Fellhorn

Roman zum Thema Grenzen/ Grenzen überschreiten

von  Mutter

Am Abend, dessen Licht sich nach Savenas Gefühl kaum von den trüben Tagen unterschied, baute Turan eine Art kleines Schneefort. Dahinter waren sie gegen den Wind geschützt, allerdings mussten sie ihr Abendbrot kalt essen, da sie tagsüber kein Brennmaterial mehr gefunden hatten. Sie befanden sich jetzt im direkten Aufstieg auf den Pass. Selbst bei schlechtem Wetter würden sie in der Lage sein, ihn im Laufe des nächsten Tages zu erreichen, hatte Turan versichert. Savena überlegte, wo Vater und Sohn sein mochten, und beschloss, nicht weiter darüber nachzudenken.
Sie wickelte sich in ihre Decke und war so erschöpft, dass sie sofort einschlief.
Morgens wurde sie von Bragos geweckt und stellte fest, dass es aufgehört hatte zu schneien.
‚Ich denke, wir kommen heute gut voran.‘
Savena verzog das Gesicht bei Turans Zuversicht, als sie die ersten paar Schritte vor ihrer kleinen Burg gemacht hatte. Es war ein bisschen wärmer geworden und der Schnee klebte mehr als zuvor, machte das Gehen noch mühsamer.
Bald war klar, dass das letzte Stück vor dem Pass das schwerste werden würde.
Sie brauchten bis zum Abend, um in Sichtweite dessen zu kommen, was Turan den höchsten Punkt am Fellhorn nannte. Selbst als es schon fast dunkel war, trieb er sie weiter an. Sie konnten durch die Helligkeit des Schnees erstaunlich gut sehen, und Savena musste nicht überlegen, ob sie ihren Weg mit Hexenlicht beleuchten sollte. Sie bezweifelte ohnehin, dass sie dazu momentan die Kraft besessen hätte.
Es war Mitternacht, als sie mit dem Abstieg begannen.
Savena konnte keinen nennenswerten Unterschied feststellen, aber Turan versicherte ihr, dass sie das Fellhorn hinter sich hatten.
‚Man riecht den Unterschied‘, sagte einer der Söldner, und lachte. ‚Endlich wieder zu Hause.‘
‚Du bist so weit von zu Hause wie du nur sein könntest‘, entgegnete Turan und ging an dem Söldner vorbei. Der spuckte verächtlich aus.
Als sie ihr Lager einrichteten und Turan gerade Feuer gemacht hatte, hockte sich Savena neben ihn.
‚Wo genau kommt Ihr her?‘ fragte sie ihn.
‚Die Grasebenen der Soren.‘ Er warf ihr einen kurzen Blick zu. ‚Ihr wart noch nie im Osten, oder?‘
Savena schüttelte den Kopf. ‚Mein Onkel lebt schon sehr lange in Purassur und trotzdem weiß ich fast nichts darüber.‘
‚Es ist nicht so dicht wie die Dynastie. Viel offenes Land, da wo ich herkomme. Ihr werdet einen Blick darauf werfen können - wir reisen durch einen kleinen Teil der Ebenen, bevor wir Eiken erreichen.‘
‚In Eiken werdet Ihr uns verlassen?‘
Turan lachte. ‚In Eiken werdet Ihr mich verlassen. Ich weiß nicht, wie weit die beiden Söldner wollen, aber ich bezweifele, dass sie den Winter bei den Soren verbringen wollen.‘
‚Was ist Euer Problem mit den beiden?‘ fragte Savena nach einem Moment.
Turan überlegte kurz und sah sie dann scharf an. ‚Die beiden sind aus Bragan, und es scheint, als ob es zwischen Bragan und der Südmark Krieg geben wird. Das ist der einzige Grund, warum die beiden auf dem Weg nach Hause sind. Söldner sind wie Krähen, die dem Krieg folgen, dem Geruch des Todes hinterher ziehen.‘
‚Worin besteht der Unterschied zwischen einem Jäger, einem Söldner und einem Soldaten? Sie alle töten für Geld, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Bei uns ist ein Söldner jemand mit einem angesehenen Beruf. Sie sind sogar in Gilden organisiert.‘
Turan verzog angewidert das Gesicht. ‚In der Dynastie ist alles in Gilden organisiert. Selbst Diebe, Mörder und Bettler.‘
Danach sagte er eine Weile nichts, aber sie hatte nicht das Gefühl, dass sein Ärger ihr galt. Es war, als ob er sich über sich selbst ärgerte. Als er nichts weiter sagte, erhob sie sich und ging, während sie ihm einen letzten Blick zuwarf.

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Kommentare zu diesem Text

Elvarryn (36)
(24.05.09)
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 Mutter meinte dazu am 24.05.09:
Nur Du, oder auch das e-Lektorat? :D

Habe den Link neulich bei einem Kommentar von Dir an ... öh ... Chinson oder so? gefunden und fand das echt spannend.
Auch wenn das Ding (natürlich) kaum differenziert und man nicht alle Hinweise gebrauchen kann, wirft das noch mal einen ganz anderen Blick auf viele Sachen.

Habe damals mal Spaßeshalber den ersten Part von Faltertage reingeworfen und lag bei Fünfnochwas Prozent. Die Hälfte von den Sachen, die die Applikation angemahnt hat, konnte ich tatsächlich rauswerfen oder zumindest umschreiben ...

Aber (wie man sieht ... ;)) bin ich noch nicht dazu gekommen, dass mit dem Rest auch zu machen.
Steht aber noch an. Aber für diesen Part kann ich das wohl gleich machen ... :D

Danke für die Mühe.

Ach ja: Corker liegt bei sowas wie Viernochwas Prozent - das fand ich gut. :)
Elvarryn (36) antwortete darauf am 24.05.09:
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