Auf neuen Wegen

Erzählung zum Thema Gesellschaft/ Soziales

von  Regina

Es ist nicht bekannt, welche glückliche Fügung es den Gesprächspartnern erlaubte, über genügend Zeit und Muße zu verfügen, über den Zustand der Welt nachzudenken und sich im Kaffeehaus auszutauschen, welche gesellschaftlichen Veränderungen notwendig seien. Am Tisch saßen der Fabrikbesitzer Delgran Hanjoun, der Künstler Beldormin Awasak und die Gräfin Anja-Cornel Studrub. Sie lenkte gerade die Aufmerksamkeit auf die niedrigen Löhne, von denen die Menschen nicht mehr leben konnten. „Wenn ich die Löhne erhöhen muss, rentiert sich mein Betrieb nicht mehr und ich muss ihn schließen“, warf Hanjoun ein, „und das bringt den Leuten auch nichts, dann werden sie arbeitslos“, ergänzte die Gräfin und wippte mit der Fußspitze in Richtung des Künstlers, so dass dieser sich aufgerufen fühlte, seine Meinung zum Problem kundzutun. „Schon vor rund hundert Jahren“, setzte Awasak zu einem längeren Monolog an, “gab es Verbesserungsvorschläge jenseits von Kapitalismus und Kommunismus. In unserer Gesellschaft gibt es heute wieder Armut, die allerdings vom Staat bekämpft wird...“, „so effizient bekämpft wird, dass manche Familien dann einen höheren Anspruch an Geldleistungen haben als wenn sie arbeiten würden. Das ist doch ungerecht“, unterbrach ihn der Fabrikbesitzer, „die Behörden berechnen einen Bedarf, den sie dann auszahlen, aber der Arbeitgeber muss vom Preis ausgehen, den er für sein Angebot erhalten kann, vom Marktwert sind seine Kosten abzuziehen, bevor er an eine idealistische Berechnung der Entlohnung für die Belegschaft gehen kann.“ „Das ist ja der Knackpunkt im Wirtschaftssystem, dass sich alles am Verkauf orientiert“, erwiderte der Künstler. „Genauso ist es“, bestätigte Frau Studrub, „könnten Sie sich vielleicht vorstellen, Ihre Firma auf Spendenbasis umzustellen und Ihre Mitarbeiter nach deren Bedarf zu entlohnen. Eine siebenköpfige Familie braucht nun einmal mehr Wohnraum, mehr Kleidung und Nahrung als ein Haushalt mit nur einem oder keinem Kind. Aber manche Politiker sind so auf die puritanische Arbeitsfleißvorstellung fixiert, dass sie sich für eine sinnvolle Umgestaltung der Wirtschaftsweise nicht erwärmen können. Immer fürchten sie den Sozialschmarotzer, in Wirklichkeit leben aber doch ganz andere mit dem Privileg passiven Einkommens aus Zinsen und Wertpapieren.“ „Auch der Kommunismus, dieser ablehnende Begleiter des Kapitalismus von Anbeginn, konnte das Problem nicht lösen, seine Devise „Gleiche Bedingungen für alle“ stimmt auch nicht, „jedem das, was er braucht“ wäre besser“, argumentierte Awasak. In der Tat versank der Unternehmer daraufhin in tiefes Nachdenken und versuchte, seine Bilanz zu berechnen, wenn er die Vorschläge seiner Gesprächspartner verwirklichen würde. Dass eine Änderung eintreten musste, das war auch ihm klar. Aber war es dafür nicht eigentlich schon zu spät? War nicht an allen Ecken und Enden das Chaos schon eingetreten und die bevorstehende Not absehbar? „Es ist nie zu spät“, mahnte der Künstler, als habe er die Gedanken seines Gesprächspartners gelesen „neue Verhältnisse werden zuerst im Geist geboren, bevor sie sich in der Realität manifestieren.“




Anmerkung von Regina:

wärmen

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Kommentare zu diesem Text


 uwesch (15.11.22, 08:02)
Vortreffliche Analyse zum Thema GERECHTER LOHN.
Schwierig zu lösen, denn die Interessen der Betroffenen sind kontrovers.  LG Uwe

 Regina meinte dazu am 15.11.22 um 15:26:
So ist es. Danke.

 EkkehartMittelberg (15.11.22, 10:47)
Aufgrund der tatsächlich existierenden Not zahlreicher Bürger in unserem Staat müsste dieser seriös argumentierende Text ein viel größeres Echo haben.
Mir fällt mur eine Erklärung ein. Obwohl sich die Autorin bemüht, schlicht zu schrieben, scheint der Text zahlreiche User intellektuell zu überfordern. Das wäre höchst bedauerlich, falls es zutrifft.

LG
Ekki

 Regina antwortete darauf am 15.11.22 um 15:26:
Vielleicht kommt das Echo ja noch.
Das Nachdenken über eine völlig neue Wirtschaftsweise, die sich weder am Kapitalismus noch am Kommunismus/Sozialismus orientiert, finde ich selbst auch herausfordernd. Danke fürs Mitdenken.
Teolein (70)
(15.11.22, 11:08)
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 Regina schrieb daraufhin am 15.11.22 um 15:23:
In der Weimarer Republik gab es eine ähnliche Diskussion in der Tat. Danke für dein Lob, Teo.

 Augustus (15.11.22, 11:09)
Eigentlich orientiert sich alles am Kauf. Die Nachfrage schafft erst Angebot…

 Regina äußerte darauf am 15.11.22 um 15:23:
Da stimmt etwas nicht, denn wo kein Geld ist, kann sich keine Nachfrage entwickeln.

 Augustus ergänzte dazu am 15.11.22 um 16:15:
Und da springt der Staat ein mit lockerer Geldpolitik , um zinsgünstige Kredite zu verleihen, um so die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Siehe keynesianismus.

 Regina meinte dazu am 15.11.22 um 20:52:
Aber viele Privathaushalte und der soziale Bereich sind chronisch unterfinanziert.

 Augustus meinte dazu am 15.11.22 um 21:30:
Na ja, sowohl der keynesianismus ist 1979 gescheitert als auch die Theorien der Wiener  Schule. Der Target 2 Saldo der BRD ist 2022 auf über 1,1 Billionen ungedeckter Forderungen gegenüber den EU Staaten gestiegen.

Hans Werner Sinn hat 2004 ein Buch darüber verfasst. Sehr lesenswert.  
Neu in deutsch übersetzt gibts das Hauptwerk von Keynes, worauf sich die EZB stützt und so die EU unterhält. 

Salve

 Regina meinte dazu am 15.11.22 um 21:38:
Vorschläge zur Neuordnung der Wirtschaft?

 Augustus meinte dazu am 16.11.22 um 14:36:
Um ein völlig neues Wirtschaftssystem zu erfinden, müssen wir auf die Begegnung mit Alliens warten. 

Aktuell glaube ich wird es so bleiben, wie bei einem Menschen, der zeitlebens allerlei Krankheiten aufweist, für die es Tabletten und sonstige einzelne Maßnahmen gibt, die die Krankheit abschwächen oder gänzlich beseitigen. 

Gegen ganz große Krisen wird es wohl kaum Gegenmittel geben, da die Wirtschaft global verflochten ist. Wird in einem Land der Ernteertrag durch Hitze geschmälert, leidet automatisch der Rest der Welt dadurch. 
Selbst das Wetter ist ein Wirtschaftsfaktor…
Agnete (66)
(15.11.22, 23:39)
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 Regina meinte dazu am 16.11.22 um 01:08:
Ich danke dir für deine Meinungsäußerung. Eine Patentlösung habe ich auch nicht.
Nur nebenbei bemerkt: gemeinnützige Unternehmen dürfen keinen Profit machen.

Antwort geändert am 16.11.2022 um 07:29 Uhr

 Augustus meinte dazu am 16.11.22 um 14:31:
Gemeinnützige Unternehmen dürfen Profit machen, sie müssen das Geld nur wieder für gemeinnützige Zwecke verwenden. 

Bsp: ein Verein hat 1000 Mitglieder, die jährlich einen Mitgliedsbeitrag zahlen in Höhe von 100 Euro. Sind 100.000 EUR Einnahmen. 
Jetzt haben die aber nur 50.000 Euro Kosten bspw. = Gewinn 50.000 Euro. 

Ist das Profit oder nicht? 

Ps: gemeinnützige Vereine dürften einen Teil des Gewinns in rücklagenbildung verwenden, etwa 30%, der Rest muss in den nächsten 3 Jahren zweckgebunden verwendet werden.

 Regina meinte dazu am 17.11.22 um 04:15:
Das war mir klar, ich habe es inkludiert unter keinen Gewinn machen, weil die rückinvestierten Finanzen nicht als Gewinn ausgewiesen werden. auch zahlen sich die Führungskräfte gern selber recht hohe Gehälter. Glaub mir, ich habe bei denen gearbeitet und kenne mich ein bisschen aus.
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