alter sommer im gestrüpp am bahndamm

Gedicht

von  Redux

das gelb und das azur

sinken und verschwinden in ein graues blau

um achtzehn uhr, in abendwolken, das

 

gestrüpp am wild wuchernden bahndamm,

verholzt, vernarbt, und dann steht verlassen

ein abgemeldeter wagen auf dem einsamen parkplatz

 

mit staubiger, insektenverkrusteter windschutzscheibe,

fledermäuse tragen abends den frühherbst aus der

ferne in flirrenden, zuckenden flügen über

 

schwarze weiher, es sind tage, die sich selbst fremd

sind, in der mittagsglut, die hinabgleitet zu stunden,

da der tau in spinnweben hinabfällt, die welt ein gestrüpp

 

 



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Kommentare zu diesem Text


 Oops (22.07.23, 10:02)
Eine morbid dystopisch schöne  Beschreibung lese ich hier.

Liebe Grüsse Oops

 Aron Manfeld meinte dazu am 22.07.23 um 19:16:
Klingt wie Minimum für AOK, Herbert.

 Redux antwortete darauf am 22.07.23 um 19:17:
Erkläre dich bitte, ich bin heute Abend doof....

 Aron Manfeld schrieb daraufhin am 22.07.23 um 19:46:
Du bist seit der ersten Ejakulation doof, wie ich.

 Redux äußerte darauf am 23.07.23 um 10:11:
@ Oops: Danke für Kommentar und Empfehlung. Dass die Beschreibung morbid erschien, sollte nicht sein

 AlmaMarieSchneider (22.07.23, 10:45)
Bei uns wuchs am Bahndamm immer der Ginster, die Wegwarte und Lupinen, manchmal auch Mohn und Margariten. Dein Gedicht holte wieder Kindererinnerungen hervor.

Ein wunderschönes lebendiges Gedicht.

Herzliche Grüße
Alma Marie

 Redux ergänzte dazu am 23.07.23 um 10:14:
Dankeschön Alma-Marie, mein Elternhaus befand sich in relativer Nähe zu einer Bahnlinie. Dazwischen war lediglich eine kleine Wiese, vielleicht deshalb auch für mich etwas, das Erinnerungen weckt.

 minimum (22.07.23, 10:48)
Schön, dass du diesen grandiosen Text wieder eingestellt hast. Wenn es bei der Empfehlungsfunktion eine Nuklearoption gäbe (5 Sterne im Quadrat, All Time Favourite o.ä.), würde ich sie jetzt klicken :)

 Redux meinte dazu am 23.07.23 um 10:18:
Mann Minimum, was soll ich da noch sagen?

 minze meinte dazu am 24.07.23 um 20:03:
Dito...ich freue mich auf sehr, diesen Text wiederzulesen. Hab ihn auch schon damals sehr gerne gehabt.
Agnete (66)
(22.07.23, 18:28)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Redux meinte dazu am 23.07.23 um 10:31:
Liebe Agnete, so kann man es auch betrachten..Liebe Grüße

 AchterZwerg (23.07.23, 06:13)
Wunderbar bebildert, Herbert. :)

Zurückgelassene Gegenstände wie
abgeliebte Kuscheltiere oder verlassene Autos
wirken auch auf mich stets besonders traurig!

Schöne Grüße
der8.

 Rosalinde meinte dazu am 23.07.23 um 08:12:
Redux, ich bin geneigt, dieses Gedicht als Metapher zu lesen
auf die Ungeordnetheit der gegenwärtigen Welt, das allgemeine Unverständnis der Geschehnisse, man sieht nur, was man mit Augen sehen kann, nicht aber das Dahinter. Wie du schreibst: "Die Welt ein Gestrüpp", unverständlich, unhistorisch, der Parkplatz mit der Autoruine, eine Welt im Sterben. Der Parkplatz allein schon Symbol für den abgewirtschafteten Stillstand. 

Das ist meine Interpretation. Sie muss nicht stimmen, 
und ich interpretiere in dein Gedicht etwas hinein, das du nicht beabsichtigt hast, kann sein. Aber nur so hat dein Gedicht für mich Sinn.

Rosalinde

 Janna (23.07.23, 08:27)
Eine Beschreibung, die so realistisch ist, dass sie stellenweise wehtut.
Denke, das Gedicht hat auch noch eine tiefere Ebene, in der man verschiedene Situationen interpretieren kann.
Ein eindrücklicher Text!

Liebe Grüße

Janna

 Redux meinte dazu am 23.07.23 um 10:50:
@ Achter Zwerg, Rosalinde, Janna:

Vielen Dank für eure Kommentare.
Ich wollte tatsächlich nur das Ende des Sommers beschreiben, die Zeit, wo es spürbar Richtung Herbst geht, aber der Herbst noch nicht da ist, aber der helle, frische, grüne Sommer auch nicht mehr da ist.
Und ich habe mich einiger Bilder bedient, die diesen " sanften Abgang" verstärken sollten. Die den aufkommenden Herbst, der ja mit Nebel und Einsamkeit verbunden ist, beschreiben sollten.
Mit einem Gestrüpp verbinde ich etwas, das mal frisch und grün war, aber jetzt halt nicht mehr. Ein Tag Anfang Juni ist erfüllt vom Geruch frischen Heus, ein Tag im August zeigt umgepflügte Stoppelfelder. Und selbst jetzt Ende Juli, gerade einmal vier Wochen nach dem längsten Tag des Jahres, sind die Abende anders, die Lichtverhälnisse ( gelb und azur werden zu grau und blau) , es ist an manchen Abenden schon herbstlich, sei es, das der Tau früher fällt oder die Kühle einfach früher spürbar wird.
Diese Tage, die sich selbst fremd sind. In etwa so zu verstehen, dass sie sich weder zum Sommer noch zum Herbst zugehörig fühlen. Wie vierzehnjährige, die mit den kleineren nicht mehr spielen können oder wollen, aber sich auch nicht den Größeren zugehörig fühlen.
So natürlich und gesetzmäßig das alles ist, so ist doch hier das Gefühl der Einsamkeit nicht weit. Und hier habe ich einfach das Bild eines abgemeldeten, abgestellten Autos auf einem leeren Parkplatz als Metapher gewählt.
Man könnte dieses " Altern" oder " Vergehen" natürlich mit dem menschlichen Leben vergleichen, vorrangig ging es mir hier jedoch um die gewisse Stimmung dieser Tage, die ich in Worten und Bildern versucht habe zu zeichnen.
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