Was mir den Tag versüßte

Glosse zum Thema Abendstimmung

von  Lala

Was mir den Tag versüßte


4,99 €. 4,99 € haben mir heute den Tag versüßt. Nein, nicht weil ich dafür, von einem auf einem Dichterboard total vernachlässigten Autoren, oral befriedigt worden wäre, igitt, bewahre, sondern weil ich dafür eine batteriegetriebene, rote Petroleumlampe bekommen habe. Das Produkt klingt zwar irgendwie pervers, aber dank ihr, dank der 4,99 € gewann ich etwas sehr Schönes.

Gut, eigentlich muss ich noch die 2,89 € für die Babyzellen Batterien hinzurechnen. Denn ohne die funktioniert die Petroleumlampe nun mal nicht. Streng genommen waren es also 7,88 €, die mir den Tag versüßten. Jedenfalls und allenfalls kaufte ich das Ding, denn ich wusste, dass meine Frau sich schon lange eine neckische Lampe für unseren Balkon wünschte. So eine rote, batteriegetriebene Petroleumlampe erschien mir daher absolut richtig.

Nach Feierabend, als wir in unserer kleinen, funktional ausgerichteten Küche, zwischen Herd, Kühlschrank und der Abendhitze überlegten, welche Nahrung wir erlegen und wie zubereiten sollten, flüsterte ich ihr ins Ohr: Ich hab Dir etwas mitgebracht.
Sie drehte sich um und sah mich misstrauisch an. Sie hat sehr große, tiefe, dunkle, aber auch schon alte, erwachsene Augen, die meist ernst dreinschauen. Offenkundig glaubte sie mir nicht. Aber ich zauberte ohne weiteres Zögern die Lampe hinter meinem Rücken vor und präsentierte: die rote, batteriegetriebene Petroleumlampe.

Sie lächelte, gab mir einen Kuss und fand die Lampe offensichtlich toll. Schnell packte sie die Batterien aus, öffnete das Fach, setzte sie hinein, drückte auf den Knopf und nichts geschah. Ihre ernsten Augen, die so kurz davor gewesen waren zu leuchten, blieben stumpf.

Ob sie die Batterien richtig herum hereingetan hätte, fragte ich arglos.
Für wie blöde ich sie halten würde, antwortete sie spontan.
Nun, an diesem Punkt war ich vom Süßstoff meines Tages Lichtjahre entfernt. Aber ich behielt zum Glück die Nerven, blieb ruhig und gemeinsam kontrollierten wir die Batterien und die Anschlüsse und mit einem Mal, als ich schon dachte, dass mein kleines Geschenk zu mehr Frust statt Lust geführt hätte und spürte, dass jeglicher Frohsinn wieder aus meiner Frau gewichen war, leuchtete das als Dochtlicht getarnte Led Licht doch noch auf. Welche Freude! Die Augen meiner Frau strahlten mich an und ihre Freude war so echt und kindlich über die künstlich brennende Petroleumlampe, dass mir Tränen in die Augen schossen.

Komm, hol die Lampe raus, es ist jetzt dunkel genug, sagte meine Frau später am Abend und sie erinnerte mich an ein kleines Mädchen, das sich auf die Bescherung freut. Kurz darauf saßen wir auf unserem Balkon und unten auf der Straße fuhren noch die letzten Pendler stadteinwärts oder auswärts und ich versuchte ihr wiedermal zu erklären, wie winzig klein wir doch seien, wenn wir das Weltall als Maßstab nähmen. Während ich so erklärte und den Polarstern suchte, lauschten, tuschelten
und schwiegen die Nachbarn auf den anderen Balkonen, wohl gut zehn Etagen in jeder Richtung über, neben oder unter uns und die Augen meiner Frau leuchteten für 4,99 € im batteriegetriebenen Petroleumlicht.

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Kommentare zu diesem Text

janna (60)
(03.04.10)
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 Lala meinte dazu am 03.04.10:
Hallo janna,

das Komma tun wir gleich weg tun tun, aber nie, niemals, nie, nicht würde ich je etwas durch den Kakao ziehen wollen. Im Ernst: ich dachte der Text sei harmlos, möglicherweise sogar rührend? Interessant. Das wichtigste: es schien amüsant gewesen zu sein. Danke dafür.

Gruß und ein schönes Osterwochenende wünscht

Lala.
Prediger (40)
(03.04.10)
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 Lala antwortete darauf am 03.04.10:
Hallo Prediger,

und ich bin erstaunt, geradezu baff, dass der Text diese Wirkung haben kann.

Willkommen auf kV ... oder welcome back.

Gruß

Lala

 styraxx (06.04.10)
Ob es sich bei den Batterien um Alkali-Mangan-Qualität handelt oder nicht, ist hier wohl zweitrangig. Was ich aber für evident halte und auch gut rüber kommt, ist diese fast naive Unschuld, in der es sich das Paar häuslich gemacht hat. Und das hier setzt dem noch eins drauf:
Kurz darauf saßen wir auf unserem Balkon und unten auf der Straße fuhren noch die letzten Pendler stadteinwärts oder auswärts und ich versuchte ihr wiedermal zu erklären, wie winzig klein wir doch seien, wenn wir das Weltall als Maßstab nähmen.
Ach, wie relativ doch alles ist. Gern gelesen. LG

 Lala schrieb daraufhin am 06.04.10:
Hallo styrxx,

die Batteriefrage muss offen bleiben ;)

Die naive Unschuld, das Glück im Winkel stand Pate bei dieser kurzen "Erzählung". Ich freue mich, dass Dir die LED betriebene Petroleumlampe gefallen hat ;) Trotzdem überrascht mich dieser Text mehr und mehr - im positiven Sinne. Danke für's vorbeischauen und für den Kommentar.

Es grüßt

Lala
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