Melancholie

Gedicht

von  Georg Maria Wilke

Die Straße steigt himmelwärts,
    abgebrochen ruht der Horizont.
          Die Farben jagen späte Lichter.
          Ein Schattenkind spielt Weltenrichter.
    Der alte Kronos auf der Straße wohnt,
Melancholie, schweres Erz.

Häuserfluchten fallen grau
und schwerelos türmt der alte Bau
    frühes Gebet im sakralen Raum,
    Schatten, alt und jung, am Straßensaum.
          Das grüne Himmelszelt stürzt auf Dächer,
          Schweigen rinnt durch Gemächer.

Rote Spitze ritzt das Grün,
    Arkaden, menschenleer, dunkle Stille,
spitze Wimpel im Winde ziehn –
          ein Wagen, wartend, am Kirchentor,
    geöffnet  schenkt er die letzte Hülle,
          der junge Tod schweigt davor.


Anmerkung von Georg Maria Wilke:

nach einem Bild von Giorgio de Chirico „Melancholie und Mysterium einer Straße“,( 1914)

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Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (24.03.11)
Gut beschrieben. LG

 EkkehartMittelberg (24.03.11)
Das Gedicht gefällt mir, Georg Maria, bis auf das Attribut "schweres Erz" zu Melancholie. Kann Melancholie so schwer sein?
Liebe Grüße
Ekki

 Georg Maria Wilke meinte dazu am 24.03.11:
Melancholie wird kosmologisch mit dem Blei in Verbindung gebracht und dies untersteht der saturnalen Kraft. Es ist also sehr schwer.
Danke für deinen Kommentar.
Liebe Grüße Georg

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 24.03.11:
Nach der Beseitigung meines Unwissens empfehle ich gerne dein Gedicht.
Ekki
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