Emanzipation vor 130 Jahren

Erzählung zum Thema Emanzipation

von  Sanchina

"Das wird sie sicher nicht", entgegnete Marlenes Mutter, "ich werde meiner Tochter auseinander setzen, wie sehr diese Lehrstelle mit ihrem guten Ruf, Frau Meisterin, verknüpft ist!"

Wie fragend zog die Meisterin die Augenbrauen stirnwätrts, obwohl sie wusste, was Marlenes Mutter meinte. Der Modesalon wäre ohne die unbezahlte Arbeit der Lehrmädchen  wirtschaftlich gar nicht existenzfähig  gewesen. Und Marlenes Mutter wusste dies.; sie war nicht dumm. Sie gehörte einer Frauenvereinigung an, welche für Frauenrechte kämpfte - wozu auch modische Belange zählten. Die politisch engagierten Frauen - wie nur deren Ehemänner solches zulassen konnten! - kämpften beispielsweise gegen das angeblich Ohnmachten verursachende Mieder. Selbst kamen sie daher wie die allerärmsten Mägde direkt aus dem Stall, gesellschaftsfern und beispielsweise in einem so ordinären "Waschkleid" wie Marlenes Mutter.

Doch nicht nur die Meisterin, sondern auch Marlenes Mutter, sorgten sich um Sitte und Anstand. Woher hatte Marlene die ominöse Spieluhr? Wenn es tatsächlich einen Verehrer gab, könnte das Mädchen schwanger werden. Und dann? Für dieses Problem hatten auch die Frauenvereine des 19. Jahrhunderts noch keine Lösung gefunden. Im  Falle einer Schwangerschaft musste geheiratet werden, egal, wen. Eine ledige Tochter mit einem Balg war unverheiratbar.

Marlenes Mutter instruierte ihre Tochter, im Salon der Meisterin zu verbreiten, dass Florentine - ein typisches Mauerblümchen - den angeblichen Liebhaber erfunden hatte.

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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (17.03.14)
Du hast den Zeitgeist gut eingefangen
Mir gefällt der ambivalente Schluss besonders.
Gruß
Ekki

 Sanchina meinte dazu am 17.03.14:
ich bin doch gar noch nicht fertig damit. Es folgen noch Teil 3 und 4

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 17.03.14:
Soll ich meinen Kommentar wieder löschen?
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