auf der Bühne sitzt der Autor an einem einfachen Holztisch
[mit schwarzem Rollkragenpullover
darüber ein schwarzer Halbmantel mit hoch geschlagenem Kragen
helle Hose und bunte Turnschuhe
seltsam
für einen Mann seines Alters und seines Standes
man erwartet Schlips und Kragen]
allein
[sein Gesicht blass und tief zerfurcht
auch die Augen scheinen viel Leid ertragen zu haben
seine Ohren klein und weich geformt
als ob sie aus dickem Filz geschnitten
und abstehend an den kahlen Kopf geklebt wären]
und liest
vernehmlich
gestenreich
[eine Hand scheint geschwollen zu sein
und alle Fingernägel zu kurz
als ob sie abgekaut wären]
trägt vor in flottem Redefluss
wir hängen an seinen Lippen
wir lachen ausgelassen über seine treffsicheren amüsanten Schilderungen
bis ein Zuhörer ihn mit Klatschen unterbricht
als der Lesende gerade Atem holt
[viel zu früh … war das verabredet?]
überrascht klatschen wir schließlich alle
Beifall
lang und anhaltend
freundlich zustimmend
der Autor nickt stumm ins Publikum
seine Lippen zittern
als ob er sprechen wollte und ihm die Worte fehlten
[wenn er doch nur endlich etwas sagen würde
und das Zittern aufhörte]
und dann kommen seine Dankesworte
geschliffen, beredt
und sein Humor trägt uns hinaus
[leider nur von kurzer Dauer
zu Hause ist er wieder verflogen]
Anmerkung von tulpenrot:
siehe auch hier
http://www.keinverlag.de/texte.php?text=374180
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