In der Mitte

Kurzprosa zum Thema Gesellschaftskritik

von  Horst

Er spürte den kalten Wind an seiner Nasenspitze, wie unzählige Nadelstiche und seine großen blauen Augen waren fest geschlossen von der eisigen Kälte und der stockdunklenNacht.
Müde und erschöpft ging er den Bürgersteig entlang, wo in größeren Abständen Laternen auftauchten und ihr fahles Licht in die Dunkelheit bohrten, die er aber nicht großartig zur Kenntnis nahm, weil ihm seine Müdigkeit zu schaffen machte und ihm der Lichtschein der Laternen, somit keine Aufmerksamkeit schenkte.
Er war so ein Mann, der auf die bürgerlichen Konventionen pfiff und sein Leben lebte, frei nach dem Credo von Frank Sinatra: „Ich mach' es auf meine Weise“.
Er war aber weder brutal noch das Gegenteil – wohl so in der Mitte vermutlich - und dies widerstrebte ihm doch sehr, „nur“ in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein. Denn ein „Durchschnittsmensch“, wollte er niemals sein, auch wenn es zu mehr bisher nicht gereicht hat. Er war auch kein schöner Mann, wenn auch staatliche einsneunzig groß, mit breiten Schultern und eine Brille tragend.
Als er dann auf dem Bürgersteig entlang spazierte, lachte er mit leicht gesenktem Haupt vor sich hin, als wollte er sich über sich lustig machen, wenn auch auf die sarkastische Art und Weise.
Ja, manchmal da lachen die Menschen so vor sich hin, obwohl sie vermutlich keinen Anlaß dazu haben, dachte er bei sich, denn gäbe es dieses befreiende Lachen nicht, könnte man nur noch weinen, so begriff erst jetzt. Eine schreckliche Vorstellung, meinte er, aber der liebe Gott, hat uns wohl dieses herzliche Lachen geschenkt, weil ihm das Traurige, die Melancholie, dem Menschen zu viel Schwermut zumuten würde, denn das Leben soll ja lebenswert sein, zumindest zeitweise, auch wenn wiederum schwere Zeiten anbrechen werden und die Fröhlichkeit der Menschen sehr darunter leiden wird.
Er ging nun beinahe eine Stunde über den Bürgersteig, mitten in der Nacht, nur der Lichtschein der Laternen, spendete ihm dabei ein wenig Licht.

Da ging nun dieser „Durchschnittsmensch“ durch die tiefe, schwarze Nacht, mit leicht gesenktem Haupt und vor Müdigkeit geschlossen Augen. Er wusste insgeheim, das er niemals im Leben ein ganz Großer werden würde und in der Menge untergehen würde. So wie der Regen vom schwarzen Himmel prasselt und die Menschen in der Not, ein trockenes Plätzchen suchen, um dem gewittrigen Schauer, irgendwie entgehen zu können.
Doch er spaziert weiter in der Dunkelheit, ohne festes Zeit und ohne jeglichen Ehrgeiz!
Denn er ist ja nur ein „Durchschnittsmensch“ und nichts weiter sonst!
Aber sollten wir ihn deshalb, etwa bedauern müssen?


Anmerkung von Horst:

In der Mitte??

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Kommentare zu diesem Text

Mephobia (31)
(25.05.14)
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