Generation Handke, Wenders & Co. - Scheitern, indem man die Vergangenheit als einen Weg zur eigenen Entschuldigung missbraucht

Kritik zum Thema Gut und Böse

von  toltec-head

Bohrers neues Buch über Hass-Literatur. Im Interview zitiert er Zola: "Hass ist die Verachtung gegenüber Mittelmäßigkeit und Dummheit. Hassen heißt lieben, nämlich seine heiße und großmütige Seele spüren, mit Verachtung gegenüber den schändlichen und dummen Dingen leben. Es ist der Hass gegenüber der Banalität,"

Der Hass gegenüber den Banalität, aus dem heraus ein Ripley zum Mörder wird. Es ist eben kein bloßer Existenzialismus, weshalb auch Wenders Ripley im Amerikanischen Freund ein totaler Fehlgriff. Die Deutschen werden es nie begreifen... Wer ist Schuld? Bohrer:"Richtig, dass es keinen deutschen Shakespeare oder Milton gibt. Im deutschen Realismus mit Goethe, Schiller und Hegel, mit dem ganzen Kosmos des Aufbruchs der deutschen Literatur im ausgehenden 18. Jahrhundert aus der Aufklärung, war diese Form von Aggressionssprache entweder nicht erlaubt oder gar nicht möglich." Ein Volk, das es versäumt seinen Schatten (literarisch) zu integrieren, landet dann eben konsequenterweise bei Auschwitz. Und heute? Müssen es notdürftig Migrantenkinder wie Akif Pirincci der deutsch-vernünftigen Couchpotato besorgen und sich dafür beschimpfen lassen; der ganze Rest ist Juli Zeh. Was wahrlich nichts gutes für die Zukunft verheißt.

Anlässlich der Wenders Retrospektive in der ARD stoße ich auf eine Film-Kritik im Guardian, in der es heißt "the strange miracle of New Geman Cinema" habe in etwa so lange geadauert wie das 3. Reich:

"Watching it, you get a sense for the first time that the generation of Wenders and Handke would fail as that of their parents had done - but indirectliy, by using the past as a way of excusing itself."

Noch einmal Bohrer im Interview: "Es gibt keinen Versuch, die Schändlichkeit und Bestialität des Dritten Reiches und KZ-Staates über den Hass darzustellen. Es gibt eher eine Sühneliteratur und eine moralische Entlastungsliteratur, aber keinen Versuch, die Elemente des Dritten Reiches selber zu Elementen einer wirklichen Hassreflexion zu machen." Der Einzige, der das getan habe, sei kein Deutscher gewesen, sondern Jonathan Littell mit seinem Ripley in Stalingrad in den "Wohlgesinnten", über den sich dann fast sämtliche deutsche Kritiker (wen wundert´s?) empört hätten.

Der echte Ripley hätte beim Morden die Goldberg-Variationen gesummt, aber niemals melancholisch hinterher Bob Dylan zitiert. Überhaupt sind diese ganzen Musikzitate bei Handke und Wenders äußerst peinlich, heute wo klar ist: "Rock´n´roll turned into the new conservatism".  (noch einmal: The Guardian) Die endgültige Perspektive auf modische Literatur und Filme ergibt sich nur aus der Betrachtung, wie jeder Generation die gerade verflossene als das gründlichste Antiaphrodisiakum erscheint, das nur denkbar ist. Hierzu noch bitte alte Handke-Fotos googlen.


Anmerkung von toltec-head:

https://www.welt.de/kultur/plus214674704/Was-ist-Hass-Professor-Bohrer.html

https://www.theguardian.com/film/2008/jan/05/1

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Kommentare zu diesem Text


 Terminator (11.09.20)
Die einen sind wohlgesinnt, die anderen trinken einen 27-jährigen Laphpoaig und warten, bis das große Schlachten losgeht. Diesmal wird es nicht zu KZs kommen, wir werden alle Nazis vorher töten. Mit Genuß.
blackdove (37)
(12.09.20)
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 AchterZwerg (12.09.20)
Allein für das Zola-Zitat gibt es 100 Punkte.
Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob der Verachtende wirklich hasst ...
Ich selber empfinde in solchen Fällen eher einen ausgeprägten Widerwillen - bis hin zum Ekel.

Der8.

 AchterZwerg (12.09.20)
Die Doppler nerven allmählich! :(

Kommentar geändert am 12.09.2020 um 16:54 Uhr
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