Greta und die Aussicht

Skizze zum Thema Beziehung

von  blauefrau

Greta hatte den Vater 20 Jahre nicht gesehen; die Mutter war mit ihr in die Stadt gezogen, als Greta 14 Jahre alt war. Der Vater sei starrsinnig, reagiere nicht auf ihre Wünsche und überhaupt, das  müsse sie sich alles nicht mehr bieten lassen,  sagte die Mutter, stellte die gepackten Koffer vor die Tür des alten Hauses und ließ Greta als erstes in das Auto steigen. Sie sorgte dafür, dass die vier Koffer im Kofferraum des Wagen gut verstaut waren, dann ermahnte sie den Fahrer, sie und Greta sicher an den Bahnhof zu bringen. Der Fahrer liebte es schnell zu fahren, da das bei seinem ungünstigen Gehalt seine einzige Freude war. Die Frechheiten und Gleichgültigkeiten des Vaters waren es jedenfalls nicht. Gut, dass der Fahrer den Vater nicht so schnell sehen würde. Er war auf einem Kongress und käme erst in einer Woche wieder. Er würde ihm sonst berichten müssen von diesem Aufbruch, mit vier Koffern, ohne jede Regung. Und leider war der Fahrer entsetzlich loyal.

  Greta war alles gleichgültig: die Schule, in der sie  sich als zweite Wahl ansah unter all den bedeutenden Mitschülerinnen - bedeutend, was hieß das schon-  die Männer, die sie nur für Gespräche nutzten, die Augen aber auf Blondinen mit Mofas gerichtet hielten, solche, die die richtigen kessen Worte fanden, während ihre Buchstaben verwinkelt schienen, ohne den direkten Spaß zu bringen, ja, so war sie!


  Bei der Mutter bleiben, der Vater war nicht von dieser Welt und konnte ihre Bedürfnisse nicht, die Mutter denn ? , ja , die war da das kleinere Übel, ja, übel, das war auch sie, sie ließ sie nicht aus den Augen und verfolgte, ob Greta einen Freund habe und ob da etwas laufe. ,,Nicht dass du mir ein Kind mit nach Hause bringst, Greta!" In der neuen Wohnung durfte sie sich die Farben ihres Zimmers selbst aussuchen, das hatte sie sich ausbedungen, und sie hatte von der Mutter noch ein paar weitere Freiheiten, vor allem auch mehr Taschengeld gefordert, sonst, ja sonst wäre sie vermutlich trotzdem halbherzig mitgekommen, aber warum nicht handeln und aus dieser Wunde ein wenig Geld schlagen. Nicht in Gegenwart des Mädchens, hatten die Eltern sich angeschrieen, und ihre Gegenwart war nur pro forma, genauso das Gesagte, denn sie schrien weiter, als wäre sie nur der Resonanzboden, ausschließlich, denn Resonanz erzeugten die Worte der Eltern in ihr, Resonanz auf dies hier und die Vergangenheit, das Ungesagte und die Worte, die entzwei fielen ...


  Die Mutter war nun sehr krank und würde bald sterben, der Vater sollte ihr Kind, sein Enkelkind mit anderen Augen sehen als denen des Alimentegebers, er könnte vielleicht dem Kind eine Bezugsperson werden, so wenige wie jetzt noch übrig waren.

  Greta fuhr mit einem Taxi vor. Sie  wunderte sich, dass der Vater nicht aus dem Haus trat. Der Gehweg war zugemüllt. Zerrissenes Papier, kleine Knochen und Haushaltsabfälle zogen sich über den ganzen Gehweg hin. Elstern hockten an den Mülltonnen am Rand des Gehwegs und rissen an den Tüten, die aus dem Mülleimer herauslugten.

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Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (30.10.14)
Eine traurige Geschichte, gut geschildert. LG

 EkkehartMittelberg (30.10.14)
Der Text ist so verdichtet, dass er berührt.

LG
Ekki

 princess (01.11.14)
Bedrückend, deine Skizze. Jetzt ist Gretas Aussicht weg vom Fenster.

Liebe Grüße
Ira

 blauefrau meinte dazu am 02.11.14:
Hallo, princess,

bei dieseser Skizze handelt es sich um den Kontext zu Edmont.

Hochgräfliche Grüße an Sie! Die blauefrau

 princess antwortete darauf am 02.11.14:
Das habe ich nicht gesehen. Danke für den Hinweis. Nun haben Sie meine Neugier geweckt, Frau blauefrau. Ich werde forschen. princess sherlocka holmes
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