Und wäre heut der letzte deiner Tage

Sonett zum Thema Leben/Tod

von  IngeWrobel

.

Hast du dich je gefragt, wo du wohl bist,
wenn dieser Tag dein allerletzter ist;
wenn dir bewusst wird, was du schon versäumt,
was nicht geschah von dem, das du erträumt?

Wo sind die Menschen, die dir wichtig sind?
Was willst du tun, bevor die Zeit verrinnt?
Erstellst du eine eilige Bilanz
bevor du dich erhebst zum letzten Tanz?

Mir gehen all die ungesagten Worte,
Geständnisse der Liebe, durch den Sinn.
Ich frag mich, ob am rechten Platz ich bin

und eile dankbar, um bei dir zu sein.
Ich will an diesem Tage nicht allein,
sondern mit dir sein – gleich, an welchem Orte.

.


Anmerkung von IngeWrobel:

~
inspiriert von dem Song "If tomorrow never comes"
~

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Kommentare zu diesem Text


 franky (17.07.20)
Hi liebe Inge!

Wunderschön hast du die Gefühle rübergebracht.

Wünsche dir ein erholsames Wochenende

Herzliche Grüße fliegen zu dir

Von
Franky

 IngeWrobel meinte dazu am 17.07.20:
Hallo, lieber Franky,
ich freue mich sehr über Dein Lob und die Sternchen!

Ich wage mich morgen wieder zu einem Literatur-Treff, selbstverständlich mit NaMuSch und unter Einhaltung der Abstandsregeln, und somit wird es ein gutes Wochenende für mich. Das ist zwar dann nicht erholsam, aber gut für die Seele und das Herz.

Dir wünsche ich alles, was Dir gut tut,
und grüße herzlich zurück!
Inge
Jo-W. (83)
(17.07.20)
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 IngeWrobel antwortete darauf am 18.07.20:
Ja, lieber Jo,
das ist auch meine Devise: carpe diem!
Nächtliche Grüße von der Inge

 FrankReich (17.07.20)
... und wäre heut der letzte meiner Tage, ich würde auf die nächsten hinarbeiten, keine Frage. 🙂 Ciao, Frank

 IngeWrobel schrieb daraufhin am 18.07.20:
Hallo Frank,
ehrlich gesagt war ich noch nicht in der Situation, die ich oben beschreibe. Es bleibt also nur die Spekulation.

Dein Vorschlag, das "plötzlich" durch "schließlich" oder "endlich" zu ersetzen, rumort mir im Kopf herum. Von der Wortästhetik her gefallen mir die beiden vorgeschlagenen Wörter eindeutig besser. Andererseits: Wenn die Gedanken und Überlegungen sich auf einen Tag konzentrieren, scheint "plötzlich" als logische Erkenntnis (und das Handeln) besser nachvollziehbar. Aber ich schau mir das nochmal in Ruhe an – danke für Deine konstruktiven Gedanken!

Liebe Grüße ins Wochenende!
Inge

 AvaLiam (17.07.20)
Ich glaube, so geht es fast ausnahmslos allen Menschen...spätestens wenn sie den letzten Tagen ins Auge sehen.

Interessant fand ich das bei meinem Opa.
Er wusste, dass er gehen muss und jeder Tag war ihm ein Geschenk.
Er ist über ein Jahr älter geworden, als es die Ärzte für möglich gehalten haben.
Vielleicht war seine abschließende Lebensweise sein Rezept dazu.

So lernte er in den letzten seiner Monate noch Kochen.
Also so richtiges Kochen!
Suchte sich ein neues Hobby.
Ging in Gespräche, denen er sonst auswich.
Suchte und genoss die Nähe der Familie - ohne getrieben dabei zu wirken, dass er Angst hat, uns zu verlassen.

Er hat das Leben nie wirklich angenommen.
Er hat gearbeitet - viel zu viel - und alles FÜR ein gutes Leben getan - aber gelebt hat er es nicht.
Bis ihm klar war, dass seine "letzte Stunde" schlägt.
Er hat nichts Besonderes getan. Nichts Verrücktes.
Außer das Leben selbst.

Wir waren in seinen letzten Stunden da.
Und er wirkte so frei, friedlich und zufrieden, wie er sein ganzes Leben nicht wahr.


Ich weiß nicht, warum ich dir dies schreibe als Antwort auf dein Gedicht.
Und ich würd gern zum Abschluss noch was Schlaues schreiben.
Ich überlege, Geschriebenes zu löschen, weil ich mich frage, ob es noch zu deinem Gedicht passt.
Aber mein Bauchgefühl sagt mir, ich soll es so stehen lassen.
Genau so.

LG - Ava

 IngeWrobel äußerte darauf am 18.07.20:
Liebe Ava,
ja, bitte lass Deinen Kommentar unbedingt stehen!

So liebevoll und klug, wie Du über Deinen Opa schreibst, ist das sicher für jeden, der Deine Worte liest, ein nachdenkenswerter Bericht.
Ich jedenfalls finde es sehr hilfreich, was Du aus nächster Nähe beobachtet hast und so authentisch vermittelst.

Ich mag ihn, diesen altersweisen Mann, und ich danke Dir von Herzen für Deine Worte!

Alles Liebe Dir!
Inge : )

 TassoTuwas (18.07.20)
Hallo Inge,
vielleicht sollte man rechtzeitig eine Liste machen, was es noch zu erledigen gibt, und die nicht vor sich herschieben.
Der Satz, "Wir hätten darüber reden sollen. Konnt ja keiner ahnen...", hört man oft beim trockenen Kuchen!
Ok, jetzt bin ich in Eile, aber wir holen das nach.
Herzliche Grüße
TT

 FliegendeWorte (18.07.20)
Liebe Inge,
dein Gedicht wird von einer stillen Stimmung getragen, die ich sehr eindringlich empfinde. Der Frage Charakter zieht sich wie ein roter Faden durch deinen Text und bringt den Leser, bzw. konkret mich, ins Nachdenken. Das gefällt mir, schreibst du mir auf diese Schreibweise doch nicht vor, was ich zu sehen oder zu empfinden habe.

Zwei kleine Vorschläge habe ich dennoch zur möglichen Veränderung.

1. Ich frage mich, ob ich am rechten Platz noch bin?
(statt: Ich frage mich, ob am rechten Platz ich bin)

Und die letzte Strophe ist so intim und persönlich, weshalb ich sie zu Gunsten der Gesamtaussage deines Gedichtes streichen würde.

Aber auch ohne jede Veränderung, wie gesagt, ein tolles Gedicht.

Viele Grüße
FliegendeWorte

 IngeWrobel ergänzte dazu am 19.07.20:
Lieber FW,
zuerst einmal mein Dank für Deine Beschäftigung mit meinem Text!

Zu Deinen konstruktiven Änderungsvorschlägen:

- Bei der zitierten Zeile/Vers hast Du beim Lesen dem "frag" automatisch ein "e" angehängt und es damit in seine normale Form gebracht. Ich ließ jedoch das E bewusst weg (sog. dichterische Freiheit), um der Form, dem Rhythmus Genüge zu tun. Nur so stimmt diese mit der vorangehenden Reimzeile überein.

- Auch am Ende möchte ich den Text so belassen. Du empfindest es ganz richtig als intim und persönlich. Ich scheue mich in diesem Falle nicht, mich dazu zu bekennen, denn meine Überlegungen machten mir während des Schreibens sehr deutlich klar, wer dieser eine Mensch ist, dem ich mich so verbunden fühle.

Ich freue mich über Dein Lob und die Empfehlung
und schicke dankbare Grüße zurück!
Inge
Al-Badri_Sigrun (61)
(19.07.20)
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 IngeWrobel meinte dazu am 19.07.20:
Liebe Sigrun,
vielen Dank für Deine zustimmenden Worte!

Wegen des Alters häufen sich um mich herum die Todesfälle. Besonders schlimm war es 2015, als vier gute Freunde gestorben sind. Bei der Trauerfeier meiner Freundin Ingrid las ich mein Gedicht "das bleibt", das hier in meinem Bestand nachzulesen ist. Mein jüngster Nachruf auf einen Freund ist "Tom", vor wenigen Tagen entstanden.

Mit dem Thema Sterben / Tod beschäftige ich mich schon sehr lange und kam relativ früh zu der Erkenntnis, die Du oben beschreibst.
Ich habe sogar ein schmales Büchlein mit Abschieds- und Trauergedichten darüber zusammengestellt. Zitat aus dem Rückseiten-Text: "In Liebe loszulassen ist der Weg, der Scheidende und Bleibende in die Lage versetzt, voneinander in Frieden Abschied zu nehmen."

Die intensive Beschäftigung mit dem Thema hat mir die Angst vorm Sterben genommen. Dadurch kann ich in meinen Texten offener und unbelastet damit umgehen und meinen Gefühlen "freien Lauf" lassen.

Ich danke Dir für Deine Worte und die Empfehlung
und grüße Dich herzlich in den Sonntag!
Inge
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