Traumgeist

Geschichte zum Thema Allzu Menschliches

von  SKARA666

Es ist warm. Das Gefühl ist gut. Es gibt zur Zeit einfach nichts, dass die Ruhe stört. Gestern liefen noch Tränen, eine bekannte Stimme hat etwas gemurmelt, doch weiß ich nicht mit wem sie sprach. Es ist auch egal. Die Wärme, die Ruhe, alles andere soll ganz weit weg sein! Die Zeit vergeht, der Sekundenzeiger, das Einzige was sich bewegt. Er schreitet voran ohne ein Laut von sich zugeben, kein nerviges Ticken. Das ist gut so. Der Geist erfährt Zufriedenheit, erst fühlt es sich schwindelig an, dann fallend, dann ein Schreck, und dann endlich das Tiefe in sich kehren. Es wird schwer, doch es tut gut, denn er spürt nur sich selbst. Es gibt keine Vergangenheit, und die Zukunft ist gerade weit weg. Die Muskeln zucken, Entspannung macht sich breit. Und dann, dann ist auf einmal alles weg. Vom Schlaf umfangen begibt sich der Geist auf Reisen. Aus der Ferne hört er Stimmen, Gesichter tauchen auf und verschwinden wieder. Alles wirkt verschwommen, nur ein, zwei, vielleicht auch drei Gesichter kann der Geist erkennen. Eines davon sieht ihn an, aus einem Spiegel heraus. Der Geist glaubt sich selbst zu erkennen, doch sieht er ganz anders aus. Jemand ruft nach ihm, fordert ihn auf, weiter zu machen. Doch der Geist weiß gar nicht, womit er weiter machen soll. Er kennt sich hier nicht aus. Angst macht breit, fast schon Panik. Er schüttelt sich, und alles wird schwarz. Dann wieder Stimmen. Der Geist dreht sich um und befindet sich mit einem Mal ganz woanders. Auf einer Wiese unter blauem Himmel. Eine Sommerprise fängt ihn ein. Er kennt diesen Ort, ein Garten aus der Kindheit. Er atmet tief durch und lauscht. Eine dieser Stimmen kann er zuordnen, es ist die seines Vaters. Jetzt kann er auch dessen Gesicht erkennen. Der Geist will ihm etwas sagen, kann aber nicht. So sehr er sich auch anstrengt, kein Wort kann er formen, keine Silbe, kein Laut. Das Gesicht des Vaters lächelt ihn an. Es ist ein warmes Lächeln, und Zufriedenheit umfängt den Geist. Er will auf ihn zugehen. Doch dann, dann ist wieder alles schwarz. Kurz zurück, wieder im  Körper des Träumers spürt der Geist, wie dieser tief durchatmet. Dann begibt sich der Geist auf eine weitere Reise. Er findet sich in der Geschichte eines Buches wieder, eine spannende Geschichte. Doch ist er nur Zuschauer. Die Figuren aus dem Buch haben eine klare Gestalt. Er erkennt sie alle wieder. Die Handlung führt ihm die letzten Kapitel vor, die er vor wenigen Stunden gelesen hatte. Wie ein Film läuft die Geschichte vor seinen Augen ab. Alles wirkt greifbar, die Häuser, die Wesen, gar die Gerüche, wie sie im Buch beschrieben werden, kann der Geist vernehmen. Gefesselt vom Geschehen spürt der Geist den Drang, weiter lesen zu wollen. Doch dieser Gedanke reist ihn aus der Geschichte raus. Er steht kurz davor, in den Körper des Träumers zurück zukehren, als ihn mit einem mal ein anderes Bild einfängt. Eine lange Straße. Aus Gründen, die er sich selbst nicht erklären kann, muss er das Ende der Straße erreichen. Also beginnt er zu laufen, erst langsam, dann schneller. Er spürt, dass irgendetwas ihn verfolgt. Obwohl er es nicht will, zwingt er sich dazu, sich umzudrehen. Er sieht, wie hinter ihm alles zusammen fällt. Alles was hinter ihm bleibt ist nur ein tiefes Schwarz. Er blickt wieder nach vorne. Die Straße wird immer enger. Steine, Mülleimer, Geäst und Gestrüpp, sowie anderes Geröll breitet sich vor ihm aus. Der Geist springt über alles hinweg, schneller und immer schneller versucht er der Schwärze zu entkommen. Dann spürt er, wie er über seine eigenen Beine stolpert, er fällt. Die Schwärze hat ihn eingeholt. Die Straße vor ihm zerfällt. Er versucht noch sich an den Bruchstücken hochzuziehen, doch vergebens. Er fällt und fällt, sieht in das tiefe Schwarz. Wieder Angst, wieder Panik.Dann, ganz plötzlich erwacht er erschrocken, zurück im Körper des Träumers. Er spürt das schnelle Atmen, sein Herz pocht stark gegen den Brustkorb. Er öffnet langsam die Augen und findet sich in der Wärme und der Ruhe wieder, in der er sich vor der Reise wohl und gut gefühlt hat. Träumer und Geist sind wieder vereint. Der Träumer versucht sich an die Reisen seines Geistes zu erinnern, doch sind nur Bruchstücke übrig. Es ist auch egal, denn was zählt ist die Wärme, die Ruhe. Jetzt will er nur noch lesen. Ein Buch, das ihn fesselt, seitdem er mit den ersten Seiten begonnen hat.

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