sommers
Erzählung
von minze
Es ist, wie du es beschrieben hast, das Haus, für das man kaum Miete bezahlen muss und diesen Zustand hat; es sei genau das Richtige. Wie es im Winter ist, weiß ich nicht, jetzt wohnt schon eine Ahnung dem Haus inne, dass es zugig wird. Ich sehe, dass die Wände abblättern in dem Zimmer, in dem ich schlafe, dort liegt die Matratze auf einigen Paletten, gegenüber ist eine Kommode mit Trockenblumen. Wahrscheinlich hast du sie für alle Gäste so angebracht, dass sie sich wohl fühlen und immer gerne her kommen. Tatsächlich sind noch nicht viele gekommen, aber langsam seid ihr bereit für Besuch. Ich sehe leichte Farben in den Blumen, leicht lila und gelb, der Strauß ist groß, fast wuchtig. Er strahlt in seinem festen Stand in der Vase trotz Trockenheit. Nichts verrät, wie lange oder kurz er schon da ist. So lebt das Zimmer, er ruft aus der Einfachheit hinaus. Ich finde das Arrangement so gut, dass ich glaube, die Nächte hier werden mir besonders gut tun.
Es ist ziemlich früh in meiner Schwangerschaft mit Joscha, aber mein Körper merkt die Schwangerschaft sehr, es ist seltsam, auf den Brüsten zu liegen und der Bauch ist ein Experiment, in dem alles umgebaut wird, vor allem in der Nacht, da geht es los, das ist die Stunde des Kindes – dann, wenn ich meine, ich würde abschalten, dann fühl ich, dass etwas in mir gemacht wird. Ich bin müde, irritiert, aber erfreut an allen Umbauten.
Du weißt es sehr gut, du sprichst zu mir als Hebamme und Mutter und weißt alles, jede Salbe, jedes Öl, jeder Topf, der in deinem Haus steht, gibt mir Sicherheit, für das, was kommt. Das Wickeln am Boden, das Fell, die Stoffwindeln, die Wärme, die es braucht und was es alles nicht braucht. Vielleicht sprechen wir hierrüber noch mehr und dieser Gedanke ist jetzt noch immer der bestimmende. Ich komme gerade, als die Schreiphasen deines Babys vorbei sind, aus denen bist du besonders zu den Bedürfnissen des Kindes hingewachsen und ich höre einfach zu, bei allem, was du sagst – ich denke nicht, es wird so kommen, wenn Joscha auf die Welt kommt. Aber ich finde alles lehrreich, alles echt.
Das Haus habt ihr bekommen, weil der Vermieter nichts dort macht und nichts machen wird und kann, es kostet kaum, ihr mäht alles rundherum, das Grundstück ist groß und wild, es steht nicht in einem verlassen Landstrich, es steht nicht so schlecht da, in Bayern. Du wäscht die Windeln in Emaille. Ich schaffe es spontan, dich zu bewundern, dass du immer das Kind getragen hast - nicht zu denken, dass es hoffentlich anders wird bei mir oder dass es vielleicht anders gehen müsste.
Du gibst mir zum Schlafen ein Stillkissen mit, es ist nicht dein einziges. Ich möchte sofort nicht mehr ohne eines schlafen, es ist, als umarme ich meinen Körper, meinen Körper und das Kind, als bette ich die wütende und irritierte Fabrik, die mal in diese und mal in jene Richtung baut, in einen Rahmen hinein. In dieses Kissen darfs gemacht werden. Ich behalte das sehr lange bei, auch, als ich den Bauch verloren habe, später, tröstet mich das.
Vielleicht kommt mir jeder andere Entwurf mit dir plausibel vor: wie man anders leben kann, du bist nicht auf der Welle mit engagierten Menschen, du argumentierst vor dir und dem, so denke ich es zu Anfang, mit dem du das Kind hast. So denke ich es mir mit, weil er zum Haus passt, er mäht und hat Ideen für den Garten. Er ist aber nicht viel mit uns und hat das Kind nicht tragen können, als es geschrien hat, das spaltet mich in einem Moment von meinem Staunen, diese Selbstverständlichkeit, dass der Vater das nicht konnte, ich trete vor mich und sehe mich als steife Mutter: steife oder angespannte Schultern, den Blick nicht als meinen, als wäre ich das nicht, ich als tragende Mutter.
Er kommt spät am Abend und schneidet einige Zwiebeln für die Quiche, als sie aber im Ofen ist und mein Gespräch mit ihm unterbrochen ist durch eine Erzählung deinerseits, schläft er im Sitzen ein, mittendrin, die Haltung nun seinerseits starr, der Kopf liegt nicht auf dem Tisch, nicht an der Lehne, der Moment ist eingeschlafen. Er arbeitet mehr als zwölf Stunden, es geht im kleinen Betrieb nicht anders, der Chef stellt auch niemanden sonst ein. Es geht hier vielen Brauern so. Vielleicht bringt eine andere Saison einen Ausgleich, das haben wir nicht geklärt.
Auch wir beide können nicht mehr so lange sprechen, nachdem wir gegessen haben, wir trinken noch einen Tee. Dann nehme ich Rücksicht auf unsere Nacht. Als wir schlafen gehen, blicke ich noch auf die Kommode und gebe den Gefühlen unter dem Stillkissen nach.
Du fragst mich nach wie vor, wenn du Kaffee kochst, ob ich warme Milch möchte, schäumst sie immer auf, es dauert. Du hast die Zeit, hattest sie auch, als du so viel gearbeitet hast wie er. Du nimmst dich aus dem Tag, wenn du den Kaffee zubereitest, dein Gesicht ist angestrengt, du berichtest, was alles zu tun ist momentan und wie du es tun willst – wie du musst, warum dein Leben was impliziert. Was dich umgibt, hat eine Eleganz und Nützlichkeit, einen bewussten Grund, bei dir zu sein, die Seife, der Schal, die seidene Hose. Das ist trotz deines harten Pensums so. Vielleicht setzt der Rhythmus aus Arbeit und sehr kurzem Innehalten dieses Bewusstsein ein.
Immer wärmst du die Milch und schüttest noch Zucker, Kakao oder so was drauf – ist es deine Muße oder der Gedanke, es müsste so sein, es gehört, wie die Tasse aus dem Schrank zu holen, dazu – gewissermaßen sitzt du nach der langen Zubereitung zufrieden, mit Genugtuung auf dem Stuhl. Es erhebt den Stuhl, den Tisch aus einer gewöhnlichen Küche, es ist kein praktischer Kaffee, wie ich ihn kenne. Ich trinke ihn so bei dir.