DER MYTHOS DES SISYPHUS

Gedicht zum Thema Mythisch

von  hermann8332

DER MYTHOS DES SISYPHOS

eine Hommage an Albert Camus
und sein gleichnamiges Essay

Prolog:

Definition
Sisyphusarbeit = anstrengende, vergebliche, nicht enden wollende Arbeit

Zwei Arbeitsgedichte

Mußte arbeiten,
bis mir der Buckel kracht
lag tot im Eck
und wurde obendrein
dafür noch ausgelacht

Du weist nicht,
wie die Blumen duften
kennst nicht das holde Abendrot
von früh bis spät mußt du nur schuften
kaputtgerackert
VOLLIDIOT !

Sentenzen:

Arbeit schändet nicht ! ...... oder doch ?
Arbeit adelt ! ......nicht den Arbeiter, sondern den Adeligen
Arbeit ist des Lebens Würze ! ....und sie sorgt für seine Kürze
Der Mensch ist zur Arbeit geboren,
wie der Vogel zum Fliegen ! ...........doch der Vogel fliegt, aber arbeitet nicht
Gesundheit ist die Tochter der Arbeit ! ..... und die Mutter der Krankheit
Ora et labora ! ......also bete nicht und arbeite nicht
Stöhnen ist die halbe Arbeit ! ...... und Jammern die ganze
Not lehrt beten, Arbeit lehrt wie man gegen Not sich ( ...vergeblich...) wehrt
Guter Anfang ist die halbe Arbeit ! ..... und schlechter die ganze ?
Wer nicht arbeitet soll nicht essen ! - dann wären alle Reichen verhungert


DER MYTHOS DES SISYPHOS

Den Stein, den schweren
wälz ich nach oben

Doch was passiert am Hang
dort droben ?

Er rollt stets wieder hinab !

So geht es in alle Ewigkeit

Äonenhaft verrinnt die Zeit

Könnt ich doch ruhn in meinem Grab !


Ich hatte den Zugang zum Hades blockiert
und so Thanatos ausgeschmiert

Ich hatte bei meinem zweiten Tod
den Todesgott in Ketten gelegt,
damit mich das Boot des Fährmanns Charon
nicht über den Styx zum Hades trägt

Ich hatte bei meinem dritten Tod
Thanatos so genasführt,
daß er sich unsterblich blamiert:

weil ich mich per Testament
einfach nicht bestatten ließ

Und er fand es besonders mies,
daß es kein Totenopfer gab:
deshalb blieb es leer mein Grab

Er konnte sich nicht mehr mit mir befassen,
mußte mich wieder ins Leben entlassen

Seitdem begann er mich zu hassen

Zurück in meinem alten Dasein
benahm ich mich wie ein Schwein

wurde zum üblen Denunziant

ich hatte nämlich trotz seiner Tarnung
bei einer seiner vielen Entführungen
eindeutig Gottvater Zeus erkannt

Der Vorfall war sehr skandalös
und obendrein äußerst pikant

An Hera verriet ich ihn
und sie hat es ihm nie verziehn

Zeus und Thanatos kamen überein:

Das sollte mein letztes Delikt sein

Als Strafe für Renitenz und Verrat
man deshalb beschlossen hat:

ewige Untsterblichkeit
und ewige pausenlose monotone
und  sinnlose schwere Zwangsarbeit

So wälze ich den Stein nach oben
auf diesem langen steilen Hang
und wälzte, wälze ihn schon
zigtausende von Leben lang ........

......... und immer, immer wieder
rollt er mir zurück ins tiefe Tal .......

......ich wälzte, wälze ihn
schon zigmillonen mal .............


Und träume  beim Wälzen öfters
denselben abstrusen Traum:

Die Gravitation und auch der Raum
verkehren sich ins Gegenteil
in einer paradoxen Welt,
in der alles nach oben fällt


Aufwärts fließt der Styx
Der Hades liegt im Himmelszelt

Mein Stein er rollt den Berg empor
von Zauberhand und ganz allein

Doch, wenn ich es länger durchdenke
wird es für mich nicht besser sein:

Ich muß den Stein zu Tale schieben,
um ihn zur tiefsten Stelle dort
mit letzter Kraft noch hinzukriegen

doch wird er mir nach oben rollen
ein paar Meter vor dem Ziel
immer und immer wieder,
ein um das andere mal.

Nicht enden wird die Qual

Es ist ein falscher Traum,
den ich da täumen will,
denn immer rollt der Stein zurück
und hält einfach nicht still

Mitunter träume ich
von Schwerelosigkeit

Doch was mach ich wohl dann
mit der endlosen Zeit,
wenn es  zu tun gibt
überhaupt nichts mehr .........

Ein solcher Traum, er macht mir Angst
er macht mich krank, ich fühl mich leer

Es ist ein Albtraum ohnegleichen,
als böses Menetekel,
als schlimmes  dunkles Zeichen

Mein Mythos wär dahin
Mein Dasein hätte keinen Sinn

Mein neuer Traum,
er stimmt mich heiter
Doch bleibt er wohl ein schöner Traum
und leider Gottes sonst nichts weiter,
obwohl er realistisch wäre ..............

denn sein Inhalt ist nicht weltfremd
und die Idee reicht mir zur Ehre
wie man sicher gleich erkennt :

Es müßten nur etwas Regen fallen,
die Temperatur unterschiedlich sein
und dieser Berg mit seinem Hang
aus Erde, Geröll, Fels und Stein
er würde sich einebnen
durch den Prozess der Erosion

und in Millionen Jahren schon
würde ich den Stein rollen können,
soweit, so lang, wohin ich will,
egal zu welchem Zweck und Ziel

Doch leider keine Spur
von irgendwelcher Feuchtigkeit
kein bischen Wasser weit und breit

Auch ist es weder warm noch kalt

Deshalb starb mein Traum sehr bald,
obwohl er vielversprechen war,
naturgesetzlich einwandfrei
und wissenschaftlich äußerst klar ........

Und weil die Hoffnung stirbt zuletzt
hab ich im allerletzten Traum
auf die Kosmologie gesetzt:

Auf das Ende aller Materie
auf das Ende von Zeit und Raum

Die Entropie, sie ist kein Traum:

Alles zerstrahlt, diffundiert
alles wird nihilisiert
wird zur absoluten Leere
ohne die geringste Schwere
ohne Berghang oder Stein

Alles wird zu Ende sein !

auch meine Unsterblichkeit
Zeus, Thanatos, der Raum, die Zeit,
das ganze Universum
und die gesamte Ewigkeit

endlich befreit

nicht Ananke (Zwang, Schicksal)
sondern Freiheit !

Allmählich, sollte man meinen,
wird es langsam dafür Zeit !

Wenn sich Helios rot aufbläht
zu einem monströsen Sonnenwagen
und Gaia zugrunde geht  ........
würde es mir viel Zeit ersparen

vielleicht 20 Milliarden Zeiteinheiten
gemessen in Terra- Jahren

..... falls mich nicht Zeus zuvor verfrachtet
aus dem sterbenden Sol-System 
zu einer fernen Galaxie .........

Sonst bleibt mir nur die Entropie

als einziger Trost, als Zuversicht

Sie enttäuscht mich sicher nicht !


Wälzt denn im Grund nicht jeder
vergeblich seinen eigenen Stein
als Opfer oder Täter ....... ?

Auch das kann ein  Trost sein

Also bin ich nicht allein

Mich gibt es acht Milliarden mal
in diesem irdischen Jammertal

in dem wir hier malochen sollen,
auch wenn wir es gar nicht wollen

Wir alle wälzen das Problem
der Sinnfrage des Lebens
mühsam, sinnlos und zeitlebens

und wir wälzen es vergebens

Eine Sisyphus -Arbeit
von der uns kein Gott befreit !


Epilog:

So wälze ich den Stein
gottergeben,robothaft,
fatalistisch weiter .............

und dabei fällt mir ein:
es könnte doch wohl sein
daß nicht ich ihn, sondern er mich
nur hin und her bewegt ......

.......und daß das gilt für alles,
was sich im Universum regt......

Für unsere Welt, ihre Geschichte, die Galaxien,
den ganzen Kosmos, für das gesamte Leben
könnte sich daraus ergeben:

Das All ist ein gigantisches
und sinnloses Perpetuum Mobile
getrieben vom Fluch der Wiederkehr
als Werden und Vergehen

Muß man das Universum vielleicht so verstehen ?

Vom Urknall bis zu Entropie,
ein Reset und ein Neustart dann
und alles fängt von vorne an
auf die gleiche,
stupide, sture Weise

wie eine ewige Rundreise
ohne Ziel und ohne Ankunft,
ohne jegliche Vernunft

Jeder sein eigener Sisyphus
in einem Sisyphus- Kosmos
wo sich die Galaxien wälzen
auf ihren sturen Bahnen

Im dunklen Mythos des Sisyphus 
verbirgt sich die menschliche Tragik
Sie läßt sich nicht erschließen,
aber leider erahnen  ...........................


Arminius Cervus, anno Domini 2017, Juli 20

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Kommentare zu diesem Text


 LotharAtzert (30.08.17)
Hab das an sich hochinteressante Thema nicht bis zum Ende lesen können, wegen der unsäglichen Reime bzw der rhythmischen Kata-Strophen.
Versuche es doch mal ohne.
"Sie läßt sich nicht erschließen,
aber leider erahnen ..........................."
- wieso leider? Sollen wir lieber in Verblödung vegetieren?

 hermann8332 meinte dazu am 01.09.17:
ich bin keine Reimbeckmesser oder orthodoxer Rythmiker
Würde auch sprachlich, stylistisch und semantisch
nachteilig sein --- Knüttelreime sind es keineswegs und
erst recht kein Reimmanirismus
Schau doch mal wie anerkannte Literaten reimen !
Dass du als Beckmesser das Thema nicht zu Ende gelesen hast
ehrt dich als Reimpurist und Formalist
LIES DOCH MAL DAS ESSAY VON CAMUS
Mein Gedicht hat eine ecxistentialistsiche Aussage
Der triviale Prolog endet in einem Epilog, der zeigt, dass
es keine Hoffnung gibt und die Sinnfrage idiotisch ist
leider --- der Apfel der Erkenntnis wird zum Fluch
denn wir werden nie alles wissen ...... aber das Ende der
Vorstellung erahnen ... und das ist gemäß den neuesten
Erkenntnissen zur Entropie ( zweites Gesetz der Thermo-
dynamik ) und zur kosmsischen Inflation leider alles andere
als tröstlich grüsse hermann8332

 Augustus (30.08.17)
ich lese hier quasi ein langes Gedicht, das sich mit dem Sinn des Lebens beschäftigt. Selbst die List, die hier gegen die Götter mit Erfolg angewendet wird, um dem Tod zu entkommen, erscheint im Anschluss im Angesicht der Ewigkeit nur ein kurzes Vergnügen. Das Rad der Zeit ist kreisförmig, so dass letztlich jede neue Erkenntnis zwangsläufig uns irgendwann zur Ausgangsfrage führt. Im Grunde wird hier nach einem Ausgang gesucht aus dem Kreis. Eigentlich unauffindbar.

Ave

 hermann8332 antwortete darauf am 01.09.17:
Ja , so habe ich es auch gemeint
Das Rad der Wiedergeburt und der Zeit ist ein Fluch ,
für einen Buddhisten sowieso, der das Nirwana anstrebt --
das Nichts , die Leere
Für einen Christen ist dies schauderhaft , er könnte sich mit
einem Reset eher anfreunden
Die Entropie und die kosmische Inflation
ist für die Sinnsucher niederschmetternd
Die Vergeblichkeit des Seins ist der Sisyphusmythos
und er ist existentialistisch ---- so verstehe ich auch
das Essay von Albert Camus herzliche grüsse und danke
für den Kommentar hermann8332

 EkkehartMittelberg (05.09.17)
Dein Gedicht erfasst inhaltlich die Sinnlosigkeit der Existenz des Sisyphus sehr gut, aber reimtechnisch und rhythmisch wirkt es chaotisch.
Du solltest über dieses Thema ein Essay schreiben.
Gruß
Ekki

 hermann8332 schrieb daraufhin am 06.09.17:
hallo Ekki,
im Forum Leselupe gibt es eine kategorie
Freie Reimtexte ( oder so ähnlich )
also sowas wie gereimte Prosa ...

Ein Essay gedicht ist dieses Gedicht ja schon,
also erübrigt sich ein Essay

Camus hat ein Essay geschrieben in Prosa

Lies doch mal meine Anwort zu Lothar Atzert

Der Reim vertändert sich bewußt, dort wo die Schilderung
des Sisyphus über seine Täuschungsmanöver beginnt

Danach geht es wieder in den üblichen Reimtakt zurück

Würde ich das Gedicht rythmisch perfekt und taktmäßig
bzw reimtechnisch einwandfrei schreiben, wäre das
Ambiente dieses Sisypusschickals nicht so verdichtet

und schlechter erfaßt ( zu preziös , zu dezidiert ! )

Es wäre vielleicht pathetischer und erhabener
und lyrtischer , was gar nicht dazu paßt
aber leider weniger impressiv

Gerade so wird Sprache und Stil der Aussage mehr gerecht

Die Semantik ist voll angemessen und die Wortwahl erst recht

Wenn es dir holperig vorkommt, dann bist du ein Lyriker

Ich bin bin keiner und will es auch nicht sein , weil dieses
Sujet wenig hergibt .... und gar nicht zur philosphischen
rationalen und ambivalenten 'Thematik passen würde

Das Gedicht ist biographisch, protokollhaft und ähnelt
einer Dokumentation ---- es ist existentialistsch, surreaL
und mythisch, aber nicht mysthisch .... ganz im Gegenteil

erst recht dort nicht wo es um die naturwissenschaftlichen
Aspekte geht

herzl grüsse h .
(Antwort korrigiert am 06.09.2017)

 hermann8332 äußerte darauf am 06.09.17:
post scriptum für Ekki
Worum es eigentlich geht
Liest es sich flüssig oder nicht

Ist das Deutsch dem Inhalt angemessen
Ist es stringent, logisch, pointiert, interessant , konsistent
lesenswert

leider mangelt es daran überall, so wie bei guten
Drehbüchern, die auch Mangelware sind
( siehe meine Kommentare)
wenn dem nicht so ist, dann wirkt die perfekte Reimform
und der Takt geradezu lächerlich und beckmesserhaft

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 07.09.17:
Aus deiner Antwort geht hervor, dass du dich auch mit der Form des Gedichts identifizieren kannst und das ist wichtig.
Beste Grüße
Ekki
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