ein Text wie ein Blatt, das vom Baum fällt, ein Ausschnitt aus dem taumelnden Fall, aus der atemlosen, sprachlosen Zeit, bevor das Blatt auf dem Boden auftrifft.


bunt, bunt war dein Mund
Welke und Werden ein Brunnen
und
Bleiben - ach, wo lag dieser Ort?
Treiben und treiben
und nie mehr das Wort -

Schreiben, vielleicht


Der Mund als Lebensspender(V1: bunt = Versprechungen, Erwartungen, Träume, Leben), als Ursprung, Alpha und Omega einer Beziehung (Welke und Werden), als Standort, als alles belebendes Gebiet, als Quelle (Brunnen), als erotische Komponente, als Ort der Veränderung (V2) und gleichzeitig als Heimat (V5, hier: verlorene Heimat).

Treiben und Treiben
und nie mehr ein Wort
- nach meiner Interpretation wird hier vom Alltag erzählt, der die Beziehung frisst, gefressen hat. Man beschäftigt sich, geht dem Alltäglichen nach, lässt sich von Pflichten und Tagesablauf treiben, die Kommunikation kommt erst zu kurz, schläft dann ein, entwickelt sich zu einem Zustand, in dem man zwar irgendwie auf ein Wort wartet, aber selbst auch stumm bleibt - was war, das Bunte, geht unter.

Was bleibt da, als zu schreiben, um seinen Gefühlen, seinen Gedanken Ausdruck zu verleihen? Ganz gleich, ob man es jetzt auf eine Zweierbeziehung bezieht, die sich so auseinander entwickelt hat, in der zwei Menschen sich so voneinander abgegrenzt haben, dass nur noch Briefkontakt möglich ist, oder ob man es auf eine allgemeine Sprachlosigkeit, die Unfähigkeit des lyrischen Ichs bezieht, Gefühle und Gedanken anderen Menschen (oder vielleicht sogar sich selbst gegenüber) auszudrücken, so dass es Hilfe, Gedankenordnung und Lösung im Schreiben sucht - mir gefällt dein Text, in seiner kargen Wortverwendung und den dennoch so deutlichen, greif- und spürbaren Bildern.

Liebe Grüße,
Sabine
(Kommentar korrigiert am 23.10.2008)

 Erebus meinte dazu am 24.10.08:
Liebe Sabine,

ich bin beeindruckt, wie genau du die hinter den Versen liegenden Gedanken liest.
Ja, der Mund als Lebensspender, der bunte Mund, der Farbe spendet. Für mich ist es als Liebesgedicht entstanden, ursprünglich wollte ich es mit einer Widmung versehen. Ich trug diese Verse schon lange mit mir herum, ursprünglich waren es mehr, aber viele kamen wieder abhanden.

Zuletzt bleibt noch die Erinnerung an ein Wort, das nicht mehr ausgesprochen werden kann, und dennoch geäußert werden will. Vielleicht durch das Schreiben, vielleicht kann es sich dort noch finden ...

Ich bedanke mich ganz herzlich, dass du diesem kurzen Gedicht so gründlich auf die Spur gekommen bist

Liebe Grüße

Uli
Caty (71)
(23.10.08)
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 Erebus antwortete darauf am 24.10.08:
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Hallo Caty

das passt schon.

LG
Uli

 Mondgold (23.10.08)
Klingt jetzt vielleicht komisch, aber der für mich sehr "tiefe" Text erinnert mich an JESAJA 55 /11
Gefällt mir sehr gut! Mondgold

 Erebus schrieb daraufhin am 24.10.08:
Hallo Mondgold,

weißt du, es war für mich überhaupt nicht komisch, diese Bibelstelle nachzulesen.
Ich fand es sehr interessant, auch wenn ich mein Gedicht viel persönlicher sehe, so erkenne ich doch die große Nähe, die in der Bedeutung liegt, die Mund und Wort zugemessen wird.
Das du dieses Gedicht als sehr tief empfindest ehrt den Text!

Liebe Grüße
Uli
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