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Novelle zum Thema Weihnachten

von  Skala

„Ein Jahr?“, fragte er sarkastisch. „Wirklich – Sie schicken mich auf eine Zeitreise und dann suchen Sie sich ausgerechnet das Vorjahr aus? Was wäre denn mit den Achtzigerjahren? Das wäre doch mal interessant zu sehen.“
Der Schaffner, Kowalskis Sarkasmus gekonnt ignorierend, entgegnete entspannt: „Sie werden schon sehen, unser Angebot hat immer Sinn und Zweck. Das mag Ihnen noch nicht aufgefallen sein, aber ...“
„Ist schon in Ordnung“, fiel Kowalski ihm ins Wort. „Aber ich denke, dass ich mich an letztes Jahr noch ganz gut erinnern kann – wozu also dieser Aufwand?“
„Sie werden kaum glauben, wie viel Sie bereits vergessen haben. Weihnachten 2015 ist fast ein Jahr her, könnten Sie noch sagen, was Sie Ihren Lieben geschenkt haben?“
Kowalski dachte angestrengt nach und lief rot an. „Na ja ... ich schätze, da habe ich schon noch ein paar Probleme.“
„Sehen Sie. Unser Gehirn wird uns immer wieder als wahres Wunderwerk der Biologie verkauft – aber wenn wir ehrlich sind, so weist es oft gravierende Mängel auf, nicht wahr?“
Kowalski konnte nicht anders, als ihm zuzustimmen.

Der Schaffner seufzte. „Wissen Sie“, begann er, „es tut mir wirklich leid, was wir Ihnen hier antun. Deswegen falle ich jetzt einmal, ausnahmsweise, und nur, weil der Fehler bei uns liegt und es fast Weihnachten ist, aus meiner Rolle und frage Sie: Wie geht es Ihnen?“
„Häh?“, machte Kowalski. „Ich meine: bitte?“
„Wie geht es Ihnen? Wie gefällt Ihnen unser Service? Konnten Sie ihrer Reise etwas Positives abgewinnen?“
„Ich denke schon“, erwiderte Kowalski zögernd. „Ich – mir geht es gut, doch, auch wenn ich zugeben muss, dass ich ziemlich müde bin und gerne nach Hause möchte. Aber wahrscheinlich haben wir es bald geschafft, nicht wahr?“
„Wir sind in wenigen Minuten da“, bestätigte der Schaffner. „Ihr letzter Aufenthalt, danach bringen wir Sie in die Gegenwart zurück.“
„Gott sei Dank.“ Kowalski lehnte sich entspannt zurück. „Nach diesen Strapazen freue ich mich tatsächlich auf 2016 – kaum zu fassen, dass ich das sage.“
Der Schaffner lächelte. „Dann war Ihre Reise tatsächlich ein Erfolg. Es freut mich, das zu hören.“ Er warf einen Blick zur Zeitanzeige. „Sie sollten sich bereitmachen. Wir sind gleich da.“
Kowalski erhob sich von seinem Sitz, streckte sich und griff nach Hut und Aktentasche.
„Also gut“, sagte er. „Dann mal los.“

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