Mannschaftsfahrt nach Manchester

Kurzgeschichte zum Thema Sport

von  Koreapeitsche

Ein älteres Vereinsmitglied war mit einer Frau aus Manchester verheiratet. Der Mann war im lokalen Rüstungsbetrieb beschäftigt, war auch in Rüstungsgeschäfte involviert. Er stellte den Kontakt zu dem Fußballverein in Manchester her. Organisiert wurde die Tour von einem ehemaligen Ligaspieler, der jetzt bei uns in der Dritten spielte. Das war sogar ein Halbcousin von mir. Er arrangierte  die Termine und buchte die Unterkunft. Schließlich wurde eine Mannschaft zusammengestellt mit Spielern aus der 1., 2. und der 3. Herren.
Die Fahrt fand Ostern ’89 statt. Ich war da in meinem Zivildienst und bekam problemlos von meiner Dienststelle für 5 Tage Urlaub.
Am Donnerstag führen wir von Kiel mit dem Bus los, fuhren zunächst nach Rotterdam und von dort mit der Fähre nach Harwich. Die Überfahrt war echt super und brachte Spaß. Es gab viel zu sehen und zu bestaunen.
Auf der Fahrt trank das Gro der Mannschaft bereits harten Schnaps. Alle blieben diszipliniert, obwohl teils gebölkt und gejohlt wurde.
Die Mannschaft und der Anhang wurden in ein Manor House einquartiert, wo wir Bed & Breakfast gebucht hatten. Es war das erste Mal, dass ich original englisches Frühstück mit Bohnen und Schinken aß. Ich war da noch kein Vegetarier.
Am ersten Abend gingen wir in eine Disco. Die Männer dort trugen Schlips und Kragen. Ich war dermaßen besoffen, dass ich nicht mehr Herr meiner Sinne war. Ich taumelte auf Toilette, musste scheißen, hatte Dünnschiss und schiss auf die Klobrille.
      Am zweiten Tag, am Samstag, fand das Premier League Spiel statt. Früh morgens fuhren wir noch nach Blackpool, wo wir kleine Grüppchen bildeten und durch die Stadt zogen. Wir schauten in ein paar Spielcasinos, gingen auch auf den Blackpool Tower. Leider war es zu diesig, sodass wir Irland nicht sehen konnten. In einem Pub kamen wir mit zwei Engländerinnen ins Gespräch. Ich bereute später, dass ich keinen Kontakt mit der einen Frau austauschte. Wir hielten uns mit den Bieren zurück. Wir bekamen irgendwo ein Mittagessen. Darauf ging es zum Stadion.
      Die Anfahrt zum Stadion war eine halbe Stadtrundfahrt. Jemand kommentierte die Fahrt mit sporadischen Mikrofondurchsagen.
Auf dem Stadionvorplatz sah ich zum ersten Mal in meinem Leben in natura berittene Polizei, die allerdings im Schritttempo über das Gelände ritten. Das war ein Riesen-Event für uns.
Ich ging mit einem Teamkollegen zusammen in einen Fanshop. Wir verloren deshalb den Anschluss an die restliche Mannschaft. Ebenso verloren wir die Orientierung im Stadion Old Trafford. Ich kaufte mir im Fanshop zwei günstige T-Shirts, eins mit dem Vereinsemblem von Manchester United und eins mit der Aufschrift “Legendary Northern Ireland“. Das United T-Shirt wurde mir später in Kiel beim Training aus der Kabine geklaut.
Unmittelbar vor dem Spiel soll eine Durchsage gekommen sein, bei der unsere Mannschaft vom Stadionsprecher begrüßt wurde. Da waren wir noch auf der Suche nach unseren Sitzplätzen und der restlichen Mannschaft. Schließlich nahmen wir einfach den nächsten Eingang und setzten uns irgendwo auf die Tribüne. Später stellte sich heraus, dass die restliche Mannschaft genau auf der gegenüberligenden Geraden saß. Also sahen wir das Spiel zu zweit fernab vom restlichen Team.
Es lief das Spiel Manchester United gegen Luton Town. Es war ein erhebendes Gefühl, ein Englisches Premier League Spiel live im Stadion mit mehr als 36.000 Zuschauern zu sehen. Bei Luton Town spielte ein herausragender Spieler mit Stirnband, dessen Namen ich vergessen hatte (Steve Foster). United gewann das Spiel mit 2:0. Abends wurde weiter hart gesoffen.
Am Sonntag hatten wir unser Spiel gegen Mount Villa FC. Es war ein ziemliches Schmuddelwetter. Mein zweitere Halbcousin, der mitfuhr und viele Fotos schoss, sang immer wieder „Das ganze Leben ist ein Quiz und wir sind nur die Kandidaten“. Es nervte irgendwann. Allerdings schoss er viele Fotos. Ich spielte nur die letzten 20 Minuten. Das war wirklich sehr wenig und deshalb etwas enttäuschend, obwohl ich der Spieler war, der den größten Druck machte, dass die Fahrt überhaupt stattfand. Aber immerhin hatte ich mal in England gegen eine englische Mannschaft gespielt, und dabeisein ist alles.
      Nach dem Spiel hatten wir in einem Vereinsheim eine kleine Party mit Live-Musik. Eine 2-Mann-Combo coverte unter anderen die  Beatles-Klassiker „Let it be“ und „Hey Jude“. Wir kamen auch mit den Engländern ins Gespräch und führten wirklich angenehme Gespräche. Ich trug zu der Zeit einen kurzen Kinnbart. Auch mein Kinnbart wurde Teil des Gesprächs.
      Wir führen später mit einer Handvoll Spielern und ein paar Engländern gemeinsam in einen australischen Pub irgendwo im Stadtzentrum, um einen zu Saufen. In dem Pub gab es Fosters Bier. Einer unserer Spieler bekam von einem Manchesteraner Spieler eine LP der Band INXS geschenkt. Er war deshalb unfassbar glücklich. Wir soffen und feierten bis zu den Last Orders. Ich nahm mir noch mehrere Tischläufer mit Brauereinamen mit, fragte vorher den Wirt, der sein Okay gab.
Am folgenden Ostermontag fuhren wir mit dem Bus zurück nach Deutschland. Wir machten einen Zwischenstopp in London, wo wir eine Stunde Aufenthalt hatten. Wir fuhren an einem Wachsoldaten vorbei, der eine rote Uniform trug und eine Art Römerhelm, bloß mit längeren Fransen wie ein Mode-Iro. Er saß auf einem Pferd. Von meinem Sitzplatz im Bus konnte ich ihm auf Augenhöhe direkt in die Augen blicken. Ich freute mich und zeigte mit dem Finger auf ihn. Da blickte er blitzartig nach unten, sodass ich einen Schreck bekam. Ich hatte Angst, dass der Wachsoldat sich durch den ausgestreckten Finger beleidigt fühlte und schämte mich. Der Bus parkte auf einem Busparkplatz im Stadtzentrum. Wir führen mit ein paar Leuten mit einem Cab in die Carnaby Street, liefen diese Einkaufsmeile ein paar Mal rauf und runter, kauften jedoch nichts. Dann ging es mit dem Bus direkt nach Harwich, wo wir erneut die Fähre bis Rotterdam nahmen. Wir waren ziemlich erschöpft. Es wurde vereinzelt wieder gesoffen, allerdings bei Weitem nicht so hart, wie auf der Hinfahrt. Die Tour war einfach nur wunderbar.
      Ein paar Monate später erstatteten die Briten uns ihrerseits einen Besuch. Wir durften allerdings nur auf dem Grandplatz spielen. Dabei hätte unser Englisch-Deutscher Sportaustausch doch sicher ein Spiel auf einem Rasenplatz verdient gehabt. Am Ende schossen wir ein gemeinsames Mannschaftsfoto. Auf der gemeinsamen Feier im Saal des Sportheimes machten wir ein kleines Wetttrinken. Die zwei Teams saßen sich an einer langen Tafel gegenüber, und jeder hatte ein Glas Bier vor sich stehen. Die Biere sollte der Reihe nach ausgetrunken werden. Erst wenn der Tischnachbar sein Bier ganz ausgetrunken und das leere Glas auf dem Tisch abgestellt hatte, durfte dessen Tischnachbar sein volles Bierglas greifen und es ihm gleichtun, bis jeder Einzelne der Reihe nach sein Bier weggeext hatte. Die Briten gewannen knapp. Sie fuhren nach der feier geschlossen mit dem Mannschaftsbus in die Stadt. Sie wollten noch ins Kieler Rotlichtviertel. Die Spieler hatten sich mindestens ebenso gefreut wie wir auf unserer Fahrt nach Manchester. Ich werde die glücklichen Gesichter und die leuchtenden Augen nie vergessen. Bloß dass wir ihnen in Kiel kein Bundesligaspiel bieten konnten. God save football.


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Kommentare zu diesem Text


 LotharAtzert (01.10.22, 13:11)
Mannschaftsfahrt nach Manchester
Herrlich, Mann! Good Winchester :D

 Dieter_Rotmund (01.10.22, 20:57)
"Rüstungtsbetrieb" ?

...außerdem fehlen viele Kommas ... 

 Koreapeitsche meinte dazu am 01.10.22 um 21:40:
Danke Dieter. Gut beobachtet. Schon korrigiert. :)
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