Live! Der erste Mensch, der im Fernsehen unzensiert das Wort WG-Gruppensex sagen wird!

Parodie zum Thema Medien

von  Dart

Schnitt in ein Fernsehnachrichtenstudio.
Sprecher:

…und werden sich am Montag in einer weiteren Sitzung zu dem Thema einigen. … Berlin, gleich im Anschluss wird Hermann Mehlmann als erster Mensch im deutschen Fernsehen das Wort WG-Gruppensex sagen. Dazu nun live vor ort unser Korrespondent Martin Stanz.

Schnitt zu einer Freilichtbühne, auf der neben Martin Stanz Hermann Mehlmann steht.
Stanz:

Nun, gleich geht es los. Herr Mehlmann wird als erster Mensch im deutschen Fernsehen, live und unzensiert, das Wort WG-Gruppensex sagen. Herr Mehlmann, wie fühlen sie sich vor dem großen Moment?
Mehlmann:
Nun, ich bin etwas aufgeregt, schließlich kommt so etwas ja nicht jeden Tag vor.
Stanz:
Da haben sie natürlich recht. Herr Mehlmann, eine letzte Frage, was denken sie über die Reaktionen, die folgen werden, wenn sie als erster Mensch das Wort WG-Gruppensex gesagt haben?
Mehlmann:
Nun, natürlich wird das hohe Wellen schlagen. Aber ist es nicht das Risiko, das uns Menschen antreibt?
Stanz:
Ein gutes Schlusswort, Herr Mehlmann. Dann wünsche ich ihnen viel Erfolg und gebe zurück ins Studio.

Schnitt zurück zum Nachrichtenstudio.
Sprecher:

Das war Martin Stanz. Wie gesagt, gleich im Anschluss wird Hermann Mehlmann als erster Mensch im deutschen Fernsehen das Wort WG-Gruppensex sagen. Doch zunächst das Wetter für morgen.

Schnitt zu einer Wetterkarte, davor ein Wettermann.
Wettermann:

Guten Abend, meine Damen und Herren. Die Höchsttemperaturen für den morgigen Tag liegen zwischen zwanzig und zweiundzwanzig Grad im Norden und siebzehn und zwanzig Grad im Süden. Der Wind weht schwach bis mäßig aus Westen und der Himmel bleibt größtenteils wolkenfrei. Das war das Wetter, nun viel Spaß bei dem ersten Menschen, der live im deutschen Wetter WG-Gruppensex sagen wird.

Schnitt zurück zur Freilichtbühne, auf der nun ein Moderator steht. Im Hintergrund ist Applaus zu hören.
Moderator:

Einen wunderschönen guten Abend, hier live aus Berlin. Ja, seien sie heute Augenzeugen eines historischen Moments in der Geschichte des deutschen Fernsehens. Heute Abend wird Hermann Mehlmann live, unzensiert, ungeschnitten, aus eigenem Munde, das Wort WG-Gruppensex sagen. Und er wird der erste Mensch sein, der dies im deutschen Fernsehen tut! Doch zunächst zeigen wir ihnen, wie Hermann Mehlmann eigentlich auf diese spektakuläre Idee gekommen ist.

Schnitt zum Wohnzimmer von Hermann Mehlmann. Auf dem Sofa sitzen Hermann und Inge Mehlmann.
Mehlmann:

Nun, es fing eigentlich damit an, dass meine Frau und ich einen schönen gemeinsamen Videoabend machen wollten.
Inge:
Wir wollten uns das richtig gemütlich machen.
Mehlmann:
Genau, und weil wir danach etwas…also…Privatsphäre genießen wollten, hatte ich noch ein spezielles Video mitgebracht [Er hält eine Videokassette hoch, die vom Sender verpixelt wird.].
Inge:

Na ja, mein Mann braucht halt immer etwas mehr Anregung.
Mehlmann:
Inge, das geht ja nun wirklich niemanden etwas an.
Inge:
Ach, nun hab dich nicht so.
Mehlmann:
Ich sag ja nur. Jedenfalls ging es in dem Video um…also…ausgelassene Studentenpartys. Da kam mir dann der zündende Gedanke!
Inge:
Stimmt, da zündete wirklich was in dem Moment.
Mehlmann:
Inge, unterbrich mich nicht! Nun, jedenfalls hatte ich dann diese Vision – diese Vision, der erste Mensch im deutschen Fernsehen zu sein…
Inge:
Der WG-Gruppensex sagt.
Mehlmann:
Genau. Und dann bin ich halt an verschiedene Sender rangetreten, doch die meisten hatten zuviel Schiss vor den Konsequenzen.

Schnitt zurück zur Freilichtbühne.
Moderator:

Ja meine Damen und Herren, so begann dann die Idee von Hermann Mehlmann, dem Mann, der der erste Mensch sein will, der im deutschen Fernsehen das Wort Gruppensex sagen wird! Doch jetzt werden sie sich natürlich fragen, warum gerade wir keinerlei Angst davor haben, was für Konsequenzen es für uns haben könnte. Daher haben wir uns heute Nachmittag noch einmal mit unserem Programmchef getroffen.

Schnitt in ein Büro. Am Tisch sitzt der Programmchef.
Reporter aus dem Hintergrund:

Nun, wie ist ihre Meinung zu dem heutigen medialen Experiment?
Programmchef:
Nun, wir wissen, dass wir damit polarisierend wirken, es gibt immer ein paar Moralapostel. Es gibt immer Kritiker, die es besser wissen. Es gibt immer Menschen, die glauben, dass wir uns unter dem allgemeinen kulturellen Niveau befinden.
Reporter:
Sie sind sich also über die Konsequenzen im Klaren?
Programmchef:
Selbstverständlich! Aber man muss sich dabei ja eines immer noch klar machen: Indem wir diesen Schritt wagen, machen wir das Fernsehen wieder ein Stück offener, gehen ein Stück näher an Dinge, die jetzt noch Tabu sind. Irgendwann wird man auch darüber ohne Probleme sprechen können. Und wir haben dann unseren Beitrag dazu geleistet.
Reporter:
Hermann Mehlmann ist also in ihren Augen ein Kämpfer für die Presse- und Meinungsfreiheit, wenn er der erste Mensch sein möchte, der im Fernsehen das Wort WG-Gruppensex sagt?
Programmchef:
Ja! Hermann Mehlmann wird man eines Tages zu den Menschen zählen, die Deutschland groß gemacht hat. Ich würde sogar soweit gehen, dass ich denke, er wird das Bundesverdienstkreuz bekommen.
Reporter:
Sehr schön, wir danken für das Gespräch. Möchten sie die Gelegenheit wahrnehmen und Herrn Mehlmann noch einen guten Ratschlag auf den Weg geben?
Programmchef:
Aber gerne. Hermann, auch wenn sie noch so viele Menschen von ihrer Idee abbringen wollen, haben sie keine Skrupel! Sie sind ab heute ein Held! Wenn sie also an diesem Abend WG-Gruppensex sagen, dann tun sie das mit stolzgeschwellter Brust!
Reporter:
Wir danken für das Gespräch.

Schnitt zurück zur Freilichtbühne. Neben dem Moderator steht nun Hermann Mehlmann in einem Trainingsanzug und dessen Trainer. Wieder Applaus im Hintergrund.
Moderator:

Nun, jetzt wissen sie, dass es von Seiten unserer Programmdirektion keinerlei Einmischung geben wird. Neben mir steht jetzt endlich der Mann des Tages – Hermann Mehlmann! [Applaus im Hintergrund] Neben Hermann steht sein Trainer, der mit ihm noch einmal die letzten Instruktionen durchgehen wird. Hermann, wie fühlen sie sich, so kurz vor dem großen Augenblick?
Mehlmann:
Wallewullewallewalle…
Moderator:
Verzeihung?
Trainer:
Nun, Hermann wärmt sich noch auf. Er geht im Geiste noch einmal das Wort WG-Gruppensex in all seinen Einzelheiten durch und probt noch einmal alle Buchstaben.
Moderator:
Wir wollen ja nicht, dass er einen Zungenkrampf bekommt.
Trainer:
Haha, genau. Hach, was sind sie komisch!
Mehlmann:
Gegagagagaaa…
Moderator:
Ja, sie sehen, die Vorbereitungen sind in vollem Gange, doch kommen wir jetzt erste einmal zum ersten Musik-Act des Abends! Hier sind die No-Angels mit einer Coverversion von „Highway to Hell“! [Applaus im Hintergrund],

Schnitt zu einer Bühne, auf der die No-Angels rumhüpfen.

Schnitt zurück zur Bühne.
Moderator:

Unglaublich, welch eine tolle Show! Noch einmal einen kräftigen Applaus für die No-Angels! [Applaus im Hintergrund] Meine Damen und Herren, natürlich haben sie es längst mitbekommen, es gibt Gegenstimmen für unsere Aktion. Wir sind daher auf die Straße gegangen und haben ein paar Passanten zu dem Thema befragt.
Mehlmann:
Xena, Xaver, X-Beine, extrem...

Schnitt zu einer Straße, auf der ständig andere Passanten angesprochen werden.
Erster Passant ist ein älterer Herr.
Reporter:
[Im Hintergrund]
Hallo, was sagen sie zu dem Thema, dass heute Abend Hermann Mehlmann im deutschen Fernsehen, live und unzensiert, das Wort WG-Gruppensex sagen wird?
Älterer Herr:
Ach, früher hätts das nich gegeben! Wir hatten früher ja noch Anstand, wissen sie?
Reporter:
Sie sind also dagegen?
Älterer Herr:
Natürlich! Das kann ja nich sein! Da is ja alles forn Arsch!

Als nächstes eine Frau mittleren Alters.
Frau:

Ach, das Programm hat ja eh nichts zu bieten, die wollen damit nur Zuschauer locken.
Reporter:
Werden sie es sich ansehen?
Frau:
Natürlich – das erste Mal, dass ein Mensch im deutsche Fernsehen das Wort WG-Gruppensex sagen wird! Ich war gerade noch mal Knabberzeug kaufen. Mein Mann und die Kinder sind auch schon ganz aufgeregt.

Als nächstes wird ein Mann im Anzug interviewt.
Reporter:

Und wie ist ihre Meinung?
Mann:
Nun, in Anbetracht der Tatsache, dass bereits eine Unzahl von Menschen einerseits den Film, von dem sich Herr Mehlmann hat inspirieren lassen, gesehen haben und andererseits bereits eine nicht unerheblich sehr viel größere Menge dieses Wort schon in ihren Wortschatz integriert haben, kann man durchaus zu dem Schluss kommen, dass die Botschaft, die Herr Mehlmann an diesem Abend in das ganze Land zu tragen bereit ist, ja von der psychologischen Wirkung schon eine starke Welle des Unmutes und der Kritik hervorruft, in ihrer Transzendenz und…

Ein älteres Ehepaar um die fünfzig steht jetzt vor der Kamera.
Ehemann:

Also von mir aus können die sagen, was die wollen.
Ehefrau:
Genau, wir leben ja schließlich in einem freien Land!
Ehemann:
Genau – Meinungsfreiheit!
Reporter:
Und wie denken sie über den Aspekt, dass die Tat von Herrn Mehlmann eine gesellschaftliche Verrohung zur Folge haben könnte?
Ehemann:
Ich…bin wofür?
Ehefrau:
Wir glauben nicht an die Verrohung.
Ehemann:
Aus ganzem Herzen kann ich nur sagen, dass ich voll und ganz denke, dass die Gesellschaft für einen solchen Schritt bereit ist.

Wieder zu dem Mann im Anzug.
Mann:

…ja ganz im Sinne der leninistischen Freiheitsidee, die den Fortschrittsgedanken in der Form berücksichtigt, dass wir alle…

Jetzt ein junger Mann mit Freundin.
Freundin:

Also, ick find det ja voll okay und so, ne? Weil, det is ja och völlisch dämlich, die ejene Menung von nem Menschen zu vabieten, wa?
Freund:
Jenau!
Freundin:
Det müssen wa halt akzeptiern tun! Jeda daf det machen, watta will. Is meene Menung!
Freund:
Jenau!
Reporter:
Sie stimmen also mit ihrer Freundin überein?
Freund:
Jenau, ick bin och mehr fo de pornografische Freheit.
Freundin:
Wie, Porno? Ick denke, de redest och fon de Pressefreheit!
Freund:
Wie, Presse? Sin wa nich bei de Pornos? [Sie streiten auf der Straße, der Mann im Anzug kommt ins Bild]
Mann:

…bleibt nur als letzte logische Konsequenz übrig, dass wir dagegen sind.
Reporter:
Äh…wogegen noch mal?
Mann:
Das wir dafür sind.
Reporter:
Ah ja, danke vielmals.

Schnitt zurück zur Freilichtbühne.
Moderator:

Ja, meine Damen und Herren, das waren die Gegenstimmen. Werfen wir einen kurzen Blick auf die Uhr. Ich sehe, nur noch wenige Minuten, bis Hermann Mehlmann es sagen wird. Live und unzensiert! Nur auf unserem Sender! Der erste Mensch, der im deutschen Fernsehen WG-Gruppensex sagen wird. Eine absolute Weltpremiere! Noch nie war vergleichbares zu sehen. Ich sehe, der Trainer von Hermann gibt noch einmal letzte Anweisungen. Ja, jeden Moment wird Hermann Mehlmann das Wort des Tages von sich geben! Er wird WG-Gruppensex sagen.
Mehlmann:
[Er tritt vor, Spannungspause]
WG-Gruppensex. [Riesiger Applaus im Hintergrund]
Moderator:

Unglaublich! Das war einfach unglaublich. Wäre ich nicht mit dabei gewesen, ich würde es nicht glauben! Dieser Moment wird uns allen definitiv noch in Erinnerung bleiben, wenn wir auf unserem Totenbett liegen. Ja, wir werden sagen können: Ich war live dabei, als Hermann Mehlmann das Wort WG-Gruppensex als erster Mensch im deutschen Fernsehen sagte! Hermann, wie fühlen sie sich jetzt im Moment?
Mehlmann:
Ach, ich fühle mich so erleichtert. Alles ist gut gegangen, alles hat genauso gut geklappt wie in der Probe.
Moderator:
Wunderbar, wenn das nicht ein tolles Stichwort ist! Ich verabschiede mich dann von ihnen, liebe Zuschauer, danke, dass sie zugeschaut haben. Schalten sie auch nächste Woche wieder ein, denn da haben wir exklusiv den Mann, der als Erster jemanden anmoderieren wird, der erst eine Woche später auftritt.

Schnitt


Anmerkung von Dart:

Wir sind uns über die Konsequenzen im Klaren und harren der wütenden Anstürme, die da kommen sollen ;)
(Übers.: Kommentare erünscht)

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Kommentare zu diesem Text


 franky (25.01.10)
Hi Dart,
Da hast du diesen Verein ganz gründlich durchleuchtet und die sinnlose Schaumschlägerei auf die Schippe genommen.
"Und was fühlen sie jetzt?" "Und was denken sie jetzt wenn sie das gefühlt haben?" Wenn man schon von überschlauen Fragen der Reporter zu Tode gelavert wird, kann keine schlaue Antwort zu Stande kommen.
"Das war eine Ankündigung, in 20 min kommt ein ausführliches Gespräch.."
Man wird in Zehnminutentakt ständig angelogen.

Plazebo Grüeßli

von Franky

 Dart meinte dazu am 25.01.10:
Ja, so in etwa sollte es ablaufen, danke fürs empfehlen ;)

 Dieter_Rotmund (25.01.10)
Etwas zu lang - und: TV-Programm äußern sich so gut wie nie öffentlich, schon gar nicht in Fernseh-Interviews.
Ansonsten schöne Idee.

 Dart antwortete darauf am 25.01.10:
Nun, du scheinst mir einer der glücklichen Menschen zu sein, die noch nie in ihrem Leben Pro7 gesehen haben. Ganz ehrlich - ich beneide dich :(

Und zur Länge, die finde ich eigentlich passend, wenn man bedenkt, dass der Inhalt, von dem was ich schreibe, normalerweise auf zwei Zeitstunden plus eine Zeitstunde Werbung ausgedehnt wird. Dafür hab ich mich ganz schön kurz gefasst ^^

Trotzdem danke fürs Kommentieren, ich mag Kritiken :P
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