Nur einmal die Sterne sehen

Text zum Thema Angst

von  ZornDerFinsternis

Der Schmerz hat mich abgestumpft. Meine Seele zerschlissen und die letzten Trümmer meines Herzens hast du gierig verschlungen.
Eine Fratze aus goldigen Sprenkeln und weißer Watte, starrt vom Friedhof der Galaxien herab zu mir.
In seinem Schlund bewegen sich die Planeten, gemächlich siechend auf ihrer Umlaufbahn. Pluto, Mars, Sturn, Sonne und auch wir - die Erde - alle
tanzen wir auf dieser Perlenkette aufgereiht unter einer Geisterhand. Unfähig den Kurs zu ändern, den Anker zu lichten und die Segel in Richtung
besserer Zeiten, zu setzen. Am liebsten würde ich kotzen, wenn ich dran denke, wie ich mir in wenigen Sekunden wieder die Arme mit dem Skalpell
aufschneiden werde. Bloß, um irgendetwas zu spüren. Irgendetwas. Nur nicht, diese innere Leere. Diese Kälte. Bloß diese Wärme, die mir der Messerschnitt
schenken kann. Ein kurzweiliges Lächeln. Ich erinnre mich nicht mehr, wie meine Kindheit verlaufen ist. Scheinbar, gab es keine freudigen Erinnerugen daran.
Ich habe nicht weiter suchen wollen. Ich habe das Leben lange genug ertragen. Ihm lange genug erlaubt, auf mir und meiner Seele herumzutrampeln.
Es ist gut. Ich bin am Ende - ich kann nicht mehr. Jeden Tag werfe ich mir irgendwelche Pillen in den Schlund. Dutzende. Weiße. Gelbliche. Runde. Eckige.
Scheissegal. Hauptsache sie helfen. Alkohol und ein paar Schachteln Zigaretten und die Welt scheint für immer ein liebevoller Ort zu sein. Regenbogengeflutete Bäche,
die den Herzschlag des Lebens mit sich ziehen. Schillernde Traumblasen, überall am azurblauen Himmel. Leichte, transparente Wolken...in denen man die Engel
selbst von hier unten aus, beobachten kann. Ich lebe die Musik. Tanze auf Akorden und Melodien davon. Bis in das Auge des Sturmes. Bis er mich vollkommen ausfüllt.
Wir eins sind. Wir wissen, dass uns keiner was kann. Das habe ich mir all die Jahre über gewünscht. Einen Seelenpartner. Einen Gefährten. Jemanden, der mich
begleitet. Meine Hand hält - jemand, mit dem ich mich gemeinsam gegen die Welt auflehnen kann. Jetzt geben wir den Ton an. Donnern die Blitze durch die
purpurne Nacht. Jetzt reißen wir eure Hoffnungssterne aus dem Firmament eurer heuchlerischen Herzen. Wir werden Unfrieden stiften und hoffnungslose Träume säen.
Euch wird niemand die Ernte einfahren. Euch Schutz gewähren, wenn die Jahreszeiten Amok laufen. Der Hass wird euer Wille und euer Weg. Es ebnet keine Zuversicht
einen Weg in die Wolken. Und, wann immer ihr glauben werdet, es geht nicht mehr - es kann nicht mehr schlimmer kommen - ich gebe euch mein Wort, ihr werdet erfahren,
wie leidvoll dieses Dasein ist. Wie bitterkalt, die Liebe eines anderen Menschen sein kann. Wie schmerzlich die bloßen, nackten Worte sind. Wie warm und liebevoll die Klinge
ist, die euer Fleisch zerfetzt und euch für winzige Augenblicke Zuflucht schenkt. Meine Zeit ist gekommen, obgleich sie schon lange Zeit im Sand verloren ward. Mein Fall kommt,
bevor ich auferstehe. Ja, und meine Flügel entreiße ich mir selbst. Das Blut meiner Tränen schenke ich euch, damit ihr wieder Lachen könnt. Meine ungeborenen, verpuppten, zarten
Kindesträume schmeiße ich ins Fegefeuer. Verfluche sie und euch. Das Hochhaus hat 15 Stockwerke. Auf dem Balkon des 14. stehe ich. Der Wind säuselt leise und furchtbar andächtig.
Drücke meine Zigarette am Geländer aus. Überall, wohin der Blick nun ziehen könnte, erstreckt sich eine eisige Betonwüste. Ich wollte nur einmal die Sterne sehen...


Anmerkung von ZornDerFinsternis:

"Das Leben macht mir Angst, Mia."

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Kommentare zu diesem Text

DerPrediger (40)
(10.02.10)
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 ZornDerFinsternis meinte dazu am 12.02.10:
Das rührt mich sehr, vielen Dank, lieber Prediger :)
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