Die spannende Geschichte des Insulins

Text zum Thema Fortschritt

von  diestelzie

Vor fast genau 100 Jahren, am 23. Januar 1922, verabreichte der kanadischen Chirurg Frederick Banting einem 14 jährigen, an Diabetes erkranktem Jungen, zum ersten Mal  Insulin. Das Ergebnis war damals eine medizinische Sensation. Der Blutzucker des Kindes sank deutlich und nach einigen Tagen verschwand auch die Ketoazidose (Stoffwechselentgleisung durch Insulinmagel - heute intensivtherapiepflichtig). Bis zu diesem Zeitpunkt kam die Diagnose Diabetes einem Todesurteil gleich. 


Etwa 1530 v. Chr. wurde Diabetes, oder zumindest eine vergleichbare Form der Erkrankung, von einem unbekannten Autor bereits in einem altägyptischen Manuskript erwähnt. Die Rede ist hier von "Harn im Überfluss" als bezeichnendes Merkmal. Die Menschen litten unter extremen Durst und es wurde deutlich mehr Urin produziert, als Flüssigkeit zugeführt werden konnte. In Indien sprach man zu dieser Zeit von "Honigharn", da es Beobachtungen gab, dass er Fliegen und Ameisen anlockte.

Ab etwa 230 v. Chr. gibt es dann den Begriff Diabetes. Im 2. Jahrhundert nach Christus  begannen Ärzte zwischen verschiedenen Varianten zu unterscheiden.

Heilung für die Patienten gab es nicht. Durch stark kohlenhydratreduzierte Ernährung versuchte man, den Tod noch ein bis zwei Jahre hinauszuzögern. Die Patienten magerten dadurch extrem ab und verhungerten meist.

Im 18. Jahrhundert entdeckte man die Erhöhung des Blutzuckerspiegels, als auch Zucker im Urin von Diabetespatienten.

Im 19. Jahrhundert gelang es durch die operative Entfernung der Bauchspeicheldrüse eine Verbindung zur Diabeteserkrankung herzustellen. Die operierten Hunde erkrankten 1-2 Tage danach an einer schweren Form des Diabetes. In den folgenden Jahren kam es schließlich zur Entdeckung der "Langerhansschen Inseln" als Produktionsstätte einer blutzuckerregulierenden Substanz, die man später Insulin nannte. Vorerst waren die Versuche, die Substanz am Menschen einzusetzen, zum scheitern verurteilt. Für Diabetiker hatte sich also seit der ersten bekannten Eintragung in das altägyptische Manuskript nichts geändert.


1921 isolierten Frederick Banting und sein Assistent Charles Best zum ersten Mal Insulin aus der Bauchspeicheldrüse eines Hundes. Später erkannten sie, dass sich Kälberföten besser eigneten. Schließlich wurde mit dem so gewonnenen Insulin der 14 jährige Leonard Thompson erfolgreich behandelt und der Grundstein für die Weiterentwicklung gelegt.


Heute gehen die Forschungen bereits in Richtung Transplantation von Inselzellen, der Entwicklung einer künstlichen Bauchspeicheldrüse oder der von intelligentem Insulin, welches die Insulingabe zuckerabhängig steuern kann.


Für mich war es, dank des technischen Fortschritts recht einfach diesen Text zu schreiben, da das Internet eine Fülle an Infos zu bieten hat.

Allerdings komme ich an folgenden Gedankengängen hinsichtlich moderner Medien nicht vorbei: Was wäre gewesen, wenn 1921 bereits Facebook, Instagram und Co. hätten?

1. Inwieweit hätten Fakenachrichten bei Social Media und die dortige rasante Verbreitung    die Entwicklung beeinflusst?

2. Wie viele Menschen hätten sich gegen Tierversuche stark gemacht?

3. Rechtfertigt der Zweck in jedem Fall und immer die Mittel?






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Kommentare zu diesem Text


 DanceWith1Life (11.01.22, 11:17)
Lass mich diesem Text hinzufügen. dass ein guter Freund von mir, der sich seit Jahrzehnten täglich mehrmals piekst, also um den Blutzucker zu regulieren, neulich bei einer Untersuchung durch einen anderen Arzt erfuhr, dass in seinem Fall Tabletten ausreichend gewesen wären.
Es sind oft nicht die einzelnen Dinge, es ist unser Umgang damit.
Speziell in den sogenannten "sozialen Medien".

Kommentar geändert am 11.01.2022 um 11:59 Uhr

 diestelzie meinte dazu am 13.01.22 um 08:44:
Hallo Dance,
dein Freund hat dann mit Sicherheit Diabetes Typ 2. Der ist mit entsprechender Ernährung und Tabletten ganz gut regelbar, während der Typ 1 das Insulin nicht mehr selbst produziert und deswegen zugeführt bekommen muss.

Es sind oft die einzelnen  Dinge, es ist unser Umgang damit.
Das würde ich auf der Stelle unterschreiben!

Ich danke dir, auch für deine Empfehlung.

Liebe Grüße
Kerstin

 GastIltis (11.01.22, 12:00)
Liebe Kerstin,
wenn man so einen Fall in der Familie hat, man unterscheidet ja bei Diabetes zwischen Typ I und Typ II, dann geht es echt um Leben oder Tod. Den Typ II betrachte ich hier mal nicht, weil er überwiegend im Alter auftritt und zum großen Teil mit Tabletten und einer gesunden Lebensweise behandelbar ist.
Es geht um Typ I. Wer die Diagnose bekommt, ist entweder so gut wie tot, oder er muss seinen Insulinspiegel durch tägliches Spritzen oder eine Pumpe ständig innerhalb bestimmter Grenzen halten. Das kann man nicht ignorieren.
Eine Implantation (Bauchspeicheldrüse oder die Langerhansschen Inseln) ist medizintechnisch noch in den Anfängen begriffen und lohnt sich hier nicht zu betrachten.
Ich finde es gut, dass du das Thema so ausführlich aufgegriffen hast, weil es eben sehr viele Menschen betrifft, und weil genaue Kenntnisse darüber nicht umfassend verbreitet sind.
Unser Sohn hat kurz vorm Abi alle Symptome gehabt, die eine Diabetes anzeigen. Dem behandelnden Arzt ist es zu verdanken, dass ihm sofort geholfen werden konnte, und dass er noch zu den Prüfungen in der Lage war und alles gut überstanden hat.
Wie es zur Erkrankung kam, ist unklar. Vielleicht dadurch, dass er viel zu früh auf die Welt kam und mit seinen knapp 1500 g noch nicht in allen Organen voll ausgebildet war.
Aber das ist Spekulation. Inzwischen hat er drei gesunde Kinder, auf die man stolz sein kann, vor allem aber froh, weil keines bisher (!) die Gene geerbt zu haben scheint, die eine Rolle gespielt haben könnten. Wichtig ist immer, gesund zu leben. Das ist oft schwierig. Und es gehört viel Willenskraft dazu.
Aber wem schreibe ich das?
Du weißt ja sowieso mehr als ich.
Sei dennoch oder deshalb sehr herzlich gegrüßt von Gil.

 diestelzie antwortete darauf am 13.01.22 um 09:07:
Danke du Lieber. 
Kinder sind ein Geschenk und wir wünschen ihnen nichts mehr als dass sie gesund sind und es auch bleiben. Manchmal kommt es leider anders und unsere Kinder wachsen gerade durch ihre Erkrankung über sich hinaus mit einer nie für uns möglich gehaltenen Stärke. 

Liebe Grüße 
Kerstin

 indikatrix (11.01.22, 16:52)
Liebe Stelzie,
hab Dank für die genaue Darstellung und besonders auch für die nachdenklich stimmende, sehr differenzierte Sicht auf Fortschritt, soziale Medien und deren Wirkung, die in den Bemerkungen deutlich wird.
LG
Indikatrix

 diestelzie schrieb daraufhin am 13.01.22 um 09:10:
Ich danke dir auch. Alles hat immer irgendwie mindestens zwei Seiten. Manchmal lohnt es sich, sie alle anzuschauen. 

Liebe Grüße 
Kerstin
wa Bash (47)
(11.01.22, 17:33)
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 diestelzie äußerte darauf am 13.01.22 um 09:20:
Biochemie kenne ich auch noch. Nicht dass ich irgendetwas davon behalten hätte...
Intervallfasten, Sport und nicht zuletzt die Meditation ermöglichen es uns, unseren Körper etwas genauer kennenzulernen und auf ihn zu "hören". 
Heute kann man, so denke ich, in der Forschung auf andere Methoden bauen, als auf Tier - oder gar Menschenversuche. Wir sollten uns eher auf eine Stufe stellen mit den Tieren und nicht zuletzt auch mit den Pflanzen. Schließlich sind wir alle ein Teil dieser Welt. 
Danke für deinen aufschlussreichen Kommentar und auch die Empfehlung. 

Liebe Grüße 
Kerstin

 Graeculus (11.01.22, 17:41)
Gute Information, gute Fragen. Wobei man die Frage 3 sicher klar mit "nein" beantworten kann.
Hätte es in den 1920ern schon die Möglichkeit gegeben, daß wirklich jeder zu allem seine Meinung veröffentlichen kann (ob die Öffentlichkeit sich nun dafür interessiert oder nicht), wäre davon sicher Gebrauch gemacht worden, und eine Gruppe hätten aller Wahrscheinlichkeit nach die Tierschützer gespielt. Das ist ja auch nicht schlecht, denn eine Grundidee der Demokratie besteht darin, daß sich im Meinungsstreit die für die meisten beste Entscheidung herausstellt.
Nur: Die Minderheit muß dann auch die Entscheidung der Mehrheit akzeptieren. Und es ist schade, daß die nichtmenschlichen Tiere beim Meinungsstreit keine eigene Stimme haben, wenn es um ihre Interessen geht.

 diestelzie ergänzte dazu am 13.01.22 um 09:25:
Und es ist schade, daß die nichtmenschlichen Tiere beim Meinungsstreit keine eigene Stimme haben...
Das ist ja mal eine Sicht auf die Dinge, die mir echt gut gefällt 👍.

Ich danke dir für deine Worte und auch für die Empfehlung. 

Liebe Grüße 
Kerstin
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