Ich bin nicht Kierkegaard - Bruce LaBruce interviewt Karl Lagerfeld

Erzählung zum Thema Gott

von  toltec-head

In 2010 machte der schwule Filmregisseur Bruce LaBruce für Vice ein Interview mit "the Kaiser himself", das bis jetzt nirgends in Deutsche übersetzt wurde. Warum auch? Ein Land, das im Jahre 2017 allen Ernstes meint, es sei vor allem wichtig, ostdeutsche Nazis zu jagen, das Innen Habermas und Außen Andrea Nahles ist, entsprechend stinkt und entsprechend aussieht, braucht keinen Karl, der sich zur Flüchtlingspolitik der zwar offenbar nicht halbjüdischen (Esprit ???), sondern hundertprozentigen evangelischen Pfarrerstochter andernorts ja unzweideutig geäußert hat (Nazi?).  Aber noch schreiben wir das Jahr 2010. Die Welt scheint in Ordnung. Es gibt zwar schon die Champagnerlinke, aber noch macht sie nur Zeitung (oder Toskana-Urlaub).

"Ich hasse reiche Leute, die so tun, als seien sie Kommunisten oder Sozialisten. Ich denke, es ist obszön. Sie sollten ihr Geld weggeben und das Leben leben, für das sie angeblich kämpfen."

Über die schwule Ehe:

"Ich bin gegen sie aus einem sehr einfachen Grund: in den 60ern sagten alle, wir haben das Recht anders zu sein. Und jetzt auf einmal, wollen sie alle gleich sein, alle ein gutbürgerliches Leben führen."

"Ich bewundere Pornographie."

Schlafen kann man nur mit High-Class Escorts. Nicht hingegen mit Menschen, die man liebt. Denn Sex überdauert nicht, wohl aber Zuneigung. Jemandem vor einer Kamera einen zu blasen, ist schwieriger als großartige Emotionen zu spielen. Die Ilias ist immer noch das größte aller Bücher. Über Yoga: Nicht meine Kultur. Unverständlich sind Leute, welche die Anerkennung ihrer Eltern suchen. Die sind wie Schwule, die von der Gesellschaft anerkannt werden wollen. Über Andy Warhol: Von seinem physischen Aussehen her eher abstoßend. Nicht hübsch, halt. Über den Kommunismus: 30 Millionen Tote, die Nazis im Vergleich blutige Beginner. Über die Jungens auf den Fotos des Baron von Gloeden: hätten dringend einen Zahnarzt gebraucht, fette Bäuche.

Und dann der Hammer. Lagerfeld übersetzt Spinoza, der bereits im 17. Jahrhundert für alle Ewigkeit das definitive Todesurteil über jede Form von Gutmenschentum, Antidiskrimiererei, die Diktatur der Nettigkeit und Gleichheitsapostel sprach:

"Omnis determinatio est negatio."

Jede Bestimmung ist eine Negation. Draw a distinction. Ziehe eine Grenze...

Karl übersetzt das so:

"Every decision is a final refusal."

Jede Entscheidung beruht auf Ausgrenzung.

Food for thought. Vor allem für Pfarrerstöchter.


Anmerkung von toltec-head:

Ganzes Interview:  https://www.vice.com/en_us/article/xdvd7w/karl-lagerfeld-369-v17n3

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Kommentare zu diesem Text


 Lala (08.02.18)
Danke für den Link. Ich begann das Interview zu lesen, und da ich heute schon sehr früh angefangen habe, vrgass ich schon bei der dritten Frage, wer da eigentlich spricht. Bruce? Karl? Dann fing ich wieder von vorne an, und verhedderte mich wieder. Beide tragen Sonnenbrillen, der eine ist aber weit und kurzsichtig, der andere aber nur kurz und möchte nicht wie ein trauriger Hund vor Fremden aussehen und alles ist nur eine Frage des Standpunkltes. Die Wahrheit? Nein, einfach alles,. Es ist alles zugleich und Brue und Karl sind miteinander verschränkt und die häßliche Frau zieht ja auch nicht ihren großen schwarzen BH aus, den sie unter dem gelben, durchsichtigen Blusson trägt. Oder war das Bruce? Karl? Dann bin ich eingenickt und sehr erfrischt wieder aufgewacht. Daher: Danke.

 LotharAtzert (08.02.18)
Klar bist Du nicht Kierkegaard. Ich bin Kierkegaard!

 Isensee (08.02.18)
Nice.
Jack (36)
(14.12.18)
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 toltec-head meinte dazu am 14.12.18:
Tust du es denn aber auch?
Jack (36) antwortete darauf am 14.12.18:
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