Die Fahrt

Skizze zum Thema Familie

von  blauefrau

Ich hatte mir ein Taxi bestellt. Der Fahrer musste mich über eine lange Allee fahren, etwa eine halbe Stunde lang. Am liebsten wäre es mir gewesen, das Auto führe und der Fahrer wäre nicht da.[Wäre inzwischen ausgestiegen]. Ich wollte allein sein, aber doch so, dass ich mich nicht einsam fühlte. Ein mitfühlender Mensch, der sich an und ausschalten ließ, wäre da ganz passend.  Den rotgesichtigen Fahrer mit seiner geringelten Strickmütze fand ich nicht so erhebend, ebenfalls nicht seine Art, den Inhalt seiner Nase hochzuziehen.

Fünf Minuten lang hatte ich mich in dem Taxi umgesehen auf der Suche nach dem steten Geräusch, dass mich zunehmend störte. Da ich diese Geräusch nicht produzierte und offensichtlich kein Gegenstand in dem Taxi, verfiel ich auf den Fahrer als Verursacher. Ich konnte ihm unmöglich sagen, dass mich gerade dieses Geräusch nervte, anderseits wurde mein Gesicht knallrot in dem Versuch, es doch zu tun. Aus meinem Mund kam kein Laut hervor. Ich schaffte es nicht. Mein Embryo trat von innen gegen meinen Bauch, und ich stellte mir die für unser beider Zukunft nicht unerhebliche Frage, was das für eine Mutter sein soll, die nicht mal ihre Meinung vertreten kann: Wie soll aus dem Jungen denn dann etwas werden, bei diesem Zag - Gemüt? Ich hörte sie schon in einem Chorus reden, leiser, dann immer lauter werdend, die, die meine Fähigkeiten als Mutter begutachten würden. Die Schwestern auf der Gebärstation, die Hebamme, der Kinderarzt, die Kindergärtnerinnen, die Mütter, die gern kochten und ihr Kind rund um die Uhr pflegten, ich hatte nicht mal immer greifbar Taschentücher dabei ...

  ,,Also ich...",
hatte ich gerade schwach herausgebracht, einfach so, als der Fahrer mich auf die Geschichte dieser Allee hinwies. Er zeigte auf eine Wegkapelle:
,,18. Jahrhundert! Steht unter Denkmalschutz!",
während ich Plastikrosen wahrnahm, die den Boden der Kapelle zierten. Die Madonna glänzte sowas von Golden, dass ich mich geblendet fühlte.

  Mein Vater hatte nach mehreren Anrufen endlich zurückgerufen:
,,Was soll das jetzt noch bringen?", fragte er.
,,Dein Besuch hat so etwas Unausweichliches an sich, und ich hasse Termine, Greta!"
Doch ich ließ nicht locker und kam schließlich sogar mit der Schwangerschaft an.
,,Aber das wolltest Du doch nicht, Dein Kind als Druckmittel!"
, meinte meine Freundin Anna, aber mir war jetzt -fast- alles egal, das Kind war der Türöffner, selbst bei meinem Vater, an dessen besondere liebevolle Zuwendung ich mich nicht so direkt erinnern konnte.
,,Was soll´s !", dachte ich,
und der Termin mit Vater, Edmont, war mir sicher. Fast sicher. Noch hatte er ja nicht stattgefunden.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (03.11.14)
Was ist den ein "rotsichtiger Fahrer"? Ein Autofahrer, der an grundsätzlich jeder Ampel hält, egal was sie anzeigt?
Ansonsten gerne gelesen. Es gibt übrigens eine Lösung für das Dilemma der Protagonistin, das diskret und unaufdringlich ist und alle das Gesicht wahren läßt: Dem Nasehochzieher ein Taschentuch anbieten.

 princess (03.11.14)
Langsam erkenne ich ein Perspektiven-Mosaik. Das empfinde ich als spannend und herzbewegend zugleich.

Liebe Grüße
Ira
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