Aber eines Morgens // L a n g e ... [aus nachgelassenen Papieren]

Gedicht zum Thema Leben

von  harzgebirgler



ABER EINES MORGENS


Leise setzt ein früher Schneefall

spärlich berührt er und scheu

grünes Gras, buntes Laub

und die letzten Blüten der Rosen -

Du stehst am Fenster

siehst Farben und Wege

des Parks sich verlieren,

die Spuren des Sommers...

Aber eines Morgens

wenn du aufwachst

strahlt die Welt ringsum weiss

und ist neu – und sehr schön.


*


Leise naht sich das Alter

zuerst ganz behutsam

streicht es über den Haar

deine leuchtenden Augen -

Du stehst vor dem Spiegel

siehst Falten im Antlitz

langsam sich bilden,

die Spuren des Lebens...

Aber eines Morgens

wenn du aufwachst

ist dein Haar weiss

und das Dasein verändert...


//


L A N G E ...


Lange

lag brach schon der Acker

es reifte kein Korn mehr

es sang keine Sense

es tanzte kein Falter

zuletzt auch versiegten

Blutstropfen des Mohnes

versickerten langsam – versiegten


Jedoch eines Tages

kam Einer gegangen

der führte sicher die Pflugschar

und warf mit dem Schwung

junger Arme die Saat aus.

Da regten sich machtvoll

lebendige Keime und kämpften

empor sich und siegten.


*


Lange

schlug müde ein Herz nur

im Rhythmus des lähmenden Alltags

kein Lied mehr entperlte

verschlossenem Munde

die Rufe verstummten

die Tränen gefroren

erstarrt und versiegelt.


Jedoch eines Tages

da drehte der Wind sich

und wehte voll Wärme -

er stiess eine Tür auf

und machte den Flügel

des Herzens vibrieren

immer schneller und stärker

bis sich löste das Siegel.



[Undatiert aus den nachgelassenen Papieren einer längst vergessenenen, regionalen Dichterin; hier erstmals veröffentlicht.]





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Kommentare zu diesem Text

Agnete (66)
(05.03.22, 19:26)
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 harzgebirgler meinte dazu am 06.03.22 um 18:18:
finde ich auch! :)
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