Nachruf

Grotesk-Zeitkritisches Drama zum Thema Abrechnung

von  AchterZwerg

Wie alle wahren Helden waren
wir Antihelden
steckengeblieben in der Romantik, der
güldenen Zeit unsrer Lyrik
Handwerklich erstklassig ferngeformt
besser als im Geschmack. Pedantisch doch
keineswegs ungern gesehen

Zwei kreuzgereimte Verse genügten
um manchen Leser ins Reich der
Untoten rückzuholen

Wie Parasiten hafteten Reime in uns-
eren Hirnen. Die waren kein Verdienst


Anmerkung von AchterZwerg:

Doch, ihr Lieben: Auch ich reime! Und zwar nicht eben selten.

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Kommentare zu diesem Text


 Momo (20.05.19)
Ja, ja, es ist ein Kreuz mit den Reimen. Wenn man nur oft genug nach ihnen gesucht hat, zwingen sie sich irgendwann auf, fallen einem ins Auge wie breite, viel befahrene Straßen.

„Handwerklich erstklassig ferngeformt
besser als im Geschmack.“

Und der Geschmack ist es doch, der ein Gedicht letztendlich ausmachen sollte. Ich mag diese durchgestylt gereimten Gedichte nicht, die, und diesen Eindruck habe ich manchmal, nur geschrieben wurden, um sich handwerklich zu betätigen.
Wenn ein Gedicht andere Ebenen anspricht, über den Alltag hinausweist, auch mit zwanglosen Reimen, lese ich es durchaus gerne, wenn es mich anspricht.

Liebe Grüße, Momo

 AchterZwerg meinte dazu am 20.05.19:
Da sind wir in etwa einer Meinung.
Für mich sind Reime für komische Lyrik reserviert.
Doch gibt es immer wieder mal Ausnahmen zu lesen ... James Blond (der Abgängige) ist so eine(r), der unaufdringlich Herzergreifendes zustande bringt: Gereimte Meeresgedichte zum Heulen schön.
Andererseits spricht eh nichts dagegen, in einem Forum so zu schreiben, wie es beliebt.

Liebe Grüße
der 8.
cannon_foder (50)
(20.05.19)
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 AchterZwerg antwortete darauf am 20.05.19:
Nee, schelten wollte ich nicht.
Dann müsste ich ja den göttergleichen Jan Wagner mit ausmeckern.
Was ich nur nicht so leiden kann, ist, wenn jemand dringend genau wie einer der großen Romantiker schreiben möchte oder genau wie Trakl etc. - Dürfen darf der schon; doch sollte er?

Und wie du richtig erahnst, diese Haltung deckt sich mit meiner grundsätzlichen. Und ist keineswegs auf die vielgeliebte Lyrik beschränkt.

Herzlichst
der 8.
cannon_foder (50) schrieb daraufhin am 20.05.19:
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 AchterZwerg äußerte darauf am 20.05.19:
Halo Cannon,
das eine ist nicht "besser" als das andere.
Die Grundregeln der Verslehre sollte man als werdender Dichter schon beherrschen und die gängigen Formen mal ausprobiert haben.
Der Vers libre ist (aus meiner Sicht) viel schwieriger und kann nur gemeistert werden, wenn das Rhythmusgefühl zuvor auf andere Weise geübt worden ist.
Ich habe es leider damals umgekehrt gemacht, was ich heute noch bereue, denn das hat mich bestimmt zwei Jahre gekostet.

Meine Kritik richtet sich mehr auf die Epigonen der Romantik - eine Zeitversetzung, den Rückgriff.
Und das auf scherzhafte Weise.

Liebe Grüße
der 8.

.
cannon_foder (50) ergänzte dazu am 20.05.19:
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 EkkehartMittelberg (20.05.19)
Hallo lieber Zwerg,
wie du in der Anmerkung schreibst, kann man nicht grundsätzlich gegen Reime sein. Doch die meisten sind abgenutzt und der Romantiker Heine erkannte schon, dass sie sich zur romantischen Ironie eignen. Aber wenn dennoch jemand ein paar originelle Reime findet, kann so ein Gedicht besonders erfrischen. Solche Reime müssen sich freilich zwanglos anbieten. Es ist peinlich, wenn sie gesucht wirken, wie schon Christian Morgenstern wusste.

Das ästhetische Wiesel

Ein Wiesel
saß auf einem Kiesel
inmitten Bachgeriesel.

Wißt ihr
weshalb?

Das Mondkalb
verriet es mir
im Stillen:

Das raffinier-
te Tier
tat's um des Reimes willen.

Liebe Grüße
Ekki

 loslosch meinte dazu am 20.05.19:
beste mischung aus romantik und satire:

Das Fräulein stand am Meere
Und seufzte lang und bang,
Es rührte sie so sehre
Der Sonnenuntergang.

Mein Fräulein! sein Sie munter,
Das ist ein altes Stück;
Hier vorne geht sie unter
Und kehrt von hinten zurück. (natürlich von heine.)

von mir erweitert durch Stick und z'rick.

Antwort geändert am 20.05.2019 um 11:48 Uhr

 AchterZwerg meinte dazu am 20.05.19:
Lieber Ekki,
ich kenne und liebe dieses Gedicht von Morgenstern, der insgesamt sehr frei mit der Reimerei umging. Auch metrös gesehen.
Natürlich kommt es auf das Gesamtkunstwerk an. - Ein Sonett (oder eine beliebige andere tradierte Form) vermag heute noch bezaubern, wenn sie ein Kundiger schreibt.
Nur diese Parademarschteile kann ich überhaupt nicht mehr ab ...

Und dies, lieber Loslosch,
befand natürlich auch der kluge Heine. Schon zu seiner Zeit kam es zu üblen Wiederholungen, abgedroschenen Naturbetrachtungen und epigonalen Liebesschwüren.
Und du zeigst uns mit "Stück" und "zurück" auf, das die sog. Nachhaltigkeit nicht immer die beste Lösung ist.

Herzliche Grüße euch2en
der 8.

 TassoTuwas (20.05.19)
Hallo Zwergi,
huch, da hab ich doch tatsächlich was von "wie Parasiten am Hintern" gelesen
Aber egal, besser als prosaisch zwischen einem frühen Nachwort und einem späten Vorwort zu versauern, ist es die Misere zu verreimen!
Liebe Grüße
TT

 AchterZwerg meinte dazu am 20.05.19:
Du meinst bestimmt Hämorrhoiden, Tasso. So ähnlich isses ja auch. Und steht auf meinem letzten Klappentext:
"Wir erfahren Poesie bereits in frühen Kinderjahren, sei es als Schlaflied unserer Mutter oder als kleines Reimgedicht zu einem wilden Ritt auf Opas Knien. Sie wird uns gleichsam eingegeben und bleibt für immer unvergesslich ..."
Das prägt natürlich. - Kinder lieben Reime und können mit zeitgenössischer Dichtung rein gar nix anfangen.
Wenn man aber groß geworden ist (soweit das bei den sieben Zwergen und mir überhaupt möglich ist), sucht man andere Herausforderungen. Oder eben nicht.

Lachende Grüße
der 8.
Cora (29)
(20.05.19)
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 AchterZwerg meinte dazu am 20.05.19:
Wenn man sich folgerichtig entwickelt, dann schon.
Ich unschlaues Wesen hab's leider umgekehrt gemacht
(siehe oben).
Der Vorteil dieser Dummheit liegt darin, dass ich nun beides kann. Also halbwegs kann, nä?

Zwinkergrüße
der 8.

 TrekanBelluvitsh (20.05.19)
Liebe Lyrik (Anti-)Heldin,

nur aufpassen. Nicht bei Red Bull-Vodka dichten. Und auch nicht auf Ibiza. Sonst meint man schnell. dass da jemand nicht ganz dicht ist.
;-)

 AchterZwerg meinte dazu am 20.05.19:
Dieser Empfehlung will ich gern folgen.
Schwer fällt mir das nicht; denn ich trinke grundsätzlich keine harten Getränke. Nur Schampus, Wein und Altbier.

Mag aber das Wort "Vodka", weil es so fotogen wirkt, schreibe überhaupt gern über das angeblich Lasterhafte.

Prost und so
der 8.
MichaelBerger (44)
(20.05.19)
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 AchterZwerg meinte dazu am 21.05.19:
Schööön, Michael! :)
Viele Dramen sind in Versen verfasst worden.
Bei uns häufig in Blankversen.

Shakespeare schrieb epische Verserzählungen und Gedichte, beispielsweise "Venus und Adonis".
Der große Balzac versuchte sich in absolut modern anmutenden Gedichten (Verlorene Illusionen)

Liebe ist eine Blume,
deren Samen der Wind verweht und der blüht, wo er hinfällt.
Es ist ebenso lächerlich einer Frau zu zürnen, daß sie nicht liebt,
als mit dem Schicksal zu hadern,
uns rote und nicht schwarze Haare
gegeben zu haben.

Die ersten beiden Verse werden häufig als Aphorismus zitiert. Recht eigentlich handelt es sich um zwei davon - aber eben auch um ein Gedicht.
---

Kommende lyrische Paradiese sind schwer zu bestimmen.
Sie ruhen auf den Schultern des Tradierten und müssen doch neu und frisch wirken ...

Der 8.
(sich weiter mühend
MichaelBerger (44) meinte dazu am 21.05.19:
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 harzgebirgler (14.03.21)
in versen zu verdichten
was ist kann räumen schichten
beiseite auch noch morgen
worunter es verborgen.

 AchterZwerg meinte dazu am 14.03.21:
Stimmt schon.
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